Arnsberg/Neheim. Dehoga-Experte Dietmar Wosberg sieht ohne staatliche Hilfen die Existenz der Branche extrem bedroht.

„Das schaffen wir nicht mehr. Die Gastronomie braucht jetzt staatliche Hilfe, sonst bricht dieser Teil unserer Kultur für lange Zeit weg.“

Dietmar Wosberg, Gastronom in Arnsberg und Chef des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) Westfalen, zeigt sich in einer ersten Reaktion über den von der Bund-Länder-Konferenz am Mittwoch mit Wirkung ab 2. November verhängten und für einen Monat geltenden zweiten Lockdown für die Gastronomie entsetzt.

Hygienekonzept der Gastronomie vom Robert-Koch-Institut hoch gelobt

„Wir Gastronomen sind schließlich ein Teil der Lösung und nicht das Problem,“ kann Wosberg diese politische Entscheidung nicht verstehen. Denn die Gastronomie habe zur Eindämmung der Pandemie das Beste beigesteuert: „Nämlich ein ausgezeichnetes und sogar vom Robert-Koch-Institut (RKI) hoch gelobtes Hygienekonzept.“ So habe das RKI auch immer wieder erklärt, dass durch das vorbildliche Verhalten in der Gastronomie die niedrigste Infektionsrate zu verzeichnen sei.

„Natürlich gibt es - wie überall - auch in unserer Branche einige schwarze Schafe, aber überwältigende 95 Prozent der Betriebe haben sich absolut an die Auflagen und Hygienevorschriften gehalten,“ so Wosberg. „Die Hygienemängel liegen dagegen im privaten Bereich.“

Dietmar Wosberg: „Ohne staatliche Hilfe schaffen wir das nicht mehr“

Werde dieser Lockdown umgesetzt, nimmt Dietmar Wosberg kein Blatt vor den Mund, „sind wir Gastronomen wirtschaftlich in der Uhr“. Weil niemand mehr in der Branche nach dem Lockdown im Frühjahr finanzielle Reserven habe. Auch mit dem Außer-Haus-Verkauf in dieser Zeit sei kein Geld verdient worden. „Das war eher ein Dankeschön für unsere und von unseren Kunden.“

Doch nun werde ein kompletter Wirtschaftszweig per Federstrich in die Wüste geschickt. Denn: „Um die kalte Jahreszeit zu überbrücken, haben viele Betriebe Belüftungsautomaten, Heizstrahler und wie auch hier in Arnsberg Zelte angeschafft. Das alles hat Geld gekostet.“ Und genau in diese Situation knalle der neuerliche Lockdown hinein. „Ohne staatliche Hilfe schaffen wir das nicht mehr.“ Denn auch das Weihnachtsgeschäft falle weg.

Bianca Proetel: „Ich gehe davon aus, dass ich das nicht überleben werde“

Was auch Bianca Proetel, Betreiberin des „Cheers“ am Alten Markt in Arnsberg, so sieht: „Die Entscheidung ist Schwachsinn. Wir halten alle Hygieneregeln ein und jetzt werden durch die Schließungen vor allem die jugendlichen Gäste in den privaten Bereich gedrängt.“ Und ob dort auf Hygiene geachtet werde, sei sehr zu bezweifeln.

„Das ist einfach nur traurig. Ich jedenfalls gehe davon aus, dass ich das mit meinem Betrieb nicht überleben werde.“

Peter Sachnik: „Wir brauchen ein Ziel, ein Licht am Ende des Tunnels“

Die erneute Schließung hatte Peter Sachnik, Geschäftsführer des R-Cafés in Neheim, kommen sehen und eine Umsatzausfall-Versicherung abgeschlossen. Die greift jedoch nur im Falle von Einzelverfügungen, nicht jetzt. „Es gibt keine bezahlbare Versicherung, die gegen das absichert, was jetzt eintritt.“ „Wir werden im November wohl wieder in Kurzarbeit gehen müssen und hoffen auf staatliche Hilfen.“

Am Wochenende werden er und sein Team noch zu den gewohnten Öffnungszeiten für die Gäste da sein. Ob er erneut einen Außer-Haus-Verkauf anbieten wird, sei noch nicht entschieden. Allerdings habe der sich wirtschaftlich schon im Frühjahr nicht gelohnt und jetzt in der kalten Zeit erwartet Sachnik da noch weniger Umsatz.

Das Team im R-Café hält sich nun an der Aussicht fest, dass die Schließung nur den November betreffen wird: „Wir brauchen ein Ziel, ein Licht am Ende des Tunnels.“