Arnsberg. Doch viele Akten aus den Rathauskellern sind in einem schlimmen Zustand und müssen zeitaufwendig aufgearbeitet werden.

Wo früher in Hochzeiten der damaligen Deutschen Bundesbahn bis zu 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geschäftig wuselten und Güterwagen be- und entluden, da hält nun das „Gedächtnis“ der Stadt Arnsberg Einzug:

Der ehemalige Güterbahnhof Neheim-Hüsten wird – wie berichtet – zum Stadtarchiv. Der Umzug läuft seit 30. September und soll in etwa 14 Tagen abgeschlossen sein. „Vielleicht dauert es aber auch etwas länger,“ räumt Stadtarchivar Michael Gosmann vorsichtshalber ein.

Der Umfang der zum Umzug bestimmten Rathausakten beträgt 6,5 Regalkilometer

Der Umbau hat 2,38 Millionen Euro erfordert. Damit blieben die Architektinnen im Soll. Und sie haben durch geschickte Planung das Äußere des Güterbahnhofs erhalten.
Der Umbau hat 2,38 Millionen Euro erfordert. Damit blieben die Architektinnen im Soll. Und sie haben durch geschickte Planung das Äußere des Güterbahnhofs erhalten. © Achim Gieseke | Achim Gieseke

Immerhin: Der Umfang allein der zum Umzug bestimmten Rathausakten beträgt satte 6,5 Regalkilometer. Eine Strecke, für die eine Joggerin, ein Jogger bei mittlerem Lauftempo gut eine halbe Stunde unterwegs wäre.

Und diese Akten - beispielsweise aus dem Standesamt – werden derzeit aus allen Standorten der Stadtverwaltung von einem eigens damit betrauten Unternehmen abgeholt und in den alten Güterbahnhof transportiert.

Nämlich aus den Katakomben des Rathauses, aus dem alten Rathaus in Arnsberg, aus der Goethestraße, ein Teil aus dem Stadtarchiv im Kloster Wedinghausen und aus einem Depot in der Arnsberger Sauerstraße.

„Doch zum Glück haben wir hier massenhaft Platz“

Kein leichter Job für die Mitarbeiter des Transportunternehmens, denn Akten – schön und übersichtlich „gebündelt“ in großen blauen Kisten - wiegen schwer. Auch wenn deren Inhalt vom Gehalt mitunter manchmal eher leicht sein mag. „Doch zum Glück haben wir hier massenhaft Platz,“ so Gosmann.

Und das ist die eigentliche Überraschung für den unbedarften Beobachter: Wirkt der architektonisch besonders für Eisenbahnfans interessante Güterbahnhof in der Außenansicht eher klein, so bietet das Innere überraschend unendlich Raum. Raum, in dem nun ein Berg von Akten Platz finden kann.

Die nutzbare Gesamtfläche im alten Güterbahnhof betragt rund 1000 Quadratmeter

Für deren Unterbringung stehen insgesamt 800 Quadratmeter zur Verfügung – aufgeteilt in vier thematisch unterteilte Boxen von jeweils 200 Quadratmetern. Die nutzbare Gesamtfläche beträgt rund 1000 Quadratmeter. Dazu zählt auch ein Recherche-Bereich, den Verwaltung und Bürgerschaft nutzen können.

Zum Beispiel für die Suche in Haus- und Standesamtsakten. „In letzteren könnte man unter anderem in Erfahrung bringen, ob der Großvater mehr Kinder gezeugt hat, als bislang bekannt,“ schmunzelt der Archivar.

Michael Gosmann: „Wir Archivare sprechen da von kontaminierten Akten“

Doch wer annimmt, die Akten könnten unmittelbar nach Anlieferung im neuen Standort sofort in die entsprechenden Boxen beziehungsweise Regale eingeordnet werden, der irrt: „Viele Akten aus den Rathaus-Kellern befinden sich in einem katastrophalen Zustand. Wir Archivare sprechen da,“ sagt Gosmann, „von kontaminierten Akten, die zunächst einmal wieder für die Nutzung hergerichtet werden müssen.“

Eine Aufgabe, die Jahre erfordere. Oder, wie es Archiv-Mitarbeiter Nils Reinecke anschaulich erklärt: „Wer als Auszubildender hier mit der Aktenreinigung beginnt, der wird damit bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand beschäftigt sein, ohne dass diese Arbeit dann abgeschlossen ist.“

Da verwundert es auch nicht, dass sich eine der Archiv-Mitarbeiterinnen auf eben Aktenreinigung spezialisiert hat. Denn eben mal Staub wedeln, das geht da absolut nicht.

Verbleib der Förderkräfte im Stadtarchiv wäre wichtig auch für die Aufarbeitung

So ist, um alle Akten in einen angemessenen Zustand zu bringen, damit Verwaltung, Historiker und Hobbyhistoriker sowie Bürger mit diesen angemessen arbeiten können, ein großer Aufwand erforderlich.

„Deshalb kämpfen wir auch um die Verlängerung der Verträge der im Stadtarchiv beschäftigten Förderkräfte,“ sagt Michael Gosmann, „die immer nach zwei Jahren auslaufen. Denn diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden gerade auch für diese Arbeiten dringend benötigt.“

Das Stadtarchiv im Kloster Wedinghausen in Arnsberg bleibt weiter erhalten

Aber zunächst einmal muss der Umzug, den Archivmitarbeiterin Katharina Großmann seit Januar federführend mit organisiert hat, abgeschlossen werden. Und bis die letzte Akte im Güterbahnhof eingetroffen ist, wird noch viel Schweiß fließen. Auch der kostbare des Stadtarchivars.

Übrigens: Das Stadtarchiv im Kloster Wedinghausen bleibt erhalten. Dort lagern weitere 3,5 Kilometer historische Akten und Unterlagen.