Oeventrop. Erste Reaktionen der Kommunalpolitik: Arnsberger Politik begrüßt Entscheidung, kritisiert aber Stimmungsmache. Grüne aufgewühlt.

Das Kloster Oeventrop ist nach einer hitzigen Bürgerversammlung in der Ruhrtalhalle keine Option mehr für einen Standort als Zentrale Unterbringungseinrichtung für Geflüchtete. Immobilenbesitzer Christoph Kraas sagte nach sich aufheizender Diskussion der Bezirksregierung öffentlich ab und wurde dafür bejubelt, nachdem er zuvor noch ausgebuht worden war. Unsere Zeitung sammelte Reaktionen aus dem politischen Lager der Stadt Arnsberg zur Versammlung.

So lief die Bürgerinformation zur ZUE>>>

Für den Oeventroper Bezirksausschussvorsitzenden Gerd Stodollick (SPD) kam das alles nicht überraschend: „Der Ausgang der Versammlung, dass Christoph Kraas sein Angebot für die Einrichtung der ZUE am ehemaligen Kloster zurückgezogen hat, war von mir aufgrund des massiven Widerstands in der Bevölkerung erwartet worden“. Auch er hielt eine Einrichtung in dieser Größenordnung mitten in Wohngebieten für problematisch. „Gleichzeitig muss jedoch für die schutzsuchenden Menschen, die hauptsächlich immer noch aus Syrien und Afghanistan kommen, eine menschenwürdige Unterbringung gefunden werden“, so Stodollick. Die Bezirksregierung Arnsberg und das Land sollten überprüfen, ob es nicht besser ist, kleinere dezentrale Einrichtungen zu schaffen, obwohl dies einen Mehraufwand erfordert. „Bei kleineren dezentralen Einrichtungen könnte ein erster Schritt zur Integration auch mit Unterstützung Ehrenamtlicher besser gelingen“, so Stodollick.

Versammlung hinterlässt viele Fragezeichen>>>

Ähnlich argumentiert Frank Neuhaus (SPD-Fraktion). „Auch ich finde eine ZUE in der geplanten Größenordnung wäre für den geplanten Standort in Oeventrop nicht geeignet gewesen. Deswegen teile ich die Sorgen und Nöte der Einwohner und begrüße das gestrige Ergebnis der Versammlung“, sagt er, „nicht verstehen kann ich die teilweise rassistische und unsägliche Stimmungsmache gegen Zuwanderer, die leider auch gestern zu hören war. Das war kaum auszuhalten. So lösen wir das Problem, der immensen Flüchtlingsbewegungen in der Welt in keinem Falle“. Den Aufruf von Christoph Kraas an die Besucher der Halle, ihn im Gegenzug auch bei seinen ursprünglichen Plänen für das Areal zu stärken, versteht Neuhaus nicht. Die Planungen für das neue Baugebiet des Eigentümers seien von Beginn an vom Bürgermeister, der Verwaltung und der Politik unterstützt worden. Man müsse wissen, dass dafür in der ganzen Stadt, also in allen Ortsteilen, Baufläche zurückgenommen werden muss, damit die Bezirksregierung der Ausweisung eines neuen Gebietes auf dem Gelände am Kloster in Oeventrop zustimmt.

