Arnsberg. Bei steigenden Inzidenzwerten auch im HSK entbrennt eine Diskussion um gute Wege der Organisation von Impfungen- und Boosterimpfen.
Der bis vor wenigen Wochen als Leiter des Impfzentrums Olsberg tätige Arnsberger Arzt stößt angesichts rasant steigender Coronazahlen auch im Kreis neue Ideen für die Organisation von niederschwelligen Impf- und Boosterangeboten und mehr Impftempo direkt in den jeweiligen Kommunen an.
„Die Wiedereröffnung des Impfzentrums in Olsberg erscheint mir nicht sinnvoll zu sein, weil es einen erheblichen organisatorischen und geldlichen Aufwand bedeuten würde“, sagt Dr. Ortwin Ruland. Er war leitender Arzt des von Februar bis Ende September geöffneten zentralen Impfzentrums für den Hochsauerlandkreis. Daran aber, dass eine Intensivierung der Impftätigkeit - insbesondere in Bezug auf die sogenannte Boosterimpfung - nötig sei, lässt er absolut keinen Zweifel. Er schlägt Alternativen vor.
So sollten aus seiner Sicht die niedergelassenen Ärzte beim „Boostern“ unterstützt werden. „Die Erstimpfungen müssen in den Praxen bleiben, die Boosterimpfungen können einfacher organisiert werden“, sagt er. Konkrete Ideen dafür hat er.
Impfen in leeren Ladenlokalen
„In den Kommunen stehen Ladenlokale leer, die an Freitagen und Samstagen sowie eventuell auch Sonntagen als Impflokal für Boosterimpfungen genutzt werden können“, schlägt er vor. Eine Terminplanung entfalle dann ebenso wie bei den mobilen Impfangeboten des Kreises in „Bussen“ oder wechselnden dezentralen Einrichtungen. Das Ende der täglichen Impfzeiten könne mit der Ausgabe von Nummern (wie in manchen Geschäften auch ) bestimmt, so dass niemand vergeblich warten müsse. Das Personal würde aus einem Arzt (zum Beispiel ein pensionierter oder anderer) mit zwei oder drei Medizinischen Fachangestellten bestehen und gegebenenfalls einer Bürokraft.
Der bürokratische Aufwand könnte im Vergleich zu den Impfzentren deutlich heruntergefahren werden: „Weil es sich um schon aufgeklärte Geimpfte handelt, braucht lediglich ein Einverständnisbogen unterschrieben zu werden“, so Dr. Ortwin Ruland. Die Personalien (ein von den Impflingen ausgefülltes Formular) würden festgehalten, der Impfpass ausgefüllt oder die Impfung auf dem Einverständnis-Formular bescheinigt. Eine Kopie müsse angefertigt und dem Impfling ausgehändigt werden. „Damit ist der Aufwand minimalisiert“, so Ruland. Gegebenenfalls könne eine namentliche Meldung mit Geburtsdatum an die Kassenärztliche Vereinigung und an das RKI über eine excel-Datei erfolgen.
Wochenendruhe in Praxen
Abrechnungstechnisch, so Dr. Ortwin Ruland weiter, sollte der Kreis mit dem Gesundheitsamt federführend sein. Die Kostenstelle wäre in einem solchen Falle der Kreis. Gegebenenfalls könne auch ein niedergelassener Arzt federführend sein, über den dann die Kosten abgerechnet werden. „Entweder impft er dann selber oder ein Kollege für ihn“, so Ruland. In diesem Falle müsse dann über die Praxis dieses Arztes abgerechnet werden. Er vermeide aber eine „Nutzung“ seiner Praxisräume am Wochenende. Seine Praxisräume hätten weiter „Wochenendruhe“ gewährleistet. „Das Beste wäre allerdings die Federführung durch den Kreis, der auch das Personal besorgt“, sagt Dr. Ruland. Seine Refinanzierung könne der Kreis womöglich über das Land NRW versuchen.
Ein solches Modell ließe sich - soweit Bedarf und Personal bestünde - auf weitere Tage in der Woche ausdehnen. Personal (Ärzte, MFAs, Bürokraft) sollten genauso wie seinerzeit in den Impfzentren zu bekommen sein, zumal es sich um Aktivitäten außerhalb der üblichen Arbeitszeiten handeln würde. Ansprechpartner sollte auch hier in erster Linie des Kreis sein.
„Das ist eine Grundidee“
Dr. Ruland verweist auf andere Kommunen, wo bereits ähnlich verfahren werde: weg von einem großen Impfzentrum hin zu kleinen zeitlich umschriebenen Impfstellen. „Das hat gegenüber einem mobilen Bus auch den Vorteil der zeitlichen und örtlichen Zuverlässigkeit“, glaubt Dr. Ruland. Er rechnet damit, dass aus dem Pool der im Impfzentrum tätig gewesenen Ärzte auch welche für die jeweiligen Gemeinden/Kommunen zu finden seien. „Das Procedere kann sicher noch verfeinert und mit klugen Ratschlägen anderer verbessert werden“, stellt Dr. Ortwin Ruland klar, „es handelt sich bei meinem Vorschlag um eine Grundidee“. Dem Kreis habe er seine Ideen nun auch mitgeteilt.
Ähnliche Gedanken äußerte aber auch schon Dr. Dietmar Wetzchewald von der Arnsberger Arbeitsgemeinschaft der Intensivmediziner, der schon seit Sommer ins Spiel bringt, dass an den jetzt möglicherweise ja wieder verstärkt nachgefragten dezentralen Teststellen gleichzeitig auch Impfangebote gemacht werden könnten. Ihm geht es vor allem darum, dass niederschwellig die Gruppen erreicht werden können, die bislang Impfangebote nicht angenommen haben.
Mehr Impfdynamik nötig
Einig sind sich alle Stellen, dass in die Impf- und Boosterkampagne nun deutlich mehr Dynamik kommen müsse. Die Ärzte fühlen sich grundsätzlich vorbereitet, verweisen aber darauf, dass dafür natürlich Sprechstundenzeiten ausweiten müssten, weil auch die Zahl anderer Behandlungen derzeit saisonalbedingt deutlich zunehmen würde. Dr. Peter Kleeschulte, Leiter des Kreisgesundheitsamtes HSK, setzt auf die Impfbusse und wechselnde Tages-Angebote zum Beispiel in Schützenhallen. „Wir haben unterschiedliche Impfquoten innerhalb der Regionen des Kreises“, sagt er. Da müsse mobil und flexibel nachgebessert werden.
Aus Sicht von Dr. Heiner Decker, Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung im Bezirk Arnsberg, sei nun aber besonders wichtig, dass alle niedergelassenen Ärzte bei der Herausforderung des Impfens wieder mitziehen werden. Dann könne schon viel geschafft werden. Auch er hofft darauf, dass darüber hinaus Ärzte für unterstützende Impfangebote zu gewinnen seien.