Hüsten. Reiner Ahlborn hat eine umfassende Chronik der Hüstener Kirmes verfasst. Neben Jahrmarkt und Tierschau gab es fast 40 Jahre auch ein Pferderennen.

Die Historie der Hüstener Kirmes ist erstmals in Buchform umfassend beschrieben worden: Der Heimatforscher Reiner Ahlborn hat in dreijähriger Arbeit Dokumente, Anekdoten, Zeitungsartikel, Fotos, Postkarten und weitere Archivalien zusammengetragen und daraus eine 180-seitige, reichlich bebilderte Chronik verfasst, die jetzt vom Heimatbund Neheim-Hüsten als Sonderdruck innerhalb der Publikationsreihe „An Möhne, Röhr und Ruhr“ herausgegeben wurde.

Heimatforscher Reiner Ahlborn hat das erste umfassende Buch über die Hüstener Kirmes geschrieben. Bisher gab es nur einzelne Beiträge von früheren Heimatforschern.
Heimatforscher Reiner Ahlborn hat das erste umfassende Buch über die Hüstener Kirmes geschrieben. Bisher gab es nur einzelne Beiträge von früheren Heimatforschern. © Martin Schwarz | Martin Schwarz

Der öffentliche Verkauf des Buchs startet am Freitag, 11. September, von 18 bis 20 Uhr auf dem Hüstener Marktplatz vor der Petrikirche. Denn dort wird am Freitag die Hüstener Kirmesgesellschaft den traditionellen Kirmeshahn aufsetzen, auch wenn in diesem Jahr die Hüstener Kirmes wegen der Corona-Pandemie abgesagt wurde.

5000 Zuschauer bei Pferderennen in Hüsten

Der 65-jährige Buchautor nennt sein Werk „Das Kirmesbuch - Tierschau, Jahrmarkt und Pferderennen in Hüsten“. Beim Begriff „Pferderennen“ könnten manche Leser zunächst stutzig werden, denn ein Pferderennen gibt es schon lange nicht mehr bei der Hüstener Kirmes. In seinem Buch erinnert Ahlborn an die Geschichte der Hüstener Pferderennen, die es von 1876 bis 1914 zeitgleich zur Hüstener Kirmes gab.

Volksbelustigung: Ackergäule als Rennpferde

„Die Pferde waren damals meist keine besonderen Rennpferde, sondern Ackergäule. Die Rennen dienten eher der Volksbelustigung. Viele der 5000 Zuschauer, die zu einem Pferderennen kamen, fragten sich: Schafft es der Reiter auf dem 4500 Meter langen Rundkurs ins Ziel oder wird er abgeworfen?“, schmunzelt Ahlborn bei der Vorstellung des Buchs. Zunächst fanden die Pferderennen ab 1876 auf Gemeindewiesen an der Ruhr in Hüsten statt. Als es Ärger mit den Viehhaltern gab, wurden die Rennen „auf die Klosfuhr“ verlagert. Auf diesem Areal befinden sich heute das Freizeitbad Nass und das Stadion „Große Wiese“.

1921 befand sich die Hüstener Kirmes noch auf dem westlichen Teil der Riggenweide, wo sich heute die Polizeiwache befindet. Später ist die Kirmes  auf den östlichen Teil der Riggenweide umgezogen.
1921 befand sich die Hüstener Kirmes noch auf dem westlichen Teil der Riggenweide, wo sich heute die Polizeiwache befindet. Später ist die Kirmes  auf den östlichen Teil der Riggenweide umgezogen. © Heimatbund Neheim-Hüsten | Heimatbund Neheim-Hüsten

Der Pferderennsport in Hüsten hat eng mit der Herdringer Familie von Fürstenberg zu tun. Die Adelsfamilie konnte den Engländer Robert Twiddy als erfolgreichen Jockey und Stallmeister verpflichten. Der Landwirtschaftliche Lokalverein Hüsten, der seit 1876 die Hüstener Kirmes mit Tierschau und Jahrmarkt ausrichtete, griff auf die Dienste Twiddys zurück. Twiddy kümmerte sich um die Ausgestaltung der Pferderennbahn für Jagd- und Hindernisrennen. Der 1914 beginnende Erste Weltkrieg beendete in Hüsten die Tradition der Pferderennen. Auch nach Kriegsende wurde die Renntradition nicht fortgesetzt.

