Arnsberg/Sundern. Was dabei zu beachten ist, erklärt Carsten Peters von der Verbraucherzentrale in Arnsberg - und gibt wichtige Tipps zur Sicherheit.

Sonnenlicht in Strom verwandeln: Hört sich ganz einfach an - und ist es grundsätzlich auch: Mit einem „Steckersolar-Gerät“ kann jedermann (und „jedefrau“) loslegen. Doch wie funktioniert es - und besteht die Gefahr, den eigenen Balkon „abzufackeln“? Diese und weitere Fragen beantwortet Carsten Peters, Energieberater bei der Verbraucherzentrale (VZ) NRW am Standort Neheim.

Die gute Nachricht: „Wer will, der kann“ - Wartezeiten von bis zu einem Jahr sind inzwischen Geschichte: „Anders als während Corona oder zu Beginn des Ukraine-Konflikts sind solche Anlagen aktuell wieder recht schnell verfügbar“, weiß Peters; und ergänzt: „Die Nachfrage im Raum Arnsberg/Sundern ist sehr groß.“ Erst kürzlich waren über 60 Interessenten bei einer Info-Veranstaltung der VZ in Sundern anwesend. Ein Termin in Arnsberg Ende 2023 ließ den Saal mit über 100 Anwesenden förmlich bersten, zum Zusatz-Termin kamen weitere 80 Neugierige.

Wie funktioniert es - und was ist seit 1. April 2024 einfacher?

Wer einen Balkon, eine Terrasse oder ein Garagendach besitzt, kann dort eigenen Solarstrom gewinnen - mit einem Steckersolar-Gerät. Diese kleinen Photovoltaiksysteme werden auch Mini-Solaranlage, Plug & Play-Solaranlage oder Balkonkraftwerk genannt, weil sie sich z.B. an die Balkonbrüstung montieren lassen. Um eine „Anlage“ im technischen Sinn handelt es sich dabei nicht, eher um ein stromerzeugendes Haushaltsgerät. Im Gegensatz zu Photovoltaikanlagen sind die wesentlich kleineren Steckersolar-Geräte dafür gedacht, dass Privatpersonen sie selbst anbringen, anschließen und direkt nutzen. Anmeldung beim Netzbetreiber und im Marktstammdatenregister dürfen diese selbst vornehmen. Gut zu wissen: Die Bundesnetzagentur vereinfacht ab 1. April 2024 (kein Scherz) die Registrierung von Balkonkraftwerken im Marktstammdatenregister und modernisiert die Nutzerführung im Anmeldesystem. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, erklärt: „Balkonkraftwerke können nun schnell und unbürokratisch registriert werden. Künftig müssen Betreiber neben den Angaben zu ihrer Person nur noch fünf Angaben zu ihrem Balkonkraftwerk eintragen. Vorher waren es rund 20 Angaben.“

Sind Steckersolar-Geräte sicher?

„Die Geräte sind grundsätzlich sehr sicher“, so der heimische Fachmann. Fakt ist: Ende 2021 waren bereits ca. 190.000 solcher Systeme in Deutschland in Betrieb. Bisher ist kein einziger Fall von Sachschäden oder verletzten Personen bekannt geworden - weil die verwendete Technik ausgereift ist und oft die gleichen Komponenten in professionell installierten Photovoltaikanlagen eingesetzt werden. Es dürfen nur normgemäß hergestellte und geprüfte Bauteile verwendet werden.

Carsten Peters, Dipl.-Ing. Ver- und Entsorgungstechnik, ist Energieberater bei der Verbraucherzentrale NRW am Standort Arnsberg.
Carsten Peters, Dipl.-Ing. Ver- und Entsorgungstechnik, ist Energieberater bei der Verbraucherzentrale NRW am Standort Arnsberg. © Verbraucherzentrale NRW | Carsten Peters

Die Installationsnorm sieht zudem vor, dass eine Elektrofachkraft die Eignung des Stromkreises für die Einspeisung von Solarstrom prüft. Das sollten Verbraucher wahrnehmen, wenn - z.B. aufgrund des hohen Alters der Leitungen im Haus - Zweifel am Zustand der Elektroinstallation bestehen. Wichtig: An eine Steckdose bzw. an einen Stromkreis immer nur ein Steckersolar-Gerät anschließen. Gefährlich wäre die Kopplung mehrerer Geräte über eine Mehrfachsteckdose. Im Einfamilienhaus mit einem Stromzähler sind nur 600 Watt erlaubt, in einem Mehrfamilienhaus, in dem jede Wohnung einen eigenen Stromzähler hat, dürfen jeweils pro Wohnung die 600 Watt genutzt werden. Eine Produktnorm, nach der die Geräte geprüft und zertifiziert werden können, wird derzeit entwickelt - und Mitte des Jahres 2024 erwartet. „Bis diese Produktnorm veröffentlicht wird, können Sie sich beim Kauf zum Beispiel am Sicherheitsstandard orientieren, den die Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) veröffentlicht hat“, rät Carsten Peters.

