Arnsberg/Erfurt. Violinistin Stephanie Appelhans aus Arnsberg ist nun Konzertmeisterin in Erfurt. Mehr über das Ausnahmetalent im Interview hier an dieser Stelle.
Stephanie Appelhans (32) spielt immer die erste Geige und das im wahrsten Sinne des Wortes: seit fast vier Jahren beim Philharmonischen Orchester Erfurt. Die junge Arnsbergerin trägt als Konzertmeisterin in einer Männer dominierten Position eine große Verantwortung.
Sie stammen aus einer musikalischen Familie. Wollten Sie daher schon als Kind Musikerin werden oder hätten Sie sich auch einen anderen, „normalen“ Beruf vorstellen können?
Als ich vier oder fünf Jahre alt war, habe ich erst spielerisch angefangen, Geige zu lernen. Dann bei kleinen Wettbewerben wie Jugend musiziert mitgemacht, den ersten Meisterkurs bei einem Professor absolviert und das ging immer so weiter. Klaus Esser von der Musikschule Hochsauerlandkreis war einer, der mich am meisten geprägt hat.
Mit 15 war für mich klar, dass ich Musikerin werden möchte. Neben meinem Musikstudium, habe ich aber auch noch Psychologie studiert und meinen Master gemacht. Obwohl ich die Musik liebe, kann ich mir nicht vorstellen, 40 Jahre lang immer den gleichen Beruf zu haben. Ich bin sehr neugierig und möchte im Leben viele Dinge machen.
Sie sind noch so jung und jetzt schon erste Konzertmeisterin des Philharmonischen Orchesters Erfurt. Ungewöhnlich, oder?
Obwohl meinem Gefühl nach mehr Frauen als Männer Geige spielen, werden die allerersten Stühle in Orchestern oftmals männlich besetzt. Aber gerade in Erfurt war es immer normal, dass Positionen unabhängig des Geschlechts vergeben worden sind. Diese Vorgehensweise stammt wohl noch aus der DDR-Sozialisierung. Ich hatte hier nie das Gefühl, dass mein Alter oder mein Geschlecht bei meinen Kollegen ein Problem darstellen könnte.
Was wäre die „Krönung“ in Ihrem Leben?
Ich möchte gerne mal in der Carnegie Hall in Manhattan spielen. Das wäre schon die Krönung. In Deutschland war ich schon in vielen großen Sälen und durfte auch schon in der Elbphilharmonie auftreten. Aber New York würde mich sehr reizen.
Außerdem will ich künstlerisch noch vieles ausprobieren. Moderne zeitgenössische und experimentelle Musik macht mir, neben Kammermusik, auch sehr viel Freude.
Könnten Sie sich vorstellen, auch ins Ausland zu gehen?
Sehr gut sogar. Ich habe auch schon drei Monate in Guatemala verbracht und ein Jahr in England gelebt, allerdings ist die deutsche Orchester-Szene einfach unschlagbar, so einzigartig. Das gibt es nirgendwo mehr auf der Welt.
Was bedeutet Heimat für Sie?
Ich komme immer wieder gerne nach Arnsberg zurück, um meine Familie und meine Freunde zu besuchen. Aber ich genieße auch total die Ruhe und die sauerländische Natur. Das habe ich als Jugendliche nicht so sehr wahrgenommen. Ich kann auch gut in Arnsberg arbeiten, mich auf Konzerte vorbereiten, intensiv Geige üben. Weihnachten bin ich auf jeden Fall immer zuhause.
Wie bringen Sie Familie, Freunde, Freizeit unter einen Hut?
Da ich noch keine eigene Familie habe, kann ich relativ viele Projekte in Angriff nehmen. Das wäre mit Kindern und Ehemann bestimmt schwierig. Ich arbeite dann, wenn die meisten Leute frei haben. Dafür müsste mein Partner Verständnis haben. Zudem finde ich es schade, dass ich zum Beispiel nicht in einen Sportverein gehen kann. Würde ich gerne. Sport mache ich meistens alleine. Ich jogge und fahre viel Fahrrad. Einen Yoga-Kurs würde ich auch gerne mal besuchen. Aber das klappt leider zeitlich nicht überein.
Musik ist ihr Leben oder gibt es vielleicht noch etwas anderes?
Psychologie ist mein Hobby. Außerdem reise ich total gerne und ich koche auch gerne.
Welche Musikrichtung hören sie, wenn Sie entspannen?
Gar keine. Während meiner Arbeitszeit höre ich ja ständig Musik, daher brauche ich Ruhe, wenn ich entspannen will. Wenn ich Party mache, läuft natürlich Musik. Meine Lieblingsband heißt Muse. Und beim Joggen habe ich keine Kopfhörer auf. Vogelgezwitscher mag ich dann lieber.
Wie viele Stunden üben Sie am Tag?
Das ist total unterschiedlich. Wenn morgens und abends Proben im Theater sind, dann übe ich eine Stunde noch zuhause. Dafür habe ich keine Stechuhr, allerdings umso mehr Glück mit meinen Nachbarn, die im gleichen Haus wohnen. Da hat sich noch keiner beschwert.
Ist Ihre Violine nur ein Werkzeug oder bedeutet sie Ihnen mehr?
Mein Instrument ist definitiv nicht austauschbar. Die Geige hat einen Charakter und ich bezeichne sie schon als meine Partnerin. Ist wertvoll und natürlich auch versichert.
Welche Instrumente beherrschen Sie noch?
Ein bisschen Klavier. Manchmal muss ich auch ein paar lustige Instrumente im Orchester spielen, zum Beispiel Glasharfe oder demnächst soll ich mit chinesischen Massagebällen Musik machen (lacht).