Grüne kritisieren Jubel bei Nennung von Vorurteilen

Das war der Ablauf des Abends>>>

Verena Verspohl, Sabine Vogel und Annika Recksiek (alle Bündnis 90/Grüne) sahen sich nach der Informationsveranstaltung „aufgewühlt zurückgelassen“. Die Halle habe bei offener Nennung von Vorurteilen wie sexuellen Übergriffe durch Geflüchtete, Gewalt und Kriminalität gejubelt. Auch zu Aussagen zur Begrenzung von Migration habe es von vielen, aber zum Glück nicht allen Beifall gegeben. „Alles in allem zeigt die Versammlung keine Integrationsidee oder Empathie“, so die drei Grünen-Politikerinnen. „Als Eigentümer der entsprechenden Gebäude hätte man Angst um seine Sicherheit und Existenz bekommen können. Der Druck war offensichtlich auch persönlich groß“, vermuten die Grünen. Bündnis 90/Grüne verurteilen eine „Entscheidung nach dem Sankt-Florian-Prinzip“. Unterdrückung von Frauen und Krieg aber blieben in der Welt. „Das ist nicht das Oeventrop gewesen, von dem man sonst so viel Gemeinsinn hört, auch im Zusammenhang mit der Flüchtlingshilfe“, heißt es in einer Mitteilung. Schockiert war die drei Frauen auf dem Rückweg am Bahnhof Oeventrop. „Da gucken wir an der Anzeige auf einen prangenden Aufkleber ‘Heimat schützen - Familie Volk Identität’“, so Verena Verspohl, „das war, ganz losgelöst von der verständlichen Entscheidung des Eigentümers abzusagen, kein guter Abend für Arnsberg“.

Für die FDP war auch Christina Braganz vor Ort. Sie spricht von „nachvollziehbarer Ablehnung“ für eine ZUE in Oeventrop in dieser Größenordnung und verweist ebenfalls auf das Engagement der Oeventroper für Flüchtlinge im Jahr 2015. „Wir, als FDP Arnsberg und ich, Christina Baganz, als FDP Mitglied im Bezirksausschuss Oeventrop begrüßen die Entscheidung von Christoph Kraas, das Gebäude nicht für eine ZUE der Bezirksregierung zur Verfügung zu stellen“, sagt sie, „alle politischen Akteure in Oeventrop müssen jetzt gemeinsam mit Herrn Kraas schauen, wie eine zukünftige Nutzung des Areals in Form von Wohnbebauung realisiert werden kann und wie die Unterstützung, um die er am gestrigen Abend gebeten hat, aussehen kann und muss“. Ihr Fraktionskollege Daniel Wagner schließt sich ihr an, will aber anfügen: „Das Ergebnis der Veranstaltung hat am Ende nichts mit Demokratie und Konsensfindung zu tun. Es entsteht der Eindruck, dass man nur laut genug drohen muss, um seinen Willen durchzusetzen“.

CDU: Stadt muss nach Lösungen für Asylfragen suchen

Der Oeventroper Ratsherr Christoph Schmidt (CDU) hatte sich schon nach der Versammlung erleichtert darüber gezeigt, dass das Kloster-Areal nun nicht mehr für eine ZUE bereit stünde. Vor Ort war auch CDU-Stadtverbandsvorsitzender Marcel Kaiser. „Die Erleichterung war gestern in Oeventrop spürbar groß. Von Seiten des Eigentümers war es eine nachvollziehbare Entscheidung“, sagt er. Die Herausforderung für das Land, weiterhin ausreichend und adäquate Unterbringungsplätze für Schutzsuchende zu finden, aber bleibe und werde sogar noch zunehmen. „Darauf müssen wir uns als Stadt vorbereiten und nach Lösungen suchen, die eine Akzeptanz in der Bevölkerung finden. Dezentrale kleinere Unterbringungen wären für mich dabei der richtige Weg. Humanität und Menschlichkeit werden dabei für uns in Arnsberg weiterhin im Vordergrund stehen“, so Kaiser.

AfD gratuliert den Oeventropern

„Herzlichen Glückwunsch an die Bürger Oeventrops und Hut ab für diesen tollen Zusammenhalt“, teilt Otto Strauß, Fraktionsvorsitzender der Arnsberger AfD mit. Der Respekt gelte der Entscheidung vom Eigentümer, „dem der Frieden in seinem Dorf wichtiger ist, als der vermeintliche Gewinn“. Er wirft der Bezirksregierung vor, dass sie versucht habe. den Bürger in Oeventrop hinters Licht zu führen. „Gut so! Möge das Beispiel in Oeventrop in Arnsberg Schule machen“.