Arnsberg/Sundern. Der Hype um Elektrolytlösungen gegen den Kater sorgt für Versorgungsengpässe bei erkrankten Kleinkindern. Das sind die Hintergründe.

Ein Internettrend sorgt auch in Arnsberg und Sundern für einen Engpass beim Durchfallmittel „Elotrans“. Das hat allerdings rein gar nichts mit der eigentlichen Bestimmung des Medikaments zu tun. Weder greift der Noro-Virus im Sauerland um sich, noch treten ganz plötzlich verstärkt Magen-Darm-Beschwerden bei der Bevölkerung auf. Viel mehr ist es die heilende Wirkung bei Kater-Erscheinungen, die Elotrans bei jungen Erwachsenen so beliebt macht. Ein Gläschen von der Elektrolyte-Mischung vor dem zu Bett gehen nach dem Schützenfest oder der Hochzeitsparty – und der Start in den nächsten Tag ist (oft) gerettet.

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Inzwischen gibt es sogar gezielte Kater-Mittelchen wie zum Beispiel „Katerfly“ auf dem Markt. Die Brausetabletten sind jedoch um ein Vielfaches teurer als das bis vor Kurzem kaum bekannte Durchfallmittel „Elotrans“. Dies hat sich nun über die sozialen Medien verbreitet, und sowohl in jeglichen Versandapotheken, als auch in den von dieser Zeitung befragten Apotheken in Arnsberg und Sundern, ist „Elotrans“ nicht mehr zu bekommen oder quasi ausverkauft.

Ein Hype auf Tiktok

Kein Wunder: Wird das Mittelchen doch auf Plattformen wie Tiktok oder Instagram als „Gottesgeschenk“, das „Saufen ohne Konsequenzen“ garantiert, angepriesen. Die tatsächliche Konsequenz ist jedoch eine andere: „Elotrans ist über den pharmazeutischen Großhandel im Moment nicht erhältlich“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein.

Ersatz für den Notfall

Das kann Maria Bertelsmann (Foto) von der Engel-Apotheke in Neheim nur bestätigen. „Die gängigen Elektrolyt-Lösungen wie Elotrans oder Oralpädon sind derzeit nicht verfügbar. Wir haben für den Notfall aber bisher immer einen Ersatz gefunden“, so die Apothekerin. Damit sind dann tatsächliche Durchfall-Patienten gemeint. „Gerade wenn kleine Kinder an Durchfall erkranken, trocknen sie schnell aus und benötigen Elektrolyte“, erklärt Maria Bertelsmann. Dass die Partyszene das Mittel für sich entdeckt hat, ist der Apothekerin bekannt, nachvollziehen kann sie den Hype aber aus fachlicher Sicht kaum: „Klar, es ist Fakt, dass erhöhter Alkoholkonsum auch den Elektrolyt-Haushalt durch­einander bringt. Früher hat man dann eben Rollmops gegessen und sich mit Cola und Salzstangen geholfen. Dazu würde ich auch heute noch bei Kater raten. Frisches Obst und Gemüse helfen ebenso“, sagt die Expertin.

Zumal der übermäßige Konsum von Elektrolyten bei bestimmten Vorerkrankungen nicht unbedenklich sei und man tatsächlich Erkrankten die Arzneimittel wegnimmt, rät Maria Bertelsmann vom Kauf von Elotrans und Oralpädon zu Kater-Zwecken ab.

Oralpädon wichtig für Kleinkinder

Ganz genau so sieht Apotheker Christian Willeke (Foto) von der „gesund leben“-Apotheke in Sundern den Fall: „Die Nachfrage nach Elotrans und Oralpädon ist auch bei uns gigantisch angestiegen, spätestens seit der Schützenfest-Saison. Am vergangenen Wochenende hat man da durchaus mal in traurige Gesichter geschaut, wenn man mitteilen musste, dass die Mittel nicht mehr verfügbar sind“, berichtet Willeke von seinen Erfahrungen rund ums Sunderner Fest-Wochenende.

Besonders bedauert er, dass Oralpädon nicht mehr zu bekommen ist, da dies insbesondere bei Kleinkindern mit Durchfallerkrankungen eingesetzt wird. „Vor allem im Kleinkind-Alter ist Oralpädon die Basistherapie bei starkem Durchfall – und eine Alternative wäre tatsächlich eine Infusion. Und das kann ja keiner wollen.“ Christian Willeke rät daher allen Feierwütigen zum „Zwischen-Wasser“, wenn erhöhter Alkoholkonsum denn überhaupt sein müsse.

„Währenddessen viel Wasser trinken, auch am näch­sten Tag – das hat sicherlich eine ähnliche Wirkung wie die Aufnahme von Elektrolytlösungen. Denn grundsätzlich haben die Influencer ja recht: Das hilft schon durchaus gegen einen Kater“, sagt er. Anstatt für die Beseitigung des Alkohol-Katers den Kleinsten jedoch Oralpädon und den tatsächlich Kranken Elotrans wegzukaufen, sollte man eher auf Wasser, Rollmops, Cola und Co. setzen. Oder auf Mittelchen wie „Katerfly“ zurückgreifen, die eine ähnliche Wirkweise wie Elotrans haben. „Katerfly ist noch verfügbar, wird aber auch nur noch tröpfchenweise geliefert“, weiß der Sunderner Apotheker.