Erste Kirmes-Erwähnung im Jahr 1774

Ahlborns Kirmes-Chronik reicht von den Anfängen der Kirmes bis in die heutige Zeit. Der Autor fand keinen dokumentierten Beweis (Urkundenerwähnung oder ähnliches aus dem Mittelalter) dafür, dass es die Hüstener Kirmes schon seit über 1000 Jahren gibt, womit die Hüstener Kirmesgesellschaft auf Fahnen gern wirbt. Ahlborn fand aber auch keinen Beweis, dass das über 1000-jährige Alter nicht stimmt. „Die Frage, wie lange es die Hüstener Kirmes schon gibt, bleibt offen“, so Ahlborn. Der Heimatforscher geht davon aus, dass die Hüstener Kirmes auf einem mittelalterlichen Viehmarkt gründete - wie dies für viele andere Jahrmärkte in der Umgebung gilt. Bei seinen Recherchen fand Ahlborn als erstmalige schriftliche Erwähnung eines Jahrmarktes in Hüsten einen Eintrag im kurkölnischen Staats- und Landkalender für das Jahr 1774. Aus dem Jahr 1841 stammt die erste schriftliche Erwähnung einer Tierschau in Hüsten.

Hüstener gründen eigenen Verein

Das Jahr 1876 war für die Geschichte der Hüstener Kirmes auch sehr bedeutsam, weil am 9. Juni 1876 die „Hüstener Fraktion“ aus dem Landwirtschaftlichen Kreisverein Arnsberg austrat, dann am 18. September 1876 einen eigenen Landwirtschaftlichen Lokalverein Hüsten gründete und dann in eigener Regie eine Tierschau mit Jahrmarkt und Pferderennen ausrichtete. Hintergrund des Streits war der Antrag von Neheimer Mitgliedern im Kreisverein, die Tierschau ab 1876 stets in Neheim stattfinden zu lassen (1875 war sie erstmals nach Neheim vergeben worden). Einen Dauerstandort Neheim lehnten die Hüstener aber ab. „So wird schon damals die enge Verbindung der Hüstener zu ihrem Jahrmarkt mit Tierschau deutlich. Das ist im Laufe der Jahrzehnte immer stärker gewachsen. Die Hüstener Kirmes bildet heute ein wesentliches Merkmal der Hüstener Identität“, sagt Ahlborn, der auf dem Mühlenberg an der Gemarkungsgrenze zwischen Hüsten und Herdringen wohnt.

Verkaufsstellen des Kirmesbuchs

Das von Reiner Ahlborn verfasste Kirmesbuch wird zum Preis von 12 Euro (für Heimatbundmitglieder: 8 Euro) verkauft. Der öffentliche Verkauf startet beim Kirmeshahnaufsetzen auf dem Hüstener Marktplatz am Freitag, 11. September, 18 bis 20 Uhr.

Im Neheimer Fresekenhof wird das Buch am 12. September, von 10 bis 13 Uhr, sowie am 14. und 17. September, jeweils von 14 bis 17 Uhr verkauft. Ab 14. September ist das Buch auch im Buchhandel (Mayersche in Neheim und Bücher-Eck in Hüsten) erhältlich

Übrigens: Die Hüstener Kirmes ist im Laufe der Jahrhunderte schon öfters abgesagt worden. 2020 schuf die Corona-Pandemie keinen historischen Einzelfall. 1952 fiel die Hüstener Kirmes wegen drei Fällen von Kinderlähmung aus. Wegen Tierseuchen fiel die Tierschau samt Jahrmarkt im Laufe der Jahrhunderte schon öfters aus.