Arnsberg. Dr. Mathias Knolls neues Buch „Das Geheimnis der Vogelperspektive“ steht für gute Unterhaltung – und macht Mut zu leben.

Wenn ein Arnsberger ein Buch schreibt und ein Verlag das Werk veröffentlicht, ist das allein schon Grund genug für eine Nachricht in der lokalen Presse. Doch die eigentliche Nachricht im konkreten Fall verbirgt sich zunächst – und mündet dann in eine Botschaft:

„Trotz meines Schlaganfalls und Aphasie will ich den betroffenen Menschen Mut machen zum Weiterleben“, schreibt Dr. Mathias Knoll mit Blick auf sein Buch „Das Geheimnis der Vogelperspektive“. Darin (oder daraus) entführt er Leserinnen und Leser in fremde Länder. Beim Schreiben beweist der im Ortsteil Arnsberg lebende frühere Mediziner eindrucksvoll, dass Verlust der Sprache nicht mit dem Verlust der Fähigkeit, sich zu artikulieren einhergehen muss. Ja – Aphasie bedeutet, im nüchternen Stil der Medizin definiert: „Verlust des Sprechvermögens oder Sprachverstehens infolge einer Erkrankung des Sprachzentrums im Gehirn“.

Zurück zum Buch: Beim Lesen von Reiseerzählungen liebt es der Schreiber dieses Artikels vor allem, wenn er das Gefühl vermittelt bekommt, leibhaftig durch die beschriebenen Land- oder Ortschaften zu wandeln. Mathias Knoll kriegt das perfekt hin: ob Andalusien, Nordafrika, Toskana, Norderney oder der Deutschen liebste Insel Mallorca – ein „mittendrin statt nur dabei“-Feeling macht sich breit. „Mit spitzer Feder, aber nie ohne kritische Sympathie, entwirft der Autor faszinierende Reise­skizzen, deren Blickwinkel immer wieder überraschen“, heißt es in der knappen Zusammen­fassung auf der Rückseite der 162-seitigen Sammlung von fünf Kurzgeschichten.

Auch in der Arnsberger Kultur­szene ein gern gesehener Gast: Dr. Mathias Knoll auf einem älteren Foto aus unserem Archiv.
Auch in der Arnsberger Kultur­szene ein gern gesehener Gast: Dr. Mathias Knoll auf einem älteren Foto aus unserem Archiv. © WP/WR | SCHLUETTER,

„Wie kriegt der das hin?“, fragen Sie? Schwelgt er in Erinnerungen, lässt er andere für sich Eindrücke sammeln? Fragen wir ihn selbst:

„Es beruhigt mich, dass ich mich trotz Krankheit nach (eigenen wie fremden) Geschichten sehne und darüber schreibe“, berichtet der Arzt und Autor, dessen Leben sich 2013 grundlegend veränderte.

„Also nehme ich mir Zeit beim Nichtstun – und kann ohne Sprache denken“, beschreibt Mathias Knoll sein schriftstellerisches Schaffen. Er hat seinen sprachlichen Zugriff auf das Dasein nicht verloren, nimmt sein Schicksal an, und bemerkt dazu: „Aber wer die Lebensgeschichte mit einer süßlichen Glasur übergießt, muss sich nicht wundern, wenn ihm der Zucker im Hals stecken bleibt.“

Apropos Lebensgeschichte: Der gebürtige Stuttgarter kann auf eine interessante Biographie verweisen, verbrachte einen Teil seiner Jugend in Persien (heute Iran), studierte Medizin und war in Arnsberg lange Jahre als niedergelassener Arzt tätig. Seine Leidenschaft für Kunst und Literatur wurde früh geweckt: Seit 1971 erschienen Texte und Gedichte in renommierten überregionalen Tageszeitungen und im Rundfunk; Dr. Knoll ist Mitglied des Bundesverbandes Bildender Künstler.

„Arzt und Poet dazu“ titelte 1983 ein Aufsatz im Deutschen Ärzteblatt, der ihn als „geistreich, ironisch und mit klaren, interessanten Einfällen aufwartend“ beschreibt. Zahlreiche seiner Gedichte „zeigen den Abendländer, der das ihm gebotene Kulturgut erworben hat und souverän damit umgeht“.

„Souveräner Umgang“ ist ein gutes Stichwort – blickt man auf die erste Seite von „Das Geheimnis der Vogelperspektive“: Dort wird der Dichter Jean Paul zitiert:

„Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem man nicht vertrieben werden kann...“