Müschede/Hüsten/Neheim. Ingolf Böhmer pendelt - mit Ausnahme der Winterzeit - nahezu täglich. Und hat dabei auch einige Gefahrenpunkte ausgemacht.
Immer mehr Menschen entdecken auch in der Stadt Arnsberg das Fahrradfahren für sich. Und immer mehr Menschen lassen das Auto stehen und fahren mit dem Fahrrad zur Arbeitsstelle.
Eine Entwicklung, die durch den fortschreitenden Ausbau des innerstädtischen Radwegnetzes gefördert wird, aber auch durch Unternehmen, die ihren Mitarbeitern aus gesundheitsfördernden und ökologischen Gründen Fahrradleasing anbieten.
Nach der Fahrt erfrischt und gut gelaunt am Arbeitsplatz
Einer von den MitbürgerInnen, die – in diesem Fall von Frühjahr bis in den Spätherbst hinein – im Regelfall nahezu täglich mit dem Rad zur Arbeitsstelle pendeln, ist Ingolf Böhmer aus Müschede. Dort startet der 45-jährige IT-Fachmann frühmorgens „In der Heimke 13“, um nach knapp 30 Minuten auf dem Gelände seines Arbeitgebers, der Firma BJB in Neheim, einzutreffen.
Erfrischt und gut gelaunt. „Weil die Fahrt durch teils schöne Streckenabschnitte Spaß macht und erholsam ist,“ sagt Böhmer.
Die Ortsdurchfahrt Müschede ist für Fahrradfahrer nicht ohne Gefahren
Nur bei Regen sei es manchmal nicht ganz prickelnd. Wie am vergangenen Mittwoch, als unsere Zeitung den Müscheder bei seinem täglich Weg begleitet. Böhmer will einmal auf für Fahrradfahrer auf dieser Strecke bestehende Gefahrenquellen hinweisen. Im Interesse aller Fahrradfahrer.
Start ist am Haus „Zur Heimke 13“ in Müschede. Im strömenden Regen. Schon nach wenigen Metern der erste Gefahrenpunkt – der Abzweig in die B 229 in Richtung Hüsten.
Dort taucht zwar schnell ein Fahrradschutzstreifen auf, „doch direkt an dieser Bundesstraße, der am stärksten befahrenen Straße im Stadtgebiet macht ein Schutzstreifen meiner Meinung nach wenig Sinn. Einfach zu gefährlich. Mit Kindern jedenfalls würde ich mich das niemals trauen“, sagt der zweifache Familienvater.
Wegführung über den Gehweg ist „suboptimal“
Dann aber wird es – gefühlt – sicherer: Noch im Ortskern Müschede verschwindet der Schutzstreifen und der Gehweg ist frei für Radfahrer.
Auch das ist für Böhmer nur „suboptimal. Wenn keine Fußgänger unterwegs sind, ist das schon ganz gut. Doch wenn Müllabfuhr ist, stehen viele Tonnen viel zu weit in den Gehweg hinein.“ Dann habe man zum Beispiel mit einem Fahrradanhänger für Kinder kaum eine Möglichkeit, vorbeizukommen.
Ingolf Böhmer: „In der Ortsdurchfahrt vermisse ich eine vernünftige Lösung“
Zudem könnten durch Ausweichmanöver vor allem ungeübte Radfahrer und Kinder plötzlich auf der stark befahrenen Straße landen. Ähnlich sei es bei Fahrrad-Gegenverkehr. „Hier in der Ortsdurchfahrt vermisse ich eine vernünftige Lösung, die aktuelle Situation ist einfach zu gefährlich.“
Eine Lösung wird jedoch nicht so einfach zu finden sein – zumindest, was eine Wegführung durch die Ortsmitte anbelangt. Denn auf einer Bundesstraße hat der Bund das Sagen – und das Geld. Die Stadt kann hier nur Wünsche äußern.
Die Fahrradstraße auf der alten B 229 „ist natürlich ganz klasse“
Aus Müschede heraus (zuvor schnell noch einmal von einem vorbei donnernden Lkw in ein Wasserbad getaucht), wird es richtig komfortabel – es geht auf die alte B 229/Rönkhauser Straße, die die Stadt vor Jahren in eine Fahrradstraße umgewandelt hat.
„Das ist natürlich ganz klasse,“ lobt Ingolf Böhmer diese Entscheidung, die das Fahrradfahren hier entlang der Röhrtalbahn zum puren Vergnügen macht. „Aber dann hört es leider auch schon wieder auf.“
Die Querung der Heinrich-Lübke-Straße in Hüsten ist ein weiterer Gefahrenpunkt
Denn am Ende der Fahrradstraße kommt für den 45-Jährigen der nächste Gefahrenpunkt: die Querung der Heinrich-Lübke-Straße in Höhe des Rewe-Marktes, denn die Fahrradpendler würden nicht den Umweg durch Hüsten nehmen, um möglichst schnell am Arbeitsplatz zu sein.
