Arnsberg/Hochsauerlandkreis. Gesetzesnovelle des Bundes löst vor Ort keinen Boom bei Windenergieanlagen aus. HSK als Genehmigungsbehörde wartet auf weitere Info vom Land NRW.
Als ob es nicht ohnehin schon kompliziert genug wäre: Der Bund hat die „unendliche Geschichte“ der Windenergie um ein weiteres Kapitel bereichert – und die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf rotieren lassen. Es geht (in Corona-Zeiten paradox passend) um angemessenen Abstand. Was bedeutet die Novelle für Projekte und Genehmigungen vor Ort? Wir haben nachgefragt:
CDU und FDP in NRW hatten 1500 Meter bis zur nächsten Wohnbebauung festgelegt. Nun hat der Bund einen Mindestabstand zwischen Wohnbebauung und Windrädern von „bis zu 1000 Metern“ verfügt. „Wie ist die aktuelle Gesetzeslage?“ Der Hochsauerlandkreis als vor Ort zuständige Genehmigungsbehörde erklärt dazu:
„Ball“ liegt jetzt beim Oberverwaltungsgericht
Gegen den von der Stadt Meschede abgelehnten Genehmigungsantrag für den Windpark Freienohl hat „Abo Wind“ geklagt – und das Verwaltungsgericht Arnsberg hat im Juni 2019 zu Gunsten des beantragten Windparks entschieden.
Gegen diese Entscheidung hat wiederum die Stadt Meschede einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Das zuständige Oberverwaltungsgericht Münster prüft momentan diesen Antrag. Eine Entscheidung wird in den nächsten Monaten fallen.
„Der Bundestag hat am 18. Juni das „Gesetz zur Vereinheitlichung des Energiesparrechts für Gebäude und zur Änderung weiterer Gesetze“ beschlossen, der Bundesrat ist dem am 3. Juli gefolgt. „Teil dieses Gesetzes ist die Neufassung des § 249 Absatz 3 Bau-Gesetzbuch (BauG.)“, verweist Jürgen Uhl auf den maßgeblichen Passus. Noch habe die Kreisverwaltung aber keine Information darüber, „wie NRW den ihm vom Bundesgesetzgeber eingeräumten Spielraum nutzen will“, so der HSK-Sprecher weiter. Nur die Landesregierung sei frei zu sagen, wie sie künftig die Abstandsregeln festlegen will – ob das Gesetz normativ (mit Gebietsausweisung) ausgelegt wird oder angepasst an tatsächliche Bebauung.
500 Meter bei Mischgebieten?
Nur als Beispiel – für Mischgebiete (Wohnen, Firmen, Handel, Gastronomie) wäre ein Abstand von 500 Metern möglich; bei reiner Siedlung/Wohnbebauung 1000 Meter…
Eine Gleichung mit vielen Unbekannten...
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Und wie geht die Kreisverwaltung derzeit mit Anträgen zur Errichtung neuer Windenergieanlagen (WEA) um, die bereits vorliegen? Werden diese „auf Eis gelegt“, bis die Neuregelungen festgeschrieben sind?
Ein „klares, unmissverständliches Nein“, kommt dazu von Jürgen Uhl: „Der Hochsauerlandkreis darf die Anträge wegen der im Bundes-Immissions-Schutz-Gesetz (BImSchG, § 10 Absatz 6a) normierten Frist gar nicht auf Eis legen.“ Also: „Business as usual“; obwohl, richtig „busy“ ist es nicht:
„Die veränderten Regelungen haben für kein erhöhtes Antragsaufkommen gesorgt“,so Uhl.
Und spüren Windenergie-Projektierer Rückenwind? In Freienohl und Oeventrop sollen bekanntlich insgesamt acht „Windräder“ hochgezogen werden…
„Wir begrüßen sehr, dass nun gesetzliche Klarheit herrscht und es weiterhin keine bundesweiten Mindestabstände gibt“, erklärt Dr. Daniel Duben vom Unternehmen „Abo Wind“, das den Windpark Freienohl verwirklichen möchte.
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Das mache Sinn, „denn entscheidend ist nicht eine pauschale Distanz zwischen Windkraftanlage und Wohnbebauung, sondern die Frage, wie hoch die Immissionen sind, die bei Anwohnern ankommen“ führt Dr. Duben aus. Hier setze der Gesetzgeber mit der TA-Lärm und den Fristen zum maximal zulässigen Schattenwurf (maximal 30 Minuten am Tag und maximal 30 Stunden im Jahr) klare Grenzen. „Diese halten wir selbstverständlich ein“, stellt der Abo-Wind-Mitarbeiter fest. Die Realisierungschancen seien demnach weder gesunken noch gestiegen, da es nach wie vor keine pauschalen Regeln zum Mindestabstand gibt.
„Sollte die Landesregierung das ändern wollen, muss sie auf Basis der Länderöffnungsklausel selbst aktiv werden – und sie darf maximal einen Mindestabstand von 1000 Metern auf Landesebene festlegen“, sagt Duben.
Realisierungschancen offen
Über die weiteren „Realisierungschancen“ für das WEA-Quintett in Freienohl, in unmittelbarer Nähe zu Oeventrop, muss ohnehin zunächst das Oberverwaltungsgericht in Münster urteilen (wie berichtet, siehe auch Infobox). „Am Sachstand hat sich nichts geändert – außer dass aus dem vom Gericht ursprünglich geplanten Zeitrahmen ‘in den nächsten Monaten’ mittlerweile bereits acht Monate geworden sind“, gibt der „Abo-Wind“-Projektleiter Auskunft. Man hoffe weiterhin auf zeitnahe Klärung und gehe davon aus, dass dem Antrag der Stadt nicht stattgegeben wird.
Zuwegungskonzept steht
Zu Plänen eines kleineren Investors, drei weitere Anlagen im benachbarten Oeventrop zu errichten, gibt es ebenfalls nichts Neues. Im Gespräch war im Vorfeld eine gemeinsame Nutzung von Zuwegungen in den betroffenen Wäldern. „Unser Zuwegungskonzept steht, unabhängig von Planungen anderer Investoren. Natürlich ist uns aber daran gelegen, den Eingriff in die Natur so minimal wie möglich zu halten. Daher stehen wir möglichen Kooperationen grundsätzlich offen gegenüber“, erklärt Daniel Duben, Konkretes dazu sei aber zum jetzigen Stand nicht zu vermelden.
Eine weitere „unendliche Geschichte“...