Arnsberg. Dehoga-Präsident Dietmar Wosberg hat auch den Dezember bereits abgeschrieben. „Das wird ein toter Monat.“

Sie haben alles versucht.

Sich im ersten Lockdown im Frühjahr mit Außer-Haus-Verkäufen über Wasser gehalten, dann nach der Lockerung akribisch die Corona-Hygieneregeln eingehalten und sich nun mit Ende der ebenfalls verhaltenen Biergarten-Saison mit teueren Gerätschaften wie Belüftern oder Heizpilzen ausgerüstet, um irgendwie durch den nahenden Winter zu kommen: die heimischen Gastronomen.

Vergeblich. Nun ist mit dem zweiten Lockdown die Existenz mancher Betriebe gefährdet. Es geht, wie berichtet, teils sogar ums nackte Überleben.

Wosberg: „Da müssen wir erst einmal abwarten, was da konkret kommen wird“

Doch könnte in der Ankündigung der Bund-Länder-Konferenz, den Gastronomie-Betrieben 75 Prozent des Umsatzes aus November 2019 als einmalige Unterstützungszahlung zu gewähren, eine Chance liegen?

„Das hört sich gut an, aber da müssen wir erst einmal abwarten, was da konkret kommen wird,“ sagt der Arnsberger Gastronom und westfälische Dehoga-Präsident Dietmar Wosberg. Euphorie jedenfalls sei hier fehl am Platz. „Denn die Spielregeln dieser Maßnahme sind uns bislang nicht bekannt.“

„Die Leute werden nicht sofort wieder in Scharen in die Lokale rennen“

Keine Hoffnung hat Wosberg dagegen, dass die Bund-Länder-Konferenz zur Halbzeit des neuerlichen Lockdowns Mitte November bei der angekündigten Prüfung der Wirksamkeit der neuen Regelungen die Gastronomie wieder herausnehmen könnte. „Da dürfen wir uns nichts vormachen, denn die Zahl der Infizierten wird nun trotz der Betriebsschließungen weiter steigen.“

Warum? „Weil sich unter anderen viele Menschen zum Feiern ins Private zurückziehen und sich dabei nicht an die Regeln halten werden.“ Was sich ebenso wie das Verhalten der wenigen schwarzen Schafe in den eigenen Reihen auf die Infizierten-Zahl niederschlagen werde.

„Auch das fällt indirekt auf die Gastronomie zurück.“ Durch das Beibehalten der Schließungsverfügung. Und selbst, wenn die Betriebe Mitte November wieder öffnen dürften, „dann werden die Leute nicht sofort in Scharen in die Lokale rennen, weil sie durch die hohe Infektionsrate verunsichert sind.“

„Manche Kollegen vor Ort haben sogar schon ihre Lebensversicherung eingesetzt“

Weiter extrem erschwerend für die wirtschaftliche Situation: „Der Dezember ist ebenfalls tot,“ so Dietmar Wosberg, bei dem sich die Anrufe besorgter Kollegen stündlich steigern. „Und das ist normalerweise durch die vielen vor Corona üblichen Weihnachtsfeiern einer der stärksten, wenn nicht der umsatzstärkste Monat für uns Gastronomen.“

Hinzu komme, dass die Reserven in der Gastronomie bedingt durch das schwierige Corona-Jahr bereits aufgebraucht seien. „Da ist nichts mehr. Manche Kollegen vor Ort haben sogar schon ihre Lebensversicherung eingesetzt.“

Dietmar Wosberg: Auch die Zulieferer-Betrieb sind vom Lockdown betroffen

Zugleich aber geht Wosbergs Blick noch weiter in die Tiefe. „Denn wir dürfen nicht vergessen, dass es für die Gastronomie Zulieferer-Unternehmen gibt, die ebenfalls vom Lockdown betroffen sein werden.“

Wie die Bäckereien und Metzgereien in Arnsberg und Umgebung, die die Gaststätten mit Back- und Fleischwaren versorgen würden. „Das hängt alles zusammen.“

Bürger weisen in Sozialen Medien auf die Bedeutung der Gastronomie hin

Die Resonanz in der Arnsberger Öffentlichkeit übrigens auf die Schließung der Gastronomie - wie vor allem den Sozialen Medien zu entnehmen ist - ist verheerend, weil das Verständnis für diesen Schritt fehlt.

Gerade die Gastronomie, so der Tenor, habe sich ganz besonders an die strengen Hygienevorschriften gehalten. Und diese Betriebe seien nicht nur ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor, sondern für die Attraktivität Arnsbergs und der Altstadt gerade für auswärtige Besucher unverzichtbar.

Arndt Gaube: Hier wurde Geld im wahrsten Sinne des Wortes verbrannt

Auf den Punkt gebracht hat dies auf unserer Facebook-Seite Arndt Gaube. Er schreibt:

„Was mich besonders entsetzt ist, dass alle, die in der Gastronomie tätig sind und in den letzten Wochen und Monaten keine Kosten und Mühen gescheut haben, durch massive Investitionen allen Regeln und Gesetzen gerecht zu werden, nun auf diese Art und Weise bestraft werden. Es gibt Restaurants und Hotels, die haben für Hygienekonzepte abertausende Euro in die Hand genommen - und nun war alles dafür umsonst. Das ist betriebs- und volkswirtschaftlich eine absolute Katastrophe. Hier wurde Geld ausgegeben, welches nun im wahrsten Sinne des Wortes verbrannt ist.“

Finanzamt soll Investitionen für alle Hygienemaßnahmen rückerstatten

Mit finanziellen Hilfen und möglichen Steuervorteilen, so Gaube weiter, sei es hier nicht getan. „Ich kann mir doch nicht Luftreinigungsgeräte für mehrere tausend Euro anschaffen und dann kommt das Finanzamt und teilt mir mit, dass ich die Kosten dieser Geräte über 10 Jahre abschreiben muss.“

Vielmehr solle der Staat unter diesen Umständen sämtliche Investitionskosten, die die Gastronomie seit März des Jahres für Hygienemaßnahmen getätigt habe, ausnahmslos auf Nachweis rückerstatten. „Das wäre zumindest ein erster Schritt.“