Arnsberg. Nach 36 Jahren tritt der stets engagierte und hochmotivierte Leiter des Stadtarchivs in den Ruhestand.

Nach 36 Jahren als Archivar der Stadt Arnsberg wird Michael Gosmann zum Jahresende endgültig in den Ruhestand treten und diese wichtige Aufgabe, das Gedächtnis der Stadt zu bewahren, in jüngere Hände legen.

Der Heimatforschung allerdings wird Gosmann - dann als „Hobby“ - weiterhin treu bleiben. Was gut ist, denn es gibt kaum einen, der in der Stadt- und Regionalgeschichte so bewandert ist, wie der 66-Jährige. Seine Nachfolge tritt am 1. Januar 2023 Michael Eismann an.

Michael Gosmanns erste Bewerbung landete im Papierkorb

Unter Michael Gosmanns Regie wurde das Stadtarchiv von einer nur von Insidern beachteten Einrichtung zu einer anerkannten, stark frequentierten Institution. Dabei war dem ehemaligen Laurentianer und Arnsberger, als er am 1. September 1986 den Job übernahm, Verwaltung völlig unbekannt.

Was nicht verwundert, hatte Gosmann doch eine Ausbildung zum Gymnasiallehrer mit den Fächern Geschichte und Biologie absolviert, um anschließend – typisches Schicksal der Babyboomer-Generation - in der Arbeitslosigkeit zu landen.

Als er sich dann auf einen Hinweis hin auf die freie Archivleitung der Stadt Arnsberg bewarb, „bekam ich natürlich postwendend eine Absage“, erinnert sich Michael Gosmann. Denn die Verwaltungsspitze hatte drei Kandidaten mit abgeschlossenem archivwissenschaftlichem Studium ausgeguckt, die dann aber nach Sichtung der Lage zurückzogen. „In dieser Situation riet mir der damalige Heimatbund-Vorsitzende Friedhelm Ackermann, es nochmals zu versuchen.“

„Ein kleines Büro für zwei feste Mitarbeiter und zwei ABM-Kräfte, davon zwei Raucher“

Im Stadtarchiv werden auch Fachkräfte ausgebildet

Der Hauptsitz des Stadt- und Landständearchivs befindet sich in der Klosterstraße 11 in Arnsberg.

Seit kurzer Zeit stehen zudem im ehemaligen Güterbahnhof Neheim-Hüsten große Lagerräume zur Verfügung.

Seit dem Jahr 2000 werden Stadtarchiv Fachangestellte Medien-Informationsdienst, Fachrichtung Archiv, ausgebildet.

Mit Erfolg: Alle Absolventinnen / Absolventinnen erhielten einen Arbeitsplatz.

Auch der künftige Archivleiter Michael Eismann wurde hier ausgebildet.

Und Gosmann warf erneut, allerdings mit eher geringer Hoffnung, den Hut in den Ring. Doch diesmal lud ihn der damalige Verwaltungschef, Stadtdirektor Dr. Günter Cronau, zum Gespräch.

Was positiv verlief, denn Gosmann durfte sich zwecks weiterer Begutachtung beim LWL-Archivamt in Münster, das die Kommunen in Archiv-Angelegenheiten berät, präsentieren. Auch dort hinterließ er einen kompetenten Eindruck und konnte schließlich – nach entsprechenden Praktika und Ausbildungskursen – die Stelle in Arnsberg antreten.

Hier fand er ein Stadtarchiv im abenteuerlichen Zustand vor. „Ein kleines Büro von 21 Quadratmetern für zwei feste Mitarbeiter und zwei ABM-Kräfte, davon zwei Raucher und das Archiv selbst war knackevoll.“ Und in der Stadtverwaltung habe das Archiv damals ein eher schlechtes Image gehabt, habe bei manchen sogar als ein Abschiebeort gegolten.

