Hüsten. Snorre Surlandson und Halldis Norelldottir haben es getan: Die Wikinger aus Hüsten haben sich in Zeremonie unter Opfergabe das Ja-Wort gegeben.

Mystische Klänge aus dem Blashorn und sachte Trommelschläge begleiten die sechs Fackelträger. Langsam gehen sie übers Grün. „Herzlich willkommen, liebe Gäste, Brüder, Schwestern“, sagt Alrik Thoralfsson (alias Alex Menschel), „und jene, die wegen der Currywurst da sind. Wir haben uns heute hier zusammengefunden, um Nadine und Boris die Eheleite zu geben. Wer das nicht kennt, darf gespannt sein.“ Alrik Thoralfsson ist der Jarl, der das Paar durch die freie Zeremonie führt. Der Sippenanführer.

Die Wikinger-Hochzeitskulisse im heimischen Garten ist gelungen: Schwarze Tischdecken, Tischgestecke aus Naturmaterialien, Felle. Rustikal und minimalistisch.
Die Wikinger-Hochzeitskulisse im heimischen Garten ist gelungen: Schwarze Tischdecken, Tischgestecke aus Naturmaterialien, Felle. Rustikal und minimalistisch. © Thora Meißner

Sekunden später erscheinen Nadine (Halldis Norelldottir) und Boris (Snorre Surlandson) Hand in Hand - als Wikingerpaar, mit Wikingernamen. Ein künstliches Fell liegt um den Hals der leicht kriegerisch geschminkten zukünftigen Wikinger-Frau. Aus dem grauen, teils geflochtenem Haar zieht sich ein schmückendes Lederband über die Stirn. Nadine trägt ein weißes, leicht beige angehauchtes Kleid und einen breiten schwarzen Gürtel.

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Eine Wikingerhöhle in Hüsten

Auch Boris glänzt in traditionellem Gewand. In Tunika, Rushose und schwarzem langem Gürtel. An ihm sogar ein Halfter mit Messer. Passend zur Dekoration der heimischen Lokation. Minimalistisch, naturbelassen und mittelalterlich - mit Fellen, Hölzern und natürlich einer Feuerschale, die später aber noch einen ganz anderen Sinn erfüllen soll. Mit großem „Jubel-Ruf“ schreiten der 49- und die 41-Jährige unter den mit Efeu, Hölzern und Pampasgras verzierten Traubogen.

Nadine und Boris mimen die Opfergabe der Wikinger mit einem Pulver, das das Feuer farbig erscheinen lässt.
Nadine und Boris mimen die Opfergabe der Wikinger mit einem Pulver, das das Feuer farbig erscheinen lässt. © Thora Meißner

„Im Alltag leben wir das nicht so extrem aus“, sagt Nadine Grütling einen Tag zuvor, „aber wir sind viel auf Mittelaltermärkten unterwegs und unser gesamtes Wohnzimmer sieht aus wie eine Wikingerhöhle.“ Sie lacht. Es sei ihr Hobby, kein Lebenswandel. Zu den Märkten gingen sie dann aber auch gewandet.

„Wir haben damals nur im Familienkreis geheiratet - daher wollten wir mit unseren Freunden noch mal richtig feiern“, sagt Nadine, „die Idee der Wikinger-Zeremonie kam eher spontan, und Alrik sagte als Redner ebenso spontan zu.“ Boris und Nadine wollten aber niemandem das Mittelalterliche aufzwingen. Daher hatte sich das Paar auch nicht darauf versteift, dass alle Gäste in traditionellen Wikinger-Gewändern auflaufen, sondern freigestellt, ob man im Wikinger-Stil kommt oder einfach schwarz-beige Kleidung trägt.