Doch von einer Querungshilfe ist hier nirgends eine Spur. „Frühmorgens ist das zwar kein Problem, doch im nachmittäglichen Berufsverkehr herrscht blankes Chaos und man hat – weder als Fußgänger noch als Radfahrer – manchmal kaum eine Chance.“
Schutzstreifen-Straßen: Tempo 30 sinnvoll
Nach Kreuzen der Heinrich-Lübke-Straße geht es über einen Trampelpfad, „der sich für uns Pendler als Fahrradweg etabliert hat,“ weiter entlang der Röhrtalbahn und auf Schleichwegen zur Marktstraße, um nach gut 100 Metern auf die Kleinbahnstraße zu gelangen – und damit auf den dortigen Fahrradschutzstreifen.
„Das Fahrradfahren auf der Kleinbahnstraße ist entspannt, auch wenn ich es für sinnvoller halten würde, auf Straßen mit Fahrradschutzstreifen grundsätzlich Tempo 30 einzuführen. Das wäre für alle sicherer.“
Auf der Kleinbahnstraße wächst Buschwerk in den Fahrradschutzstreifen hinein
Nicht gut auf der Kleinbahnstraße: Vom Bahngelände heraus wachsen teils dichte Büsche durch den Trennzaun, so dass Radler an manchen Stellen auf die Fahrbahn ausweichen müssen. „Die Büsche,“ macht Böhmer deutlich, „gehören zügig zurückgeschnitten. Denn auch dieser Wildwuchs birgt ein Unfallrisiko.“
Das nächste Unfallrisiko am Kreisverkehr in Höhe Trilux: „Trotz bester Beschilderung beachten nicht immer alle Autofahrer das dortige Vorfahrtsrecht der Fahrradfahrer. Daher muss man schon sehr aufpassen, will man hier unbeschadet durchfahren.“
Möhneradweg-Teilstück ist auch gut ausgeleuchtet
Doch dann wird es ganz bequem: Auf breitem Fahrradweg wird der Rest der Kleinbahnstraße bis zur Unterführung der Bahngleise am Berliner Platz bewältigt, weiter über die Ruhrbrücke und auf dem Ruhrtalradweg, „auf dem sich besonders frühmorgens die Natur genießen lässt“.
Und dann kommt schon der Abzweig in das gerade von der Stadt fertiggestellte Teilstück des Möhneradwegs
„Das ist super geworden und auch gut ausgeleuchtet, so dass hier kein Angstraum entstehen kann,“ sagt Ingolf Böhmer – und steht schon vor dem Fahrradständer der Firma BJB, in dem sich bereits einige Räder befinden. „Denn mehr und mehr Kolleginnen und Kollegen steigen auf das Fahrrad um.“
Ingolf Böhmer mit Vorschlägen zur Erhöhung der Sicherheit
Um den von ihm und vielen anderen täglich gefahrenen Weg sicherer zu machen, hat Ingolf Böhmer einige Forderungen im Gepäck. Aber auch grundsätzliche Vorschläge zur Attraktivitätssteigerung des Radfahrens:
- eine für Fahrradfahrer akzeptable Lösung für die Ortsdurchfahrt Müschede;
- eine Querungshilfe an der Heinrich-Lübke-Straße in Höhe Rewe-Markt;
- die Aufhebung der Einbahnstraßenregelung an der Kreuzung Kampstraße/Röhrstraße für Fahrradfahrer, damit diese leicht und unkompliziert zur Marktstraße gelangen können.
Komplett neue Streckenführung auf der anderen Röhrseite wäre eine optimale Lösung
Am besten wäre für den 45-Jährigen jedoch - weil sicher, bequem und landschaftlich sehr schön - eine völlig neue Route von Müschede nach Hüsten/Neheim, da die Umwandlung der Röhrtalbahntrasse in einen Radweg wohl angesichts der Reaktivierungsdiskussion nicht in Frage kommen werde.
„Deshalb würde ich eine Streckenführung durch den Wald auf der anderen Röhrseite für sinnvoll halten. Zumal dort bereits ein Weg vorhanden ist.“ Mit einer Verbindung in Richtung Hachen. „Daran muss doch eigentlich auch die Stadt Sundern Interesse haben.“ Allerdings wären bei Realisierung dieser Überlegungen wohl zunächst einmal diverse Grundstücksfragen zu klären.
Ingolf Böhmer: Dörfer und Stauseen an das innerstädtische Radwegnetz anbinden
Aber noch zwei weitere Dinge liegen Böhmer sehr am Herzen: „Will man die Nutzung alternativer Verkehrsmittel, hier das Fahrrad, fördern, dürfen wir nicht vergessen, die Peripherie, also unsere Dörfer, gut an das städtische Radwegnetz anzubinden.“
Was ebenso stärker im Fokus von Planern und Politik liegen sollte: die radverkehrliche Anbindung an Sorpe- und Möhnesee.
„