Stadtarchivar Michael Gosmann: „Wir arbeiten hier für die Zukunft“

Lange vorbei. Seit dem Umzug vom Rathaus in das ehemalige Kloster Wedinghausen („ein absoluter Glücksfall“) im Jahr 2004 ist das Stadtarchiv eines der Aushängeschilder der Verwaltung. Über die Stadtgrenzen hinaus. Spätestens mit dem Einzug von Hans-Josef Vogel als Stadtdirektor und dann als Bürgermeister erhielt das Archiv die Bedeutung, die dieser Einrichtung zukommt:

„Denn wir arbeiten hier für die Zukunft, in dem wir die Dinge dokumentieren, die später von Interesse sein können,“ bringt es Gosmann auf den Punkt. In anderen Worten: Man muss aus der Geschichte lernen, will man die Zukunft gestalten.

Das Stadtarchiv in eine wichtig und für jedermann nutzbare Datenquelle umgewandelt

Eine Aufgabe, die der geschichtsbegeisterte Archivar mit großer Akribie und entsprechendem Sachverstand mit Leben füllte. Denn er ist nicht, wie manche befürchteten, im dichten Aktenstaub erstickt, sondern er hat das Archiv in eine für jedermann nutzbare Faktenquelle umgewandelt.

Was die Arbeit, so der noch amtierende Archivleiter „auch sehr spannend macht“. Gerade der Austausch mit den Nutzerinnen und Nutzern – Heimat- und Familienforscher, Schüler, Studenten und Historiker auch aus anderen Staaten – „wirft immer wieder sehr interessante Fragestellungen auf, denen sich nachzugehen lohnt“.

Großer Vertrauensbeweis der Stadtspitze

Mit der steigenden Nutzungsfrequenz gehe aber auch noch eine zweite sehr erfreuliche Entwicklung einher: „Die Zahl der Privatnachlässe, die dem Archiv übereignet werden, hat deutlich zugenommen,“ so Michael Gosmann. Darunter mitunter Bücher oder Stiche, „die man früher nicht hätte für das Archiv erwerben können“.

Jedoch ist dem Archivar auch aufgefallen, dass in diesen Zeiten gründliche Recherche immer weniger werde. „Leider“.

Hilfreich bei der Archivarbeit sei zudem gewesen, dass sowohl Stadtdirektor Dr. Cronau sowie die Bürgermeister Hans-Josef Vogel und Ralf Paul Bittner ihm stets freie Hand gelassen hätten. „Das war schon gut.“ Und ein Vertrauensbeweis.

Michael Gosmann; „Etwas Besseres hätte mir nie passieren können“

Blickt Michael Gosmann nun zurück auf 36 Jahre als Stadtarchivar in Arnsberg, ist seine Bilanz: „Etwas Besseres hätte mir nie passieren können. Weil Archivar ein kreativer Beruf ist, aus dem man vieles machen kann. Aber man muss es auch wollen.“ Und er sagt auch das: „Wenn du das Leben als Akte ansiehst, dann bist du als Archivar das letzte Glied in der Kette.“

Aber nur im Beruf, denn am Ende des Jahres wird Michael Gosmann nicht Akten zuschlagen, sondern neue öffnen - für geschichtliche Recherchen auf privater Basis.

Nachfolger Michael Eismann freut sich auf die Aufgabe

Sein Nachfolger wird am 1. Januar Michael Eismann (38) - und freut sich auf diese Aufgabe. Der in Arnsberg lebende Vater eines Kindes hat das erste Staatsexamen für das Lehramt der Sekundarstufe II in den Fächern Latein und Philosophie abgelegt, dann erkannt, dass der Lehrberuf „nicht das Richtige für mich ist“ und sich daher nach gründlicher Überlegung für das Archivwesen entschieden.

Er wurde im Stadtarchiv zum Fachangestellten Medien-Information mit der Fachrichtung Archiv ausgebildet und absolviert derzeit noch einen berufsbegleitenden Masterstudiengang Archivwissenschaft in Potsdam. Eismanns Credo: „Ein Archiv ist die Zukunft der Vergangenheit in der Gegenwart.“

Einer seiner wichtigsten Aufgabe wird die weitere Digitalisierung des Archivbestandes sein. Darunter allein 6,5 Kilometer Rathaus-Akten.

Über Michael Eismanns Pläne und Vorstellungen berichten wir zu einem späteren Zeitpunkt.