Neheim. Wer hat an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon so spät? Wir haben bei einem exklusiven Rundgang Wissenswertes über das Dom-Uhrwerk erfahren.
Ein Blick auf den „Neheimer Dom“ kurz nach der Umstellung auf die Sommerzeit hat folgende Fragen aufgeworfen: Wie wird eigentlich das Uhrwerk hinter den vier großen Ziffernblättern umgestellt? Und wer ist dafür verantwortlich?
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Wirklich spannende und mitunter amüsante Antworten darauf hat Oliver Jolmes, seines Zeichens u.a. Mitglied im Kirchenvorstand der St.-Johannes-Baptist-Gemeinde in Neheim.
Der Zeit voraus
Aufmerksame Besucher des Neheimer Frühlingsfestes könnten vergangene Woche durchaus etwas Ungewöhnliches bemerkt haben: Denn schon Stunden vor der eigentlichen Umstellung auf die Sommerzeit, die für gewöhnlich von zwei auf drei Uhr nachts stattfindet, hat die Kirchturm-Uhr bereits die neue Zeit angezeigt. Das hatte einen ganz simplen Grund, wie Oliver Jolmes erklärt: „Ich habe die Verantwortung für die Uhr und somit die Aufgabe der Zeitumstellung erst kürzlich von Küster Christian Schuhmacher übernommen und wollte den ersten Versuch gern bei Tageslicht unternehmen.“
Dafür hat er die enge Wendeltreppe des Kirchturms gemeinsam mit Holger Zens, ebenfalls Mitglied im Kirchenvorstand, erklommen und mit vereinten Kräften das riesige Uhrwerk bewegt. „Man bewegt quasi alle vier Zeiger der großen Ziffernblätter von Hand, um die Uhr vorzustellen. Da wendet man schon ordentlich Kraft auf“, so Jolmes. Welche Hebel und Achsen man wie genau für die Umstellung in Bewegung setzen muss, hatte er sich vorab von einem Mitarbeiter einer Ansbacher Fachfirma erklären lassen, die ebenfalls für die jährliche Wartung des Uhrwerks zuständig ist.
Beim nächsten Mal soll es schneller gehen
„Und ein wenig Technik-affin bin ich natürlich auch und habe große Freude daran, mich mit der Kirchenuhr und dem mechanischen Uhrwerk auseinander zu setzen.“ Für Versuch Nummer eins habe er dann aber doch ein wenig mehr Zeit gebraucht als vermutet. „Dieses Mal habe ich mich noch etwas verhaspelt und es dauerte insgesamt etwa eine Stunde“, sagt Oliver Jolmes. Denn beim Anschwingen des Uhr-Pendels, das übrigens noch immer das Ur-Uhr-Pendel von 1912 ist, sei er ein wenig zu energisch gewesen, berichtet er schmunzelnd. So dauerte es seine Zeit, bis sich im wahrsten Sinne des Wortes wieder alles eingependelt hatte und die Kirchen-Uhr wieder im Takt lief. „Beim nächsten Mal werde ich es womöglich in zwanzig Minuten schaffen und dementsprechend auch zu einem späteren Zeitpunkt umstellen. Dass den ganzen Samstagnachmittag schon die neue Uhrzeit angezeigt wird, wird sich also vermutlich nicht wiederholen.“
Frühes Angelus-Läuten
Und auch ein zweiter kleiner Fauxpas soll nicht noch einmal passieren: Denn neben der noch „falschen“ Uhrzeit am Frühlingsfest-Samstag ist noch etwas anderes durcheinander geraten: Das Angelus-Läuten, welches immer um 7, 12 und 19 Uhr erklingt, war aufgrund der verzögerten Arbeiten am Uhrwerk schon um elf Uhr zu hören. „Das lässt sich beim nächsten Mal ja einfach vermeiden, in dem ich nicht kurz vor den Angelus-Geläut umstelle“, erklärt er.
Und beim Wechsel auf die Winterzeit werde das Prozedere dann ohnehin deutlich entspannter, da man das Uhrwerk lediglich von Hand vorstellen kann - zurück handle es sich lediglich um zwei Arbeitsschritte: „Im Oktober müssen wir das Pendel für eine Stunde anhalten und rechtzeitig wieder behutsam anschwingen.“
Die Zeiger ausrichten
Für die absolut genaue Ausrichtung der Zeiger sei zudem in der nahen Zukunft eine Pendel-Synchronisation notwendig. Damit müsste wiederum die Ansbacher Spezialfirma beauftragt werden. „Mit einem Südpol-Magneten am Pendel sowie einem Elektro-Magneten darunter, werden die Zeiger dann wieder ganz korrekt ausgerichtet. Dafür müssen wir allerdings zunächst ein Stück vom Fußboden heraussägen, da unter dem Pendel bislang zu wenig Platz ist“, erklärt der neue Kirchen-Uhr-Verantwortliche. Da dieses Unterfangen nicht ganz kostengünstig sei, freue man sich um so mehr darüber, dass in diesem Jahr wieder eine Toccata stattfindet, deren Einnahmen grundsätzlich der Instandhaltung des „Doms“ zu Gute kommen.
Ein exklusiver Rundgang:
- Beim Besuch unserer Redaktion im Neheimer Dom hat Oliver Jolmes vom Kirchenvorstand eine kleine Führung hinter den Kulissen geboten:
- Neben einem Rundgang auf dem Dachstuhl der Kirche, Einblicken in das imposante Uhrwerk und Begutachtung der alten Schiefertafeln des ehemaligen Kirchendachs, auf denen sich nach Renovierung im Jahr 2000 und 2001 viele Gemeindemitglieder verewigt haben, ging es eine weitere steile Treppe hinauf. Dort beeindrucken die tonnenschweren Kirchen-Glocken durch ihre Größe (siehe Fotos).
- Nur der direkte Blick auf die Ziffernblätter blieb der Redakteurin verwehrt. Schuld daran: Eine ca. 16 Meter lange Leiter und massive Höhenangst.