Neheim. An der Neheimer Möhnestraße begann der Abriss der Dreiblitz-Gebäudes. Wohnungen, Geschäfte und Büros könnten dort in einem Neubau entstehen
In den nächsten Wochen verschwindet an der Neheimer Möhnestraße der langgezogene Gebäudekomplex des früheren Leuchten-Großhandelsunternehmens Neheimer Metallindustrie (NMI), das den „Dreiblitz“ als Markenzeichen führte.
Bereits seit einigen Tagen führen Mitarbeiter der Firma Driller vorbereitende Arbeiten im Innern der Gewerbe-Immobilie durch. Am 23. Februar, wurde auch ein äußeres Zeichen gesetzt: Die Außenverkleidung an der östlichen Gebäudeseite wurde abgerissen.
Architektenpläne haben Bestand
Auf dem großen Grundstück, das der Müscheder Unternehmer Carlo Cronenberg als Privatmann bereits 2014 erwarb, ist ein Neubaukomplex geplant, in dem Wohnungen, Einzelhandelsgeschäfte, Gastronomie und Büros entstehen könnten. Die genaue Immobilien-Nutzung steht aber noch nicht fest. „Der Ankermieter fehlt noch. Deshalb kann ich auch noch nicht sagen, wann die Arbeiten für den geplanten Neubau beginnen“, sagt Carlo Cronenberg, der grundsätzlich an den bereits Ende 2017 vorgestellten Architektenplänen des Büros Banz + Riecks festhalten will.
Den jetzigen Abriss des alten Dreiblitz-Hauses nimmt unsere Zeitung zum Anlass, an die Geschichte des früheren Leuchtenunternehmens Neheimer Metallindustrie (NMI) zu erinnern. NMI als Leuchtenhandelshaus ist eng mit der Geschichte des damals ebenfalls an der Neheimer Möhnestraße ansässigen Leuchtenherstellers Gebrüder Kaiser verbunden. Beide Betriebe gehören zur Neheimer Industriellenfamilie Kaiser. Der heute 87-jährige, auf Bergheim wohnende Wilhelm Kaiser war der letzte Geschäftsführer und Inhaber des Unternehmens NMI/Dreiblitz, das den Betrieb im Jahr 1992 einstellte. Wilhelm Kaisers Großvater Hermann Kaiser war im Jahr 1895 Mitgründer der Leuchtenfirma Gebrüder Kaiser und 1908 gründete Hermann Kaiser zusammen mit einem Kompagnon das Unternehmen „Neheimer Metallindustrie“, das sich anfangs auf die Produktion von Schaltern, Fassungen und Nippeln konzentrierte. Erster Standort von NMI war ein Fabrikgebäude an der „Dicken Hecke“ in Neheim, vormals Kronos Lackfabrik.
Zahlreiche zwischenzeitliche Nutzungen
Nach der 1992 erfolgten Einstellung des NMI-Betriebs wurde der Gebäudekomplex später an den heimischen Bauunternehmer Ernst Braun verkauft, der die Flächen vermietete.
Zu den Mietern gehörte zwischenzeitlich zum Beispiel die radiologische Praxis Tebbe, woraus später ein „radprax“-Betrieb wurde, der heute an der Langen Wende in Neheim ansässig ist. Im Dreiblitzhaus waren früher „Industriebedarf Blumenbecker“, ein Küchenstudio und auch mal ein Billard-Salon ansässig.
Der Neheimer IT-Dienstleister Gonicus, der am 26. Januar 2001 gegründet wurde und in diesem Jahr das 20-jährige Bestehen feiert, war in seinen Anfangsjahren in Büros des Dreiblitz-Gebäudes ansässig. Ende 2012 zog Gonicus vom Dreiblitzhaus ins Neheimer Kaiserhaus um, wo sich der Betrieb deutlich erweiterte und auch heute ansässig ist.
Bei den Ausführungen zur NMI-Historie stützt sich unsere Zeitung auch auf Angaben des Heimatforschers Reiner Ahlborn, der im Heft Nr. 64 des Heimatbundes Neheim-Hüsten („Möhnestraße im Wandel“) die NMI-Historie beschreibt.
1913 zog NMI an die Möhnestraße 13 um. Dort befand sich die ehemalige Polsternagelfabrik von Gottlieb Tappe. Dieses Gebäude ließ Kaiser umbauen. Da nach dem Ersten Weltkrieg die Rohstoffbeschaffung schwierig war, wandelte sich NMI mehr zu einer Handels- und Montagefirma. Nachdem Hermann Kaiser 1925 die Geschäftsführung an Willi Kaiser (den Vater des heute 87-jährigen Bergheimers Wilhelm Kaiser) übertragen hatte, wurde im linken Seitenflügel des NMI-Gebäudes ab 1926 eine große Verkaufsausstellung für Beleuchtungskörper eingerichtet.
Hier wurden aber nicht nur Leuchten aus dem Hause Gebr. Kaiser, sondern auch Leuchten von Mitbewerbern gezeigt. Diese Leuchtenschau kam bei den Kunden so gut an, dass im Oktober 1932 der Musterraum auf 300 Quadratmeter erweitert wurde. Außerdem wurde an der Gebäudefassade, die sich längs der Möhnestraße befand, ein 5,5 Meter großes Schaufenster mit Blick auf den 40 Meter langen Ausstellungsraum geschaffen.
Es gibt noch sehr alte Bausubstanz
Zum 50-jährigen NMI-Jubiläum im Jahr 1958 wurde das bisher zweigeschossige Gebäude um ein weiteres Geschoss aufgestockt, und zusätzlich wurde ein fünfgeschossiges Bürogebäude errichtet. „Das von meinem Großvater, an der Möhnestraße 13 erworbene Gebäude fiel den Um- und Erweiterungsarbeiten aber nie gänzlich zum Opfer. Deshalb wird man bei den Abrissarbeiten auch noch sehr alte Gebäudesubstanz finden“, betont der 87-jährige Alt-Unternehmer, der Ende der 1960er Jahre - als sein Vater starb - den NMI-Betrieb übernahm.
NMI stellte Ende 1992 den Betrieb ein
Wilhelm Kaiser führte die Firma bis Ende 1992. „In meiner Zeit zählte NMI rund 50 Mitarbeiter, und wir standen in Kontakt mit rund 200 Lieferanten aus dem heimischen und überregionalen Raum“, erinnert sich Wilhelm Kaiser im Gespräch mit unserer Zeitung.
NMI lieferte Technische Leuchten, Wohnraumleuchten und Elektro-Material an den Fachhandel und den Fachgroßhandel.
Im Heft Nr. 64 des Heimatbundes Neheim-Hüsten findet sich die Kopie eines Zeitungsartikels von September 1983, der die festlich gestaltete Hausmesse anlässlich des 75-jährigen Bestehens der Firma Neheimer Metallindustrie (NMI) mit Markenzeichen Dreiblitz thematisiert.
Mehrere Tausend Leuchten ausgestellt
Hierin heißt es: „In fünf regional aufgeteilten Gebieten betreut NMI mehr als 800 Leuchtenfachgeschäfte durch Reisende der Firma. Neben diesem Vertriebsweg bietet das wohl größte und vielseitigste Leuchtenangebot in der Leuchtenstadt Neheim dem interessierten Käufer in den Ausstellungsräumen der Firma die Möglichkeit, unter mehreren Tausend Wohnraumleuchten das Geeignete zu finden.“
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