Arnsberg. Fiona Juchem (16) und Sophia Kummer (20) engagieren sich bei der Jungen Caritas und lernen dabei auch viel für ihr eigenes Leben.
Manchmal können geschriebene Worte viel bewegen - die schnell im Blindflug ins Handy getippten und über Messengerdienste versendeten, vor allem aber die mit Hand und Stift aufs Papier gebrachten und per Post verschickten. Fiona Juchem (16) aus Arnsberg und Sophia Kummer (20) aus Bruchhausen sind „Briefeschreiberinnen“ im Dienste der Nächstenliebe. Sie gehören zur Hundertschaft ehrenamtlich Aktiver der Jungen Caritas Arnsberg.
Seit eineinhalb Jahren schreibt Sophia an „Emmi“. So heißt die 93-jährige Brieffreundin der jungen Frau.. Schon vorher hatte sie im Rahmen der Jungen Caritas Besuche in Senioren-WGs gemacht, hatte sie dort Plätzchen mit älteren Menschen gebacken und ihnen Zeit geschenkt. Jetzt, wo sie in Aachen Cello studiert und den Bachelor of music für Orchester anstrebt, konnte sie ihr Engagement über das Brieffreunde-Projekt der Jungen Caritas fortsetzen.
Sophia Kummer: „Emmi sagt, ich sei wie eine Enkelin für sie“
Ihre Brieffreundin lebt in Arnsberg, wohnt noch alleine und beeindruckt Sophia Kummer sehr. 73 Lebensjahre mit all den in dieser Zeit gemachten Erfahrungen liegen zwischen den beiden Frauen. „Wenn sie über die NS-Zeit erzählt, ist das spannend“, sagt Sophia Kummer, „und genauso interessiert sich Emmi für meine Welt“.
Aus der Brieffreundschaft, die mit einer vorsichtigen Anfrage („Du wirst dich jetzt bestimmt wundern, wer dir schreibt“) begann, ist längst mehr geworden. Es blieb nicht beim Briefwechsel. „Wir schreiben uns auch Whatsapp-Nachrichten“, erzählt Sophia, „vor allem aber die Briefe sind schön, weil man sich dann richtig Zeit nimmt“.
Inzwischen haben sich beide auch schon mehrmals gegenseitig besucht. „Emmi sagt, ich sei wie eine Enkelin für sie“, berichtet Sophia, „und das tut richtig gut“.
Fiona Juchem ist seit zwei Jahren engagiert
Auch Fiona Juchem schreibt inzwischen Briefe. Die 16-jährige ist auch schon seit zwei Jahren bei der Jungen Caritas in Arnsberg dabei und hat bereits bei anderen Projekten und auch in der Hauswirtschaft des Hospiz Raphael in Arnsberg geholfen.
Wie Sophia wurde sie am Mariengymnasium auf die Junge Caritas aufmerksam. Deren nimmermüde Leiterin Martina Gerdes und schon aktive Jugendliche stellten die ehrenamtlichen Möglichkeiten vor. „Die Idee, anderen Menschen zu helfen, hat mich angesprochen“, erzählt Fiona.
Fiona Juchem: „Es sind tolle und wichtige Erfahrungen, die wir machen“
Ihre Brieffreundin heißt Ulla. „Wir schreiben uns noch nicht so lange“, sagt Fiona. Ihre Brieffreundin kannte sie schon aus der Gemeindearbeit. Die gehandicapte Frau lebt in der Caritaseinrichtung Mariannhill, beim Schreiben braucht sie Unterstützung.
„Es sind tolle und wichtige Erfahrungen, die wir in der Jungen Caritas machen“, sagt Fiona Juchem, „wir lernen Menschen in anderen Lebenslagen kennen“. Themen wie Tod, Handicaps und Leid kommen näher und werden enttabuisiert. „Vor allem aber merkt man, wie dankbar alle sind“, so Fiona.
Praktizierte Nächstenliebe
Junge Caritas bedeutet übersetzt nichts anderes als junge Nächstenliebe. Für diese stehen diese beiden jungen Frauen stellvertretend für ein sich seit Jahren etabliertes und sich immer wieder neu rekrutierendes System der vielen kleinen guten Taten. Beide geben zu, anfangs etwas Angst gehabt zu haben. Am Ende aber überzeugte die drucklose und auch leidenschaftliche Ansprache. „Es sind ja so viele Sachen, bei denen man sich in der Jungen Caritas einbringen kann“, so Fiona Juchem.
Sophia Kummer: „Man gibt ja nicht nur Zeit, sondern bekommt ganz viel zurück“
Das Voting läuft noch bis 31. Dezember
Der Wettbewerb „Junges Engagement“ will das Ehrenamt von Menschen aus Arnsberg und Sundern im Alter von 16 bis 30 Jahren fördern.
Insgesamt werden Preisgelder in Höhe von 6000 Euro ausgeschüttet.
Über die Preisträger entscheidet zu 50 Prozent eine Jury und zu 50 Prozent ein Voting. Das Voting unter wp.de/je-voting läuft noch bis zum 31. Dezember. Täglich kann von jedem Nutzer je einmal gewertet abgestimmt werden.
Die Preisverleihung „Junges Engagement“ soll sobald wie verantwortbar möglich im Veranstaltungsbereich des Ateliers Meinschäfer im Kunstwerk an der Neheimer Möhnestraße statt.
Eine Belastung ist und soll es nicht sein. „Man gibt ja nicht nur Zeit, sondern bekommt ganz viel zurück“, sagt Sophia Kummer. Das spürte die junge Musikerin insbesondere jetzt in der Coronazeit bei der Brieffreundschaft mit „Emmi“. „Ich bin ihr wichtig und konnte ihr auch helfen, das alles zu verstehen“, so Sophia. Und auch das Gefühl gebe einem schon ganz viel zurück.
Junge Nächstenliebe prägt. Weder Fiona noch Sophie wollen die gemachten Erfahrungen missen. Es helfe beim Reifen und trage zur Persönlichkeitsbildung bei. Und ganz nebenbei, auch das merken sie schon, macht sich besonderes Engagement auch im Lebenslauf gut und findet viel positive Beachtung. Darum aber geht es den beiden nicht.
„Das hat etwas mit einer Gesellschaftsverantwortung zu tun, bei der man nicht nur sich sieht“, sagt Sophia Kummer bestimmt. Und dennoch kann sie versprechen, dass die Nächstenliebe keine Einbahnstraße ist: „Man bekommt immer ganz viel zurück“.