Rockertype mit Pfefferminztee

Seit fast fünf Jahren sind Boris und Nadine zusammen, heirateten standesamtlich an ihrem vierten Jahrestag im vergangenen November. „Wir haben uns im Internet kennengelernt“, sagt Nadine, „und dann ging eigentlich alles ganz schnell.“

Damals habe sie der erste Satz, den Boris ihr schrieb, überzeugt: Ich bin ein dufter Typ mit Tattoos und Bart. Und ich habe einen Kaffeevollautomaten. „Da war mir klar, dass ich ihn kennenlernen muss“, sagt Nadine und lacht. Das erste Treffen habe in einer Münsteraner Bar stattgefunden. „Ich kam natürlich zu spät. Alle saßen da im Casual Business Look. Schon durch das Fenster sah ich Boris. Er fiel auf. Glatze, langer Bart. Er saß mit breit ausgestreckten Armen auf der langen Ledersitzreihe“, schwelgt Nadine in Erinnerungen, „Geil, dachte ich. Das ist bestimmt so ‘ne Rockertype mit ‘nem Bier vor sich. Doch als ich reinkam, stand da ein Pfefferminztee.“

Der erste Schluck gilt den Göttern, der zweite dem Jarl. Nachdem Snorre und Halldis getrunken haben, darf die Sippe.
Der erste Schluck gilt den Göttern, der zweite dem Jarl. Nachdem Snorre und Halldis getrunken haben, darf die Sippe. © Thora Meißner

Es seien die lieben Augen gewesen, sein Ausdruck, der sie sofort betört habe. „Wie ein kleiner Welpe.“ Sie teilen den gleichen Humor, können miteinander lachen - aber auch übereinander oder über sich selbst. Alles auf eine lockere, aber sehr ehrliche Art. „Ehrlichkeit ist das Wichtigste“, sagt Nadine.

Für beide ist es jeweils die zweite Ehe - insgesamt haben sie drei Kinder. Nadine bringt einen Sohn mit, der jedoch beim leiblichen Vater in Oldenburg lebt. Boris hat zwei Söhne. Alle fast erwachsen - nicht alle teilen das Hobby des Paares. „Müssen sie aber auch nicht“, sagt Nadine, „die sollen das machen, was ihnen Spaß macht.“

Mjölnir, Thors Hammer - soll das Hüstener Paar beschützen

Boris und Nadine stehen inzwischen an der Feuerschale. „Was wichtig bei der Eheleite ist, dass ihr zuerst ein Opfer für die Götter bringt“, sagt Alrik, der Jarl. „Damit die Götter euch gegenüber wohlgesonnen sind - nicht nur die Götter, sondern auch die Ahnen.“

Tiefgründige Namen

In der Wikingerwelt tragen Boris, Nadine und Alex auch entsprechende nordische Namen:

Snorre Surlandson (alias Boris) - heißt in etwa „Sohn des Sauerlands“

Halldis Norelldottir (alias Nadine) - in etwa „Tochter des Nordens“.

Alrik Thoralfsson, der Jarl (alias Alex) - Abkürzung von „Adalrich“ und bedeutet soviel wie „edler Herrscher“. Nachname etwa „Sohn des Donnergottes“.

Alrik selbst opfert den beiden Mjölnir, Thors Hammer. Den Beschützer der Menschheit. Während die mystische Musik weiterläuft, folgt der Trunk aus dem Trinkhorn, beginnend beim Paar selbst. „Der erste Schluck gilt den Göttern“, sagt Alrik, „der zweite Schluck: mir!“ Der dritte und vierte auch, denn die Zeremonie soll auch frech-witzig sein. „Wir wollen Spaß haben“, sagt Nadine, „ganz locker.“

Alrik Thoralfsson (alias Alex Menschel) opfert Mjölnir, Thors Hammer. Den Beschützer der Menschheit.
Alrik Thoralfsson (alias Alex Menschel) opfert Mjölnir, Thors Hammer. Den Beschützer der Menschheit. © Thora Meißner

Und genau das haben sie - während die Zeremonie ins Handfasting übergeht und die Wikinger-Gemeinde sich nach Beendigung der Zeremonie ihrer Trinkfreude hingibt.

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