Bergheim. Anni Künkenrenken ist das Herz der Arnsberger Tafel - seit 20 Jahren. Heute feiert sie ihren 80. Geburtstag und schwelgt in Erinnerungen.

„Ich werde nie vergessen, wie mein Vater immer geschimpft hat, wenn ich die Musik zu laut aufgedreht hatte“, sagt Anni Künkenrenken, „dieses Lied habe ich rauf und runter gehört.“ Sie spricht von ihrer ersten Vinyl-Single „Crazy boy“ von Ted Herold (1960 veröffentlicht). Anni war zu diesem Zeitpunkt gerade einmal 17 Jahre jung.

<<<20 Jahre Tradition: Beste Bilder der Arnsberger Woche 2003>>>

Die Platte hat sie fein säuberlich in einer Klarsichthülle abgeheftet. „Es ist toll, immer mal wieder in den Erinnerungen herumzustöbern“, sagt sie, „daher habe ich ein paar Dinge aufgehoben.“ Wie auch das Baby-Foto, das sie im nächsten Moment aus ihrem Album zieht. Das einzige Foto, das sie aus dieser Zeit hat. „Früher gab es keine Handys, da musstest du noch jemanden fragen, ob er ein Foto von dir macht.

Anni Künkenrenken zeigt stolz ihre erste Vinyl-Single „Crazy Boy“. „Was sollen denn die Leute denken“, habe ihr Vater immer gesagt, wenn sie die Musik laut aufdrehte.
Anni Künkenrenken zeigt stolz ihre erste Vinyl-Single „Crazy Boy“. „Was sollen denn die Leute denken“, habe ihr Vater immer gesagt, wenn sie die Musik laut aufdrehte. © Thora Meißner

Uraltes Telefon - mit Drehscheibe

Auf ihrem Regal ein weiteres Vehikel: ein uraltes Telefon. Mit Drehscheibe. „So haben wir früher telefoniert – da war es später schon etwas Besonderes, dass man mit seinem Telefon durch die Wohnung laufen konnte.“ Heute ist sie fasziniert und erschrocken zugleich – darüber, wie sich die Technik entwickelte und „die jungen Leute“ heute mit ihrem Smartphone arbeiten.

Am Donnerstag feiert die mitten im Krieg (1943) geborene Anni ihren 80. Geburtstag. Ein Viertel ihres Lebens verbrachte sie für die Arnsberger Tafel – und das mit jeder Faser ihres Daseins. „Ich habe 45 Jahre lang mit Menschen gearbeitet“, erzählt die ehemalige Personalerin. „Davon knapp 35 Jahre bei Bremke & Hoerster GmbH.“ Bis 2003 – denn mit dem letzten Geschäftsjahr des Unternehmens beginnt auch ihre Rente. „Ich wollte auch weiterhin mit Menschen zusammenarbeiten“, sagt sie, „und da kam mir die Gründung des Arnsberger Tafel gerade gelegen.“

Von Beginn an war Anni Künkenrenken bereit, ihre Erfahrungswerte in den Bereichen Organisation, Einkaufsverhalten, Kundenverwaltung und Steuerung zu teilen und für die Arnsberger Tafel einzubringen.

Arnsberger Tafel hat 3.000 Kunden

Heute sind drei Ausgabestellen der Arnsberger Tafel miteinander vernetzt und die knapp 3.000 Kunden einzeln erfasst. Ein Erfolg, der in einem hohem Maße auch Anni Künkenrenken zuzuschreiben ist. Am Anfang sei ihr alles leichter gefallen, gibt sie zu, aber dennoch mache es ihr Spaß und gebe ihr etwas.

„Es ist ein Geben und Nehmen.“ Was sie nimmt? Eine Lebensaufgabe! Einen sinnvollen Lebensinhalt für Menschen in Not. Denn als vor rund zwei Jahren ihr geliebter Ehemann Uwe plötzlich verstirbt, zieht es ihr für einen Moment lang den Boden unter den Füßen weg. 48 Jahre seien die beiden verheiratet gewesen – in diesem Jahr hätte sie also neben ihrem 80. Geburtstag auch noch die Goldene Hochzeit gefeiert. „Aber ich trage Uwe immer in meinem Herzen“, sagt sie selbstbewusst, „ich war schon immer ein Stehaufmännchen.“ Ihr Geheimnis? Positives Denken.

„Das hat mir immer geholfen – natürlich gibt es Momente der Traurigkeit, aber ich rappel mich dann auch schnell wieder auf.“ Eine Einstellung, die der nunmehr 80-Jährigen auch in ihrer Arbeit mit jüngeren Menschen hilft. Denn Anni Künkenrenken ist nicht nur 2. Vorsitzende der Arnsberger Tafel, sondern auch Lese-Patin in der St.-Michael-Schule. Und das ebenfalls seit gut 20 Jahren. „Ja, was soll ich sagen – ich bin eine Allrounderin“, sagt sie und lacht.

Tolle Geburtstagsüberraschungen im Voraus

Gemeinsam mit ihrem Ehemann Uwe erlebt sie aber auch – bis zu seinem Tod – viele zweisame tolle Momente, denn auch Entspannung muss mal sein. „Wir sind viel gereist“, sagt Anni Künkenrenken, „Amerika, Armenien, ehemalige Sowjetunion und, und, und.“ Bevor sie ein Land bereist, lernt sie einen Grundstock an sprachlichen Verständigungsmöglichkeiten.

„Ich fand das immer wichtig, und man merkte es auch den Menschen an: Sie freuten sich darüber, dass sich auch jemand nicht nur für die Touristenorte interessiert, sondern auch für Land und Leute“, erklärt sie, „und dazu gehört auch, dass man sich grundsätzlich verständigen kann.“ Sie spricht beispielsweise Russisch – was ihr in der aktuellen Situation auch bei der Arnsberger Tafel zugutekommt.

Die Arnsberger Tafel ist es auch, die diese Zeitung auf ihren Geburtstag hinweist und ihr auf diesem Wege alles Gute wünschen möchte. Eine gelungene Überraschung. Ein echtes Geburtstagshighlight ist jedoch auch, dass Anni Künkenrenken vor wenigen Tagen einen Anruf einer ehemaligen Schulkameradin entgegennimmt.

<<<Was hinter dem Sensationsfund in Arnsberg-Kirchlinde steckt>>>

„Wir haben uns 72 Jahre nicht gesehen“, sagt sie und zeigt ein Klassenfoto der 2. Klasse (1951). „Über die Freundin des Sohnes meiner Nichte hat sie mich gefunden“, sagt Anni Künkenrenken, „denn diese ist zufällig die Enkelin meiner ehemaligen Schulfreundin.“

Die beiden wollen den Kontakt jetzt nicht mehr abreißen lassen.