Neheim. Ob Pilates oder Hanteltraining: Das Fitnessstudio „Friends“ in Neheim setzt in der Corona-Krise auf Onlinekurse für die Mitglieder.
Wochenlang bleiben die Umkleidekabinen leer im Neheimer Fitnessstudio „Friends“ – der zweite Lockdown bedeutet für die Freizeitsportler dort trotzdem keinen Stillstand. Denn das Team startet wie schon im Frühjahr wieder eine Art virtuelles Fitnessstudio: Per Livestream bringen die Fitnesstrainer regelmäßig Bewegung in die Wohn- und Arbeitszimmer der Mitglieder.
Pilates, Fitness-Mix und Langhantel-Training zum Beispiel unterrichten sie zu verschiedenen Zeiten live. Ein Trainer gibt Anweisungen, ein anderer hat auf dem Bildschirm die Sportler im Blick und kann gegebenenfalls deren Haltung korrigieren. Die Kursteilnehmer können so zuhause trainieren und sehen dabei bekannte Gesichter.
Pilates, Fitness und mehr Angebote im Netz
„Es ist viel familiärer, als wenn jemand Fremdes einem Anweisungen gibt“, ist Studio-Inhaberin Stefanie Plümper-Little überzeugt. Die Online-Kurse seien bereits während der Schließung im Frühjahr gut angekommen bei den Mitgliedern – und sie zu halten ist für Studiobetreiber in diesem Jahr das Wichtigste. „Wir hatten während der Zeit eine sehr gute Kundenbindung“, so Plümper-Little.
Die Live-Kurse sind den Mitgliedern vorbehalten und können nur mit entsprechendem Link beziehungsweise Passwort genutzt werden, einige Einheiten sind aber auch frei auf Youtube zugänglich, zum Beispiel Übungen zur Lockerung der Nacken- und Schulterpartie. Das Video ist bisher besonders oft angeklickt worden. „Viele Leute, die im Homeoffice arbeiten, leiden unter Verspannungen“, sagt Plümper-Little. Gerade in dieser Zeit sei Bewegung daher sehr wichtig, wenn auch nicht vor Ort im Studio. Sofort nach Bekanntwerden der erneuten Schließung konnten die Trainer das Online-Angebot starten. „Wir haben im ersten Lockdown schon 70 Videos gedreht, davon profitieren wir jetzt“, sagt Plümper-Little.
Die Mitglieder haben zudem die Möglichkeit, das nötige Equipment auszuleihen. Für Pilates reicht eine eigene Gymnastikmatte und Anfänger können statt einer Langhantel auch erst einmal mit einem Besenstiel trainieren. Für einige Kurse und vor allem das Krafttraining mit Gewichten braucht es aber zusätzliche Ausrüstung. Und da die im Studio aktuell ohnehin nur rumstehen würde, kann sie auch ausgeliehen werden.
Anne-Kathrin Sommer aus Müschede zum Beispiel holt ein Steppbrett ab und verlädt es in den Kofferraum. „Ich bin gespannt, wie das Training zuhause funktioniert“, sagt sie. „Auf jeden Fall hat es den Vorteil, dass ich flexibel zu verschiedenen Zeiten trainieren kann.“ Für die dreifache Mutter ein Pluspunkt der eigentlichen Notlösung.
Tipp: Spaziergänge
In Bewegung zu bleiben stärkt auch das Immunsystem – und das ist gerade in Corona-Zeiten eine wichtige Präventionsmaßnahme.
Doch Freizeitsportler sollten auf ein gemäßigtes Ausdauertraining setzen, eine Überforderung des eigenen Körpers kann nämlich kontraproduktiv sein und das Immunsystem sogar anfälliger machen.
Trainerin Stefanie Plümper-Little rät zu regelmäßiger Bewegung an der frischen Luft, idealerweise bei Tageslicht.
„Spazierengehen ist das Non-Plus-Ultra für die Gesundheit“, sagt sie.
Wer dreimal pro Woche eine Stunde stramm spazieren gehe und dabei die Arme mitnehme, tue seiner Fitness viel Gutes.
Erst wenn das gut klappe, könne man in Intervallen auch joggen, jeweils eine Minute und dann wieder eine Minute zügig gehen. Mit steigendem Fitnesslevel könne man die Intervalle des Joggens dann nach und nach um jeweils 30 Sekunden verlängern.
Und auch der Neheimer Kai Stiefermann freut sich über diesen Service. Er holt Gewichte ab, um in den kommenden Wochen auf dem eigenen Dachboden ein kleines Studio einrichten zu können. „Ich trainiere normalerweise in meiner Mittagspause. Nach Feierabend joggen zu gehen ist in der dunklen Jahreszeit nicht wirklich eine Alternative“. Dass er dem Team als Kunde auch in der Krise treu bleibt, ist für ihn keine Frage. „Mich erschüttert es, dass die Betriebe wieder schließen mussten“, sagt er. „Die Hygienevorschriften wurden auf hohem Niveau umgesetzt.“
Herausforderungen der Zukunft für Fitnessstudios
Die Loyalität der Mitglieder ist das, was Plümper-Little Hoffnung macht. Sie ist dankbar dafür, dass die Mitgliederzahlen bisher stabil geblieben seien, während viele Kollegen in der Branche einen Rückgang um 25 Prozent berichteten. Einen Teil ihres Teams musste auch sie erneut in Kurzarbeit schicken und auch die Soforthilfen des Bundes seien dringend nötig gewesen – doch trotz dieser Einschnitte ist sie davon überzeugt, den Betrieb gut durch die Krise führen zu können. Dazu gehören neben dem Fitnessstudio auch Physio- und Kältetherapie sowie Rehasport. Insgesamt 25 Mitarbeiter gehören dazu.
Trotzdem fürchtet Plümper-Little, dass die Pandemie in der gesamten Branche Spuren hinterlassen wird, die noch lange danach Auswirkungen haben werden. „Ich sehe für die Zukunft die große Herausforderung darin, neue Mitgliedschaften abzuschließen, das gilt für Fitnessstudios genauso wie für Sportvereine“, meint Plümper-Little. „Wir werden alle umdenken müssen.“ Denn viele Freizeitsportler würden bereits jetzt scheuen, sich festzulegen, aus der Sorge heraus, dass die Studios erneut schließen müssen.
Eine Antwort auf dieses Dilemma könnten die Online-Angebote sein. Das Neheimer Studio hat sie auch über den Sommer hinweg aufrechterhalten. Für diejenigen, die Kontakte reduzieren wollten und auch für Urlauber.