Arnsberg/Sundern. Russlands Angriff auf die Ukraine hat nicht nur für die heimische Wirtschaft Folgen. Steigende Energiepreise und höhere Inflationsrate drohen.

Der russische Überfall auf die Ukraine ist nicht nur eine menschliche und völkerrechtliche Tragödie; er wird obendrein nicht ohne Folgen für die heimische Wirtschaft bleiben – und hat in letzter Konsequenz Auswirkungen für jeden einzelnen Bürger.

Obwohl weder die Ukraine noch Russland nach seiner Einschätzung Primärmarkt für die regionale Wirtschaft sind, werde das ein oder andere Unternehmen vor Ort in nächster Zeit Einbußen hinnehmen müssen, sagt Dr. Volker Verch.

„Das gestaltet sich individuell sehr unterschiedlich“, so der Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte auf Anfrage der Redaktion.

Ukrainer lassen Lkw stehen und eilen in die Heimat

Es gibt vermehrt Hinweise, das Lkw von osteuropäischen Frachtführern auf Raststätten, Autohöfen oder bei Firmen abgestellt werden und Fahrer ukrainischer Herkunft (diese sind häufig auch bei Transportunternehmen aus Lettland, Litauen oder Estland beschäftigt) schnellstens den Weg in die Heimat – zu ihren
Familien
– suchen.

Somit droht Westeuropa kurzfristig – neben Engpässen im
Lagerbereich – auch eine große Lücke beim Fahrpersonal.

Wer beispielsweise Maschinen und/oder Maschinenteile nach Russland liefere, würde die angekündigten Sanktionen sicher zu spüren bekommen. Das habe sich bereits 2014 gezeigt, als Russland nach der Annexion der Krim mit wirtschaftlichen Sanktionen abgestraft wurde. Wie neue Sanktionen aussehen werden, sei noch nicht genau absehbar: „Da gilt das Primat der Politik“, sagt Dr. Verch. Die größten Sorgen bereiten dem Wirtschaftsexperten die zu erwartenden Preisexplosionen auf den – ohnehin angespannten – Energiemärkten. Deutschland ist stark abhängig von Erdgaslieferungen aus Russland. Damit verbunden sei eine noch stärkere Inflation – und das treffe nicht nur die Wirtschaftsunternehmen, sondern auch jeden Privathaushalt.

Spediteure in Sorge

Auch die heimische Speditionsbranche blickt aufmerksam und besorgt nach Osten: Zwar seien weder die Ukraine noch Russland für sein Unternehmen „Hauptschauplätze“, erklärt Christoph Dahlmann auf Nachfrage. Doch man habe eine Reihe von Kunden mit Werken in Russland, für die man Transporte abwickele, so der Geschäftsführer der Allgemeinen Land- und Seespedition (A.L.S.) mit Sitz in Hüsten weiter. Den Transport in diese(n) Länder(n) übernehmen fast ausnahmslos osteuropäische Trucker. „Generell fahren so gut wie keine deutschen Lkw in die osteuropäischen Staaten, in der aktuellen Situation wird zudem von den Verbänden dringend abgeraten, Transporte in die Ukraine und nach Russland zu organisieren und abzuwickeln“, so Christoph Dahlmann, für den die Krise in nächster Zeit vor allem lagertechnisch eine Herausforderung werden könnte: „Einige Kunden haben bereits Lieferungen gestoppt, die Ware müssen wir kurzfristig einlagern“, so der Hüstener Spediteur. Verschärfe sich die Lage weiter, wären Engpässe bei der Lagerkapazität die Folge. Und das bei der ohnehin – Corona bedingt – angespannten Situation. „Man kann momentan schwer einschätzen wie es weitergeht“, meint Dahlmann – auch mit Blick auf – bereits angekündigte – schärfste Sanktionen gegen Russland.„Auch ich bin für strikte Sanktionen“, legt er sich fest, gibt aber zu bedenken, es dürfe am Ende nicht die Falschen treffen. Einschränkungen bei Lebensmitteln z.B. träfen vor allem die meist arme Zivilbevölkerung.

Bei der Interprint-Gruppe will die Geschäftsführung zunächst die weitere Entwicklung abwarten „Momentan sehen wir uns nicht in der Lage, ein Statement abzugeben und würden davon absehen“, erklärt Christine Martel (PR/Marketing) auf die Frage zu möglichem Konfliktpotenzial mit Blick auf die Produktionsstätten in Russland. Das Arnsberger Dekordruck-Unternehmen hat zwei Werke in Russland, in Egorievsk bei Moskau sowie in Samara (insgesamt etwa 250 Mitarbeiter).