Hachen. Die Bäcker haben ein schlechtes Image, aber ihre Brötchen will jeder gerne kaufen. Jetzt startet die Bäckerinnung eine Nachwuchs-Kampagne.

Bäckermeister Peter Junker (68) aus Hachen ist Obermeister der Bäckerinnung im HSK. In der vergangenen Woche haben er und noch weitere Kollegen eine Kampagne gestartet, um Nachwuchs in die Backstube zu bekommen. Unsere Redaktion sprach mit dem Experten über die Zukunft der Branche, über seine Erfahrungen sowie die Kampagne und ihre Ziele.

Wie sind Sie denn seinerzeit für den Bäckerberuf geworben worden?

Peter Junker sen.: Das lief damals ein wenig anders. Unser Betrieb ist vor gut 146 Jahren von meinem Urgroßvater Peter Junker gegründet worden, später wurde er von meinem Opa Julius und dann von meinem Vater Josef fortgeführt. Und ich trat dann in dessen Fußstapfen. Meine Söhne Peter und Benedikt, die fünfte Generation, sind inzwischen ja auch Bäckermeister. Die Bäckerei Junker an der Hachener Straße gehört heute zu den 20 ältesten Handwerksbetrieben im Hochsauerlandkreis. Aber heute läuft es eben anders als damals.

Wo sehen denn Sie als Obermeister die Gründe für den Mangel an Bewerbern im Bäckerhandwerk?

D

as beginnt damit, dass die ganz kleinen Betriebe keinen Nachwuchs mehr bekommen. Das erste Problem besteht darin, dass die Azubis nicht in den Betrieb vor Ort kommen. Wir sprechen jetzt nicht über Arnsberg, Sundern oder Hachen, es geht auch um Bereiche wie Schmallenberg, Medebach oder Teile von Brilon. Die Mobilität verbessert sich dann im zweiten und dritten Lehrjahr.

Wie viele Auszubildende haben Sie denn im HSK?

In den 44 Betrieben gibt es acht Azubis im ersten Lehrjahr, dazu kommen dann nochmals vier oder fünf im zweiten Berufsjahr und weitere acht im dritten Lehrjahr. Daraus ist erkennbar, dass längst nicht mehr alle Betriebe in unserem Innungsbereich ausbilden. Und am Ende entsteht daraus die Misere: Denn wer nicht ausbildet, hat dann am Ende auch keine Gesellen.

Was ist denn der Hauptgrund, warum die Jugendlichen heute nicht mehr ins Bäckerhandwerk wollen?

Wir haben ja die Sache analysiert und sehen, dass die meisten nicht richtig informiert sind. Denn der Bäcker hat nicht mehr den ganzen Tag den Arm im Teig, muss schwere Mehlsäcke schleppen oder muss nachts ganz früh aufstehen.

Sondern es ist wie?

Es geht heute mit maschineller und digitaler Unterstützung, trotzdem gibt es noch viele handwerkliche Tätigkeiten die von den Fachgesellen verrichtet werden. Nachts arbeiten muss nicht mehr jeder. Wir setzen da auf freie Entscheidung, denn in der Nacht wird abgebacken, dazu benötigen wir etwa zwei bis drei Personen. Am Tage wird dann mit zehn bis 12 Mitarbeitenden gearbeitet. Das kann jeder frei entscheiden. Wichtig ist uns zu sagen, dass es keine Schichtarbeit gibt.

Wo liegt der Fehler bei dem falschen Berufsbild?

Der moderne Bäckerberuf ist bei den Jugendlichen nicht in den Köpfen angekommen. Und auch bei den Eltern nicht. Das wollen wir mit der Kampagne jetzt ändern.

Was bieten Sie denn den Jugendlichen an?

Wir wollen zunächst mal die Kampagne auf allen Medien starten, also auch auf Facebook, Instagram und ähnlichen. Dazu haben wir einen Vier-Punkte-Plan in den 13 teilnehmenden Betrieben erarbeitet.

Und der setzt wo an?

Wir informieren zunächst. Und dann heben wir die Vergütung an, um 150 Euro im Monat. Dazu bieten wir

Ausbildungskampagne „frisch gebackene Azubis“ wirbt mit solchen Botschaften. der Bäcker-Innung gestartet    
Ausbildungskampagne „frisch gebackene Azubis“ wirbt mit solchen Botschaften. der Bäcker-Innung gestartet     © Bäckerinnung HSK

vier mal im Jahr einen Schulungstag, der sich mit privaten und beruflichen Bereich beschäftigt, etwa dem Bankenwesen. Dazu kommen vier überbetriebliche Unterweisungstage, und das an Arbeitstagen. Dabei geht es um Vorbereitungskurse an der Bäckerfachschule Olpe vor den Prüfungen. Letztlich unterstützen wir bei weiteren Karriereschritten, wie Zusatzausbildungen, Seminaren und der Meisterprüfung.

Betrifft das nur die Bäcker?

Nein, das gilt auch für die Verkäuferinnen. Denn auch dort schwinden die Arbeitskräfte. So haben wir während Corona viele Mitarbeiterinnen verloren. Die Kehrseite ist, dass wir bei uns einige Filialen am Nachmittag wegen des Personalmangels nicht öffnen können. Und am Sonntag machen meine Frau und ich die Produktion allein.

Wie lange soll die Kampagne denn laufen?

Wir wissen, dass das nicht in einigen Monaten zünden kann, auch nicht nach einem Jahr. Obwohl wir uns vorstellen, dass für das Ausbildungsjahr 2022 die ersten Erfolge zu sehen sind. Aber wir rechnen mit einer Laufzeit von drei bis vier Jahren. Das scheint ein gutes Konzept zu sein, denn das Land fand die Kampagne gut und beteiligt sich an der Finanzierung mit 50 Prozent.

Was ist denn für Sie das Schönste an diesem Beruf?

Das ist ganz klar die Vielfältigkeit. Wir produzieren so viel Saison-Gebäcke, aller zwei Monate gibt es einen Wechsel. Und bei den Verkäuferinnen gilt, dass sie mit Menschen zu tun haben. Den Käufern werden wechselnde Angebote präsentiert. Das wird nie langweilig.

Gehen Sie denn noch gern in die Backstube?

Ganz eindeutig ja, es macht mir immer noch Spaß. Aber bei den administrativen Dingen bin ich langsam auf dem Rückmarsch.

Und wie ist es mit dem Freundeskreis?

Ich habe seit vielen Jahrzehnten dienstags Stammtisch. Mit zunehmendem Alter sind mir die Kollegen entgegengekommen und wir tagen immer früher, bereits um 18 Uhr.