Neheim. Michael Jäink feiert Firmenjubiläum - ein halbes Jahrhundert Selbstständigkeit als Masseur
Michael Jäink (74) ist von Geburt an fast blind. Er verfügt lediglich über 15 Prozent der üblichen Sehstärke eines gesunden Menschen. Seine Hände sind sein Kapital. Das wissen die Patienten seiner „Praxis für Massage und Krankengymnastik“ in Moosfelde sehr zu schätzen, und zwar mittlerweile seit 50 Jahren. „Fühlen - das ist meine Stärke“, verrät der gelernte Masseur und medizinische Bademeister.
1965 machte er in der Medizinischen Hochschule in Lübeck zunächst eine Lehre im Bereich in der Krankenpflege. Doch das schien nicht das Richtige für ihn zu sein. Drei Jahre später ging er nach Hamburg, um eine weitere Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister zu absolvieren. „Darin hatte ich meinen Traumberuf gefunden“, sagt Michael Jäink. Er wollte stets selbstständig sein, nicht etwa abhängig von den Eltern - und schon gar nicht wollte er von anderen Leuten wegen seiner Behinderung bemitleidet werden.
„Wenn man schlecht sehen kann, werden die übrigen Sinne senibilisiert“, meint er. In seinen Händen liegt nicht nur viel Kraft, sondern auch Feinfühligkeit und Geschick. Mit knapp 21 Jahren zog es ihn dann hinaus in die Welt. „Ich wollte erst auf einem Kreuzfahrtschiff als Masseur anheuern, aber da war kein Job zu kriegen. Also nahm ich eine Stellung in der Badeabteilung des Johannes-Hospitals in Neheim an.“
Nenne man es Fügung oder Schicksal: Eines Tages wurde Michael zu einer Patientin gerufen, die sich an der Hand verletzt hatte. „Sie heißt Ingrid und sollte später mein Frau werden“, sagt der zweifache Familienvater lachend. Mit Ingrid an seiner Seite hat er sich eine Existenz aufgebaut. „Am 1. März 1974 eröffnete ich meine eigene Massagepraxis in der Hauptstraße 9 in Neheim.“
Dort war er 30 Jahre und fünf Monate fast täglich anzutreffen. Gemeinsam mit seiner Frau, die medizinische Fußpflege anbot. Vor gut zwanzig Jahren hat das Ehepaar Jäink der Fußgängerzone Adieu gesagt. „Die Mieten und Auflagen in der Innenstadt wurden immer höher, so dass wir die Praxis in unser Privathaus am Erikaweg 2 verlegt haben.“ Dort massiert er noch immer. „Meine Frau kann leider nicht mehr arbeiten, da sie Gicht in den Fingern bekommen hat.“
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Seine Hände sind hingegen weiterhin voller Tatendrang. Er selbst muss noch nicht zur Physiotherapie. Die tägliche Arbeit hält ihn fit. Und ans Aufhören denkt der 74-Jährige noch lange nicht. „Ich muss immer etwas zu tun haben. Das hält mich jung“, sagt er und nimmt sogar Außentermine wahr, falls seine Patienten und Patientinnen nicht mehr mobil sind. „Autofahren kann ich wegen meiner Sehbehinderung natürlich nicht“, erklärt er und wird entweder von Bekannten kutschiert oder bestellt sich ein Taxi.
Privat ebenso wie in seinem Arbeitsleben hat Michael Jäink viel erlebt. Zwei Kinder und vier Enkelkinder sind sein ganzer Stolz. Regelmäßig, dreimal im Jahr, sei er zu Fortbildungen unterwegs gewesen und hat sich dabei auf die Akkupunktur-Massage spezialisiert. Einer seiner beiden Söhne wohnt übrigens noch im selben Haus am Erikaweg. Die Praxis will der Spross allerdings nicht übernehmen. „Lass´das mal den Papa machen“, hat Michael oft in seinem Leben gehört und das macht ihn auch heute noch ein Stück weit glücklich. Wenn man ihn fragt, wie viele Patienten er in seiner nun 50-jährigen Selbstständigkeit „durchgeknetet“ hat, kann er wahrscheinlich halb Neheim benennen.
Was kommt nun als nächstes? - Im Jahr 2025 will der 74-Jährige einen weiteren runden Geburtstag feiern. „Dann habe ich 60 Jahre Arbeitsleben hinter mir.“ Auch das ist eine Feier wert. Wie es danach beruflich weitergehen soll - darauf will sich Michael Jäink noch nicht festlegen.