Arnsberg/Sundern/HSK. Ob Gastro, Industrie oder Handel: Alle Branchen haben ob des aktuellen Weltgeschehens zu kämpfen. Wir haben mit Arnsberger Fachleuten gesprochen.

Wer denkt im Hochsommer schon an steigende Energiekosten oder gar an Engpässe bei der Versorgung… Mehr Menschen, als man denkt, wie unsere Recherche ergeben hat. Hinzu kommen die Sorgen rund um die Coronapandemie und den Ukraine-Krieg. Zur aktuellen und zukünftigen Situation vor Ort haben wir mit Fachleuten aus den Bereichen Gastro, Einzelhandel und Wirtschaft gesprochen.

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Wirtschaft

Die Stimmung in Reihen der heimischen Unternehmer ist angespannt. „Die drohende Energieknappheit ist Thema Nummer eins“, berichtet Dr. Volker Verch im Gespräch mit der Redaktion. Die Aussicht, in naher Zukunft das drei- bis vierfache für Gas und Strom zahlen zu müssen, sorge für Besorgnis, teilweise für blanke Angst: „Weil ein Stopp der Produktion – und als Folge dessen der Verlust von Arbeitsplätzen – droht“, so der Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Westfalen Mitte weiter.

Dass gespart werden muss, sei allen bewusst, stellt Dr. Verch klar, doch die Horrorvorstellung, dass nicht systemrelevanten Firmen einfach der Gashahn abgedreht wird, könne nicht die Lösung sein. Vielmehr sei Solidarität aller gefragt. Es mache keinen Sinn, es Zuhause schön warm zu haben, während gleichzeitig der Arbeitsplatz verloren gehe, brachte es ein Unternehmer aus der Region erst kürzlich auf den Punkt. Bevölkerung und Politik für das Energieproblem zu sensibilisieren, sei für die Wirtschaft das Entscheidende – „und zwar jetzt“, legt sich der UVWM-Geschäftsführer fest, „nicht erst im Herbst.“ Weil steigende Personalkosten und akute Materialknappheit viele Firmen zusätzlich belasten, könne, ja müsse man schon jetzt von einer Notsituation sprechen – die nur von allen Beteiligten gemeinsam bewältigt werden kann.

Gastronomie

Auch Hans-Dietmar Wosberg als Regionalpräsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) blickt mit großer Sorge in die Zukunft. „Denn angesichts der fortlaufenden und rasanten Verteuerungen muss jetzt jeder Gastronom oder Hotelier aufpassen, wie er sicher durch den Winter und den Frühling kommt. Schließlich steht den Menschen immer weniger Geld zur Verfügung.“ Wosberg, erfahrener Gastronom aus Arnsberg, hat vor diesem Hintergrund auch Angst, dass die durchaus erfolgreichen Bemühungen, die Verbraucher für regionale, qualitativ hochwertige und nachhaltig erzeugte Produkte - Stichwort Freilandhaltung - zu gewinnen, konterkariert werden. „Weil angesichts der vielen Belastungen wieder auf Billigprodukte zurückgegriffen wird.“ Grundsätzlich aber, so Hans-Dietmar Wosberg weiter, gelte es für Gastronomie und Hotellerie dringend, sich mit zwei Dingen auseinanderzusetzen - mit Corona und den Energiepreisen.

„Niemand weiß, was uns Corona im Herbst beschert. Doch ich persönlich gehe davon aus, dass sich die Pandemie wie eine normale Grippe präsentieren wird, gegen die wir uns impfen können. Daher denke ich, dass uns Corona nicht so stark belasten wird.“ Völlig anders die Situation im Energiebereich. Hier lasse sich die zu erwartende Lage nur sehr schwer einschätzen. „Daher rate ich jedem Betriebsinhaber, sich frühzeitig mit seinem Energie-Anbieter in Verbindung zu setzen, um zu schauen, was noch ins Haus stehen könnte. Weil ich glaube, dass es in diesem Bereich sehr problematisch werden wird.“ Erschwerend hinzu kämen für Gastro-Betriebe und Hotels die steigenden Preise für Lebensmittel und Transporte. „Und diese Verteuerungen werden sicher permanent weiter laufen.“

Deshalb sei es wichtig, dass Bundesfinanzminister Lindner das Versprechen einhalte, die derzeit bei 7 Prozent liegende Mehrwertsteuer für Gaststätten, Hotels und Feinkostbetriebe nicht zu erhöhen. „Hier brauchen wir die Verlässlichkeit der Politik und ehrliche Aussagen. Denn die siebenprozentige Mehrwertsteuer ist kein Geschenk, sondern eine europäische Gerechtigkeit.“ Und Hans-Dietmar Wosberg hat noch einen weiteren dringlichen Rat an seine Kolleginnen und Kollegen: „Überprüft eure Konzepte und schaut, was ihr auch angesichts der Personalknappheit anders machen könnt. Denn diese Krise wird länger anhalten.“

Einzelhandel

Über die Situation und die Zukunft des lokalen Einzelhandels hat unsere Redaktion mit Neheims City-Manager Konrad Buchheister und Tatjana Schefers vom Stadtmarketing Arnsberg gesprochen. Beide weisen darauf hin, dass man noch nicht konkret abschätzen kann, inwiefern die derzeitigen Krisen den Einzelhandel in Neheim bzw. ganz Arnsberg in den nächsten Monaten beeinflussen werden. Sicher sei jedoch: Man ist zuversichtlich gestimmt und versuche alles, um die Zentren für Besucherinnen und Besucher attraktiv zu gestalten und somit den Einzelhandel bestmöglich zu unterstützen. „Die Innenstädte sollen Erlebnisräume sein und wir unternehmen viel, um die Aufenthaltsdauer der Besucher dort zu erhöhen. Seien es aktuell Veranstaltungen wie Donnerstags-Live in Arnsberg oder Mittwochs am Dom in Neheim - wir arbeiten stetig an der Aufenthaltsqualität“, sagt Tatjana Schefers. In Arnsberg kämen zudem die anstehenden Events auf der Vogelwiese hinzu, die gezielt junge Menschen ansprechen und sie nach Arnsberg ziehen sollen. „Für alle Zentren gilt jedoch, dass wir uns keinesfalls ausruhen dürfen. Es kommt aktuell viel zusammen, das man meistern muss, ich bin aber positiv gestimmt, dass wir das gemeinsam schaffen werden“, so Schefers. Selbstverständlich müsse man sich aber auch im Einzelhandel damit auseinandersetzen, wie man künftig zum Beispiel Energie sparen könne. „Die erste Auflage von Mittwochs am Dom in Neheim mit rund 500 Besuchern im Durchlauf hat uns gezeigt, dass wir auch nach Corona durchaus noch in der Lage sind, Menschen in die City zu holen. Ich bin unter anderem deswegen sehr positiv gestimmt, dass wir hier gut voran kommen. Es sind sogar noch weitere bauliche Maßnahmen in der Neheimer City geplant“, sagt Konrad Buchheister.