Wildewiese. Work Life Balance: Wie die 4-Tage-Woche in den Berufsalltag passt. Dargestellt an Steinbergs Wildewiese, Hotel und Gastronomiebetrieb in Sundern.
Vier Tage lang arbeiten, drei Tage abschalten: Das ist für Franziska Berghaus genau die richtige Mischung für eine ausgewogene Work-Life-Balance. Die Zwanzigjährige kommt aus Meinerzhagen und hat letztes Jahr ihre Ausbildung zur Köchin im Hotel Steinberg in Sundern absolviert. Jetzt ist sie dort fest angestellt und fühlt sich trotz ihres langen Anfahrtsweges pudelwohl. „Meine Freizeit kann ich super ausnutzen, da ich nur viermal die Woche die weite Strecke fahren muss.“ Dafür nimmt sie gerne in Kauf, dass ihre Schichten in der Küche entsprechend länger sind. „Ich spare trotzdem Zeit, da ich nicht mehr so lange im Auto sitze“, erklärt sie.
Familiengeführtes Unternehmen
Mit der Einführung der Vier-Tage-Woche, die im Übrigen nicht zwingend für alle Mitarbeitenden sein soll, möchte das familiengeführte Hotel individuell auf das Wohlbefinden eingehen und so ein attraktiver Arbeitgeber auch für neue Fachkräfte sein. „Die drei freien Tage in der Woche könnten gut dafür genutzt werden, um Stress abzubauen und sich mehr auf Familie und das Privatleben zu konzentrieren“, erklärt Hotelchefin Marion Steinberg. „Wir haben diese Möglichkeit zudem wegen der gestiegenen Benzinkosten im letzten Jahr realisiert.“ Viele hätten einen weiten Arbeitsweg. Das malerisch gelegene Hotel wirbt nicht umsonst mit Ruhe und Entspannung. Wildewiese ist ein exklusiver Ferien- und Freizeitort.
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Bei der Koordination der rund 75 Hotelangestellten und Minijobber hilft ein kleines Management-Tool namens Gastromatic. „Mit dieser App, die jeder Mitarbeitende auf seinem Handy installiert hat, können wir Dienstpläne erstellen, Urlaubspläne verwalten und die Zeiterfassung erledigen“, sagt Marion Steinberg. Und das alles auf einem Blick und Klick: „Die Kolleginnen und Kollegen können beispielsweise Frühdienste wählen, wenn sie abends etwas vorhaben und mir sogar Notizen hinterlassen“, verrät die Hotelchefin. Kommunikation und Organisation im Team seien dadurch noch einfacher und effizienter geworden.
Die erfahrene Gastronomin meint: „In der Hotellerie hat jeder Arbeitsbereich andere Schwerpunkte. Die Küche erfordert beispielsweise zu Stoßzeiten ein starkes Team. Wenn im Sommer der Biergarten voll ist, müssen viele Kräfte da sein.“ Dies zu koordinieren sei für sie kein Problem, da alle an einem Strang ziehen und mit Hilfe der App sehen, wann die Kolleginnen und Kollegen frei haben und wer dann vor Ort sein muss. „Natürlich ist das eine logistische Herausforderung, doch bei uns läuft die Vier-Tage-Woche rund.“
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Etwas kritischer sieht das Isabell Mura, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) für die Region Südwestfalen. „Mit Blick auf den vollen Lohnausgleich ist die Vier-Tage-Woche vom Grundgedanken her ein positiver Ansatz“, sagt sie. „Allerdings befürchte ich, dass es in manchen Fällen zulasten der Beschäftigten gehen könnte.“ Für problematisch hält sie zudem, dass der Anteil an Teilzeitbeschäftigten und Mini-Jobber im Hotel- und Gastgewerbe im Vergleich zu anderen Branchen sehr hoch sei. „Doch wie sieht es mit Überstunden aus? Vom Gesetzgeber her seien bis zu zehn Stunden Arbeitszeit zulässig, jedoch nur in Ausnahmefällen.“
Längere Arbeitszeiten
Darüber hat sich Marion Steinberg auch Gedanken gemacht. „Wir mussten das natürlich testen. Wenn jemand zum Beispiel im Büro oder an der Rezeption sitzt, sollte er zwischendurch herauskommen, an die frische Luft gehen und sich bewegen.“ All das hat sie mit ihren Mitarbeitenden besprochen und sich individuell mit jedem geeinigt.