Neheim. In Begeisterung über „Sizilianische Nacht“ mischt sich Sorge um Fortführung der Neheimer „Übernacht“. Darum steht das Kunstformat vor dem Aus.
Eigentlich hätte im „Kunst-Werk“ in Neheim die pure Freude herrschen können. Während aber die „Sizilianische Nacht“ mit der italienischen Liedermacherin Etta Scollo die kulturelle Schaffenskraft dieses besonderen Ortes unter Beweis stellte, machte die Nachricht vom fast sicheren Aus für das beliebte Kulturformat „Übernacht“ an dieser Stelle die Runde.
„Die Übernacht wird es nicht mehr geben“, erläutert Christoph Meinschäfer, einer der Macher im „Kunst-Werk“ am Rande der Veranstaltung am Freitagabend, während er Besucher durch seine Ausstellung „Volti - Gesichter Siziliens“ führt. Hintergrund sind Vorgaben des Ordnungsamtes der Stadt Arnsberg, die aufgrund von Brandschutzvorgaben und Fluchtwegeregelungen nicht mehr genehmigen könne, dass das „Kunst-Werk“ bei der „Übernacht“ auf allen Etagen durchgehend mit unbegrenzter Publikumszahl besucht werden kann. „200 Personen im gesamten Gebäude“, erläutert Christoph Meinschäfer.
Das aber ist deutlich zu wenig, um das Neheimer Kulturformat in bisheriger Form finanziell stemmen zu können - zumal auch jetzt schon damit kein Gewinn zu machen ist. In guten Jahren kamen rund 800 Gäste zur „Übernacht“, besuchten die verschiedenen Kunst- und Kulturangebote in den diversen Ateliers und Kunststätten des Hauses und feierten später zusammen bis tief in die Nacht. Meinschäfer versteht, dass das Ordnungsamt bei Genehmigungen an Vorgaben gebunden sei. Zugleich aber würde er sich mehr lösungsorientierte Ansätze wünschen.
Auch am Freitagabend beim Konzert von Etta Scollo hätten die Veranstalter - das „Kunst-Werk“, der Förderverein Caltagirone-Arnsberg und das Kulturbüro der Stadt Arnsberg - mehr Tickets verkaufen können. Bei 200 Besuchern aber war Schluss. Dass trotzdem mehr Gäste die „Sizilianische Nacht“ besuchen konnten, lag daran, dass draußen vor dem „Kunst-Werk“ das „La Dolce Vita“ als lukullisches Eck auch Gäste begrüßte, die keine Konzertkarten gekauft hatten.
Das Wetter draußen spielte mit. „Da haben wir wirklich Glück gehabt“, sagt Marco Calcagno vom Förderverein Caltagirone-Arnsberg erleichtert. Und auch drinnen wurden alle Erwartungen erfüllt. Kirsten Minkel vom Kulturbüro der Stadt Arnsberg freute sich, dass die „Sizilianische Nacht“ als Teil des Arnsberger Kultursommers in Neheim so gut angenommen wurde. „Das zeigt, der Kultursommer ist überall“, sagt sie, „uns dieser Act mit Etta Scollo passt prima dazu“. Vor allem aber sei spürbar, dass die Menschen wieder Lust auf Kultur hätten. „Die Handbremse der Pandemie ist gelöst“, so Kirsten Minkel.
Ziel der „Sizilianischen Nacht“ sollte, so Fördervereinsvorsitzende Margit Kleinschmidt-Schröder, auch ein „Brückenschlag zwischen Sizilien und Deutschland“ sein. Dass dieser mit Musik hervorragend gelingen kann, bewies Etta Scollo.
Die charismatische Etta Scollo vermittelte in ihrem Programm mit in Lieder umgesetzten Gedichten sizilianischer Poeten und musikalisch erzählten Geschichten ein Stück sizilianischer Historie und Gefühlswelt. Die Sängerin mit Gitarre, leidenschaftlich spielend mit ihrer Stimme und fesselnd erzählend, wurde begleitet von einer Band mit Akkordeon, Cello, Percussion, Mandoline und sogar Mundtrommel. Ihre musikalische Erzählweise erinnert stark an den portugiesischen Fado - mit einem Hang zur Mystik und dem sentimental-dramatischen im Wechsel mit Lebensfreude. Anspruchsvolle musikalische Lyrik - mit all ihren Herausforderungen auch für den Zuhörer.
So aber ist Kultur im „Kunst-Werk“ - und gefeiert wird am Ende immer. Zumindest jetzt noch, wohl aber nicht mehr bei der „Übernacht“.