Arnsberg. Die Frauenberatung und das Frauenhaus in Arnsberg bekommen nach dem Lockdown viele Anrufe von Hilfesuchenden.
Zum Beginn des Lockdowns gab es viele Befürchtungen, wie sich die Gewaltbereitschaft entwickeln würde, wenn Familien viel zu Hause bleiben müssten. Denn: Soziale Kontakte, Freizeitangebote und Arbeit sind alles Faktoren, die das Gewaltpotential mindern. All das fiel zwischenzeitlich fast gänzlich weg.
Lena Baader von der Frauenberatung in Arnsberg erklärt, dass die Meldung von Gewalt an Frauen, ob nun physisch, psychisch oder sexuell, zunächst nicht gestiegen sei. Der Grund dafür: „Viele Frauen haben durchgehalten. Sie wussten nicht, wo der Mann unterkommen soll, wenn die Polizei einen Wohnungsverweis ausspricht.“ Viele der Frauen wussten aber auch, dass die Frauenhäuser bereits besetzt waren, deshalb warteten sie - teilweise mit ihren Kindern - auf die Lockerungen, um sich dann bei den Stellen zu melden.
„Die Anrufe schossen explosionsartig in die Höhe“, erzählt Larissa Braun von dem Frauenhaus in Arnsberg. Sobald die Lockerungen kamen gingen mehr Anrufe ein, als sie jemals mitbekommen hatte. Sie vermutet, dass die Frauen erst dann die Möglichkeit hatten, sich wieder zu melden. „Wenn der Mann den ganzen Tag zu Hause ist, kann man nicht einfach das Telefon nehmen und bei einer Beratungsstelle anrufen“. Um diesen Fällen entgegenzuwirken wurde viel Öffentlichkeitsarbeit vom Frauenhaus und der Frauenberatungsstelle betrieben.
Plakataktion mit den Apotheken in Arnsberg
Dazu gehörte eine Plakataktion in Zusammenarbeit mit den umliegenden Apotheken. Dort wurde dazu aufgerufen, um Hilfe zu bitten, wenn man Opfer häuslicher Gewalt sei. Das Frauenhaus und die Frauenberatung haben dafür Informationsmaterialien an die Apotheken geschickt, um betroffene Frauen besser erreichen können.
Auch Ärzten und anderen Stellen wurden Informationen zugeschickt, so dass es möglichst viele Anlaufstellen für Frauen und Jugendliche gibt. „Häusliche Gewalt ist immer noch ein Tabu-Thema und es ist wirklich wichtig, dass wir Frauen ermutigen können Gewalt nicht mehr zu verheimlichen. Niemand hat so etwas verdient“, bekräftigt Lena Baader und ermutigt Frauen, für sich und ihren Schutz einzustehen.
Larissa Braun erkennt die Problematik recht schnell: überfüllte Frauenhäuser und eine erschwerte Betreuungssituation durch die Einhaltung der Hygienevorschriften. Natürlich halte man sich daran, das Problem sei, dass die Arbeit normalerweise auf der Nähe zu den Menschen beruht. Hinzu kommt der Mangel an freien Plätzen. Oft seien die Frauen sogar dazu gezwungen in ein Frauenhaus in einem anderen Bundesland zu gehen, da in der Umgebung keine Plätze mehr frei seien.
Aber Braun und Baader sind positiv gestimmt. Sollte es einen zweiten Lockdown und erneute Einschränkungen geben, seien die Stellen darauf vorbereitet. Sie hoffen, dass mehr Frauen den Weg zur Hilfe finden und sich dort melden. „Auch während eines Lockdowns schützen wir die Frauen“, erzählt Lena Baader, denn es sei immer möglich zu helfen.
Eindeutig kann der Verein „Frauen helfen Frauen“ jedoch nicht einschätzen, ob es erneut einen Anstieg geben wird. Es liegen noch keine Studien über Fälle häuslicher Gewalt in Corona-Zeiten vor. In jedem Fall betonen alle Mitglieder und Mitarbeiterinnen des Vereins, dass sie gut vorbereitet seien und sich niemand davor scheuen müsse, sich im Frauenhaus oder bei der Frauenberatung zu melden.