Neheim. „Digitales Zirkeltraining“ zeigt Unternehmen Möglichkeiten und alternativlose Notwendigkeiten auf. Die Uhr tickt immer schneller.

Ein Nachmitta voller Symbolik: Was spaßiger Hintergrund eines lockeren Formats sein sollte, zeigt beim „Digitalen Zirkeltraining“ am Mittwoch im Neheimer Kaiserhaus auf, vor welchen Herausforderungen die heimische Wirtschaft steht. Die große auf die Leinwand projezierte Uhr läuft gefühlt immer schneller, bis Thomas Klauke (Telcas GmbH) als Mitorganisator des Digitalen Forums in der Trainingsjacke des SV Hüsten 09 das Training mit seiner Trillerpfeife anpfeift. Und beim Rundlauf durch die Stationen wird klar: Wer den Anpfiff verpasst und sich nicht fit für die digitale Zukunft macht, bekommt in Problem.

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„Wenn wir jetzt schlafen, ziehen andere Länder, deren Namen wir heute nicht mal kennen, an uns vorbei“, sagt der Arnsberger Unternehmer Krishnamoorthy Prasath, der sich mit seiner Firma um KI-basierte Prozesse in Unternehmen kümmert und eine riesige Nachfrage erlebt. Er rät allen, sich jetzt dringend mit Künstlicher Intelligenz zu beschäftigen. „Wir sind am Anfang, es gibt keinen besseren Zeitpunkt als sich jetzt darauf einzulassen“, sagt er, „die KI-Nutzung muss man von Beginn an üben.“ Sie sei kein Allheilmittel, aber gebe dem Menschen Spielräume, um Verantwortung zu übernehmen.

Wer vor vier Jahren bei der Erstauflage des „Digitalen Zirkeltrainings“ dabei war, wird diesmal nur den Rahmen wiedererkannt haben. Die an den 14 Stationen von heimischen Experten besprochenen Themen haben sich inhaltlich massiv verändert. Da geht es nicht mehr um IT-Lösungen und App-Einsätze, sondern um Prozessoptimierungen, Sichtbarkeit auf dem globalen Markt und Tracking von Kundenströmen. Die Uhr läuft, und jeder An- und Abpfiff bringt was Neues.

Digitales Zirkeltraining in Neheim: Martina Bleeck-Nickel und ihre Kollegin  Elma Sabotic vom Hüstener Unternehmen Desch Antriebstechnik besuchten die Veranstaltung im Kaiserhaus.
Digitales Zirkeltraining in Neheim: Martina Bleeck-Nickel und ihre Kollegin Elma Sabotic vom Hüstener Unternehmen Desch Antriebstechnik besuchten die Veranstaltung im Kaiserhaus. © WP | Martin Haselhorst

Einfach nur gute Produkte zu produzieren, reicht heute nicht, um zu bestehen. Steffi Schrade von Werbedesign Koko (Neheim/Hachen) erklärt die SEO-Optimierung von Unternehmens-Internetseiten. Erfahrung, Expertise, Glaubwürdigkeit und Seriösität - das alles honoriert Google als die meistgenutzte Suchmaschine. „Es gilt, immer erst organische Reichweite aufzubauen“, so die Expertin. Erst dann lohne es sich auch, mehr Sichtbarkeit bei Google zu erkaufen.

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Und ist der Kunde erst einmal erreicht, greifen die neuen Methoden des E-Commerce. Da spielen sehr schnell Techniken der Erweiterten Realität (AR) und Virtuellen Realität (VR) eine Rolle. Der Einkauf mit der VR-Brille sei keine Zukunftsvision mehr. Wer etwas verkauft, muss sich damit auseinandersetzen. „Es braucht in allen Unternehmen ein Innovationsmanagement“, sagt Noori Aslan (Spark+Sparkling), „agile Denkweisen sind nötig.“ Wer auf dem Markt bestehen will, muss beweglich bleiben. Damit Kunden erreicht, angesprochen und deren Erwartungen erfüllt werden, bedarf es vor allem aber Unmengen an Produktdaten. Diese arbeitet das Neheimer Unternehmen Nexoma für Hersteller auf. „Ohne Produktdaten kein Online Handel“, sagt Fabian Fischer. Nexoma habe sich auf den Produktdatenaustausch zwischen den Schnittstellen vom Produzenten zum Endverbraucher spezialisiert.

Wir haben wichtige Themen der Digitalisierung an die Zielgruppe gebacht.
Gernot Miller - Wirtschaftsförderung Wfa der Stadt Arnsberg

Apropos beweglich. Auch das wird beim „Digitalen Zirkeltraining“ bedacht - und an der Station der Physiotherapie-Praxis Trimed aus Neheim geht es herrlich undigital zu. Beim Versuch, mit den Fingern mit durchgestreckten Beinen zum Fußboden zu kommen, hilft keine KI der Welt. „Wer viel im Büro sitzt, wird schnell steif“, weiß Tobias Baader. Trimed aber besuche Unternehmen, nehme Arbeitsplatzanalysen vor, bietet Kurse und Übungen an. „Wenn wir einen Mitarbeiter einer Firma dann fragen, wie es ihm körperlich geht, ist das schon eine Art der Wertschätzung“, sagt Marion Michael (Trimed).

Zehnminütige Stationsbesuche

Problemlos erreichen die Fingerspitzen von Martina Bleck-Nickel den Fußboden. Sie gehört zum Marketingteam von Desch-Antriebstechnik und ist eine von rund 60 Teilnehmenden beim Zirkeltraining. „Ich finde die Themen alle hier sehr spannend“, sagt sie, „ich habe vorher ja nicht gewusst, was mich erwartet.“ Bewusst niederschwellig sind die zehnminütigen Stationsbesuche gehalten. Jeder soll einen Kurzeindruck davon erhalten, wohin die digitalen Reisen gehen können.

Zufrieden ist Gernot Miller von der Wirtschaftsförderung der Stadt als Mitorganisator. „Das war eine super Veranstaltung“, sagt er. „Hier sind viele Leute zusammengekommen, sind in den Austausch gekommen.“ Wichtige Themen der Digitalisierung seien an die Zielgruppe gebracht worden. Vor der „dritten Halbzeit“ des Digitalen Zirkeltrainings bei der „Kabinenparty“ ist auch Organisator Guido Sauerland rund um glücklich. „Wir haben einen abwechslungsreichen Austausch erlebt. Die Teilnehmer haben viel diskutiert“, sagt er, „das ist genau so, wie wir es uns vorgestellt haben.“

Digitale Goldgräberstimmung in Neheim? Nur eingeschränkt. Das Thema von Stefan Grote vom Neheimer Unternehmen Gonicus ist die „Digitale Abhängigkeit“ von den Daten-Clouds der großen weltweit operierenden Anbieter wie Microsoft. „Wir haben unsere Daten vielfach aus der Hand gegeben“, sagt er. Über Open-Source-Systeme sei es für Unternehmen und vor allem auch für Behörden wichtig, „Herr über seine schützenswerten Daten zu bleiben“.