Arnsberg. Im Vergleich des Steuerzahlerbundes landet Arnsberg im Mittelfeld der NRW-Kommunen. BdSt-Musterhaushalt zahlt dieses Jahr knapp 745 Euro.
Ein Vermögen ist es nicht gerade: Im Vergleich zum Vorjahr sparen die Arnsberger im Durchschnitt 76 Cent bei den Abwassergebühren. Das hat der Bund der Steuerzahler (BdSt) Nordrhein-Westfalen im Zuge seines jährlichen Gebührenvergleiches ermittelt. Um die Bemessungsgrundlagen (siehe Infokasten) in verlässliche, vergleichbare Zahlen „umzumünzen“, legt das „Finanzgewissen des Landes“ den BdSt-Musterhaushalt zugrunde: ein Vier-Personen-Haushalt, der 200 Kubikmeter Frischwasser verbraucht und 130 Quadratmeter abflusswirksame Fläche ausweist. Realistisch? Fair? Dazu äußert sich Horst Meier von den Stadtwerken Arnsberg im Drei-Fragen-Interview (unten). Unter dem Strich hat der BdSt ausgerechnet:
Bemessungsgrundlagen
Der Schmutzwassergebührensatz liegt in Arnsberg aktuell bei 2,92 Euro je Kubikmeter.
Der Niederschlagswassergebührensatz beträgt 0,87 Euro je Quadratmeter.
Eine Sondergebühr wird nicht erhoben, wohl aber eine Grundgebühr: 47,54 Euro/Jahr https://www.stadtwerke-arnsberg.de/infrastruktur/stadtentwaesserung/tarife.html
Der Arnsberger Musterhaushalt zahlt in diesem Jahr 744,64 Euro Abwassergebühren. Im Vorjahr waren es 745,40 Euro – macht eine Veränderung von 0,1 Prozent; sprich, die erwähnten 76 Cent.
Damit rangiert Arnsberg knapp über dem NRW-Landesdurchschnitt (der liegt für den besagten Vier-Personen-Haushalt bei 726,49 Euro) – und im „Niemandsland“ der 396 NRW-Kommunen, in denen es übrigens gravierende Unterschiede bei der Gebühr gibt. So zahlt der BdSt-Musterhaushalt in Waldbröl 1246 Euro im Jahr für Abwasserentsorgung – in Reken hingegen sind es nur 246 Euro. Wie kommt das? „Wie viel die Bürger zahlen müssen, hängt ganz stark davon ab, wie die Städte und Gemeinden ihren Gebührenbedarf berechnen“, erklärt BdSt-Vorsitzender Rik Steinheuer.
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Das oberste „Steuergewissen“ und seine Mitstreiter sehen dabei Nachteile für die Verbraucher – und haben bereits reagiert: Aktuell unterstützt der BdSt NRW einen Musterprozess vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster. Das Gericht soll klären, ob Kalkulationsgrundlagen wie „ein realitätsferner Zins von mehr als sechs Prozent in der jahrelangen Nullzinsphase“ rechtlich haltbar sind. „Wir werden die Bürger im kommenden Jahr dazu aufrufen, gegen ihren Abwassergebührenbescheid 2021 Widerspruch einzulegen“, kündigt Steinheuer an, „so können sie von dem Musterprozess profitieren, wenn das Gericht zu dem Schluss kommen sollte, dass Kalkulationsmodalitäten zugunsten der Verbraucher geändert werden müssen.“
Wofür zahlen Verbraucher eigentlich Abwassergebühren? Zur Abwasserbeseitigung sind die Kommunen verpflichtet, das kostet viel Geld: Knapp 14 Prozent des rund 510 Kilometer langen öffentlichen Arnsberger Abwassernetzes weisen ein erhebliches Schadensbild auf oder sind hydraulisch überlastet.
70 Kilometer Kanal marode
Gemäß einer aktuell gültigen Schadensklassifikation sind in Arnsberg ca. 70 km des Netzes in die höchste Prioritätsstufe 5 (umgehende Schadensbeseitigung) und Stufe 4 (kurzfristige Schadensbeseitigung) einzuordnen. Insgesamt ca. 5000 Einzelschäden sind dazu in den nächsten Jahren punktweise zu sanieren. Die jährlichen Investitionssummen liegen bei rund sechs Millionen Euro. Für die Sanierung von Schäden wurden in den vergangenen sechs Jahren bereits ca. 13 Millionen Euro investiert.
Drei Fragen an Horst Meier, Stadtwerke Arnsberg
1 Wie schätzen Sie den Vergleich des Steuerzahlerbundes ein – ist er ein faires Instrument?
Aus der „Ergebnisliste“ ist erkennbar, dass sich der überwiegende Teil der Städte/Stadtentwässerungsbetriebe in NRW an der jährlichen Umfrage beteiligt hat. Somit erlaubt dieser Vergleich eine gute Übersicht zur Abwassergebühren-Situation in NRW. Allerdings sind die jeweils regionalen Gegebenheiten ein signifikanter Einflussfaktor.
2 Der BdSt nimmt bei seinem Vergleich einen Vier-Personen-Musterhaushalt als Grundlage – ein realistischer Ansatz?
Um vergleichen zu können, bedarf es einheitlicher Parameter. Der BdSt NRW hat für seine Umfrage den Wert von 200 m³ für einen 4-Personenhaushalt – oder 50 m³ pro Person gewählt. Dabei handelt es sich jedoch um einen statistischen Wert. Wenn wir die Jahresabwassermenge (inkl. Dienstleistung, Handel, Handwerk, Gewerbe, Industrie) für Arnsberg (gesamtes Stadtgebiet) durch die Einwohnerzahl dividieren, liegt der Wert für 2018 und 2019 auch bei ca. 48 m³ pro Einwohner. Vor diesem Hintergrund dürfen beide Werte, als realistisch betrachtet werden.
3 In der „Hitliste“ der NRW-Kommunen landet Arnsberg im Mittelfeld, finden sich die Stadtwerke korrekt abgebildet?
Ja. Allerdings sollte beachtet werden, dass wir in Arnsberg bezüglich Topographie und Bevölkerungsdichte gegenüber der Mehrheit der 396 NRW-Kommunen benachteiligt sind.