Was müssen Mieter beachten?

Für Miet- und Eigentumswohnungen gilt: Wenn ein Solarmodul an der Balkonbrüstung oder der Hauswand angebracht werden soll, müssen Vermieter oder Eigentumsgemeinschaft in der Regel zustimmen. Seit im Jahr 2020 das Wohneigentumsgesetz (WEG) geändert wurde, ist jedoch keine Einstimmigkeit mehr nötig, sondern nur noch eine mehrheitliche Erlaubnis. Wichtig u.a. für Bewohner der Arnsberger Altstadt: In besonderen Fällen können Vorschriften des Denkmalschutzes dem Vorhaben entgegenstehen: Etwa dann, wenn denkmalgeschützte Objekte in unmittelbarer Nähe oder im denkmalgeschützten Ortskern stehen. Zudem können bauaufsichtliche Vorschriften zur Hürde werden - z.B. bei „Überkopfverglasung“.

Lohnt es sich für mich?

Mini-Solarsysteme produzieren genug Strom, um an sonnigen Tagen einen wesentlichen Teil der Grundlast eines Haushaltes zu decken. Ein Standardsolarmodul mit 400 Watt Leistung, verschattungsfrei an einem Südbalkon senkrecht montiert, liefert etwa 280 Kilowattstunden Strom pro Jahr. Der Strombezug reduziert sich damit um etwa 200 Kilowattstunden. Je nachdem, wie viel Solarstrom im Haushalt direkt verbraucht wird, kann der Eigenverbrauch höher oder niedriger sein. Die genannte Strommenge entspricht etwa dem jährlichen Verbrauch eines Kühlschranks und einer Spülmaschine in einem Haushalt mit zwei Personen. Wer es ganz genau wissen will, kann über diesen Link aktiv werden: Stecker-Solar-Simulator der HTW Berlin (htw-berlin.de)

Was kostet das Ganze?

Stichwort „das Ganze“: „Keinen Einzelkram kaufen“, sagt Carsten Peters, „sondern Gerät und komplettes Zubehör aus einem Guss.“ Die Kosten sind u.a. abhängig von der Modulzahl sowie dem Aufwand für die Anbringung. Aufgrund des gestiegenen Wettbewerbs am Markt und der gesunkenen Herstellungskosten gibt es Mini-Solaranlagen inzwischen ab einigen Hundert Euro. Für ein 800-Watt-Komplettset mit Kabeln, Wechselrichter, zwei Modulen und Halterung sollte man rund 450 bis 800 Euro einplanen. Einem Single-Haushalt mit niedrigem Verbrauch reicht oft eine 400-Watt-Anlage, die ab 200 Euro kostet. Dank zunehmender Leistung haben sich die Ausgaben nach fünf bis 10 Jahren amortisiert. Hinzu kommt, dass seit 2023 keine Mehrwertsteuer auf Mini-Solaranlagen anfällt. Somit sparen Privatpersonen nochmals 19 Prozent bei der Anschaffung. Eine Einspeisevergütung für den nicht genutzten Solarstrom, der ins öffentliche Netz fließt, gibt es bei Balkonkraftwerken nicht.

Was ist sonst noch wichtig?

Eine Hausratversicherung, die zahlreiche Mieter ohnehin haben, reicht zur Absicherung von Balkonkraftwerken aus. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat die Musterbedingungen für die Hausratversicherung erweitert. Wer künftig eine abschließt und bereits ein Balkonkraftwerk hat oder anschafft, darf auf unkomplizierte Mitversicherung vertrauen.
Im Laufe es Jahres 2024 soll mehr Solarstrom vom Balkon kommen. Die Bundesregierung erlaubt, dass die Einspeiseleistung des Wechselrichters an einem Balkonkraftwerk bis zu 800 Watt erreicht. Somit kann man mehr eigenen Solarstrom nutzen und muss weniger Haushaltsstrom verbrauchen. Viele Anlagen lassen sich problemlos von 600 auf 800 Watt hochrüsten.
Bundestag und Bundesrat haben einem kleinen Teil vom Solarpaket I, das der Gesetzgeber auf den Weg gebracht hat, schon zugestimmt. Wann alle Neuregelungen in Kraft treten, ist noch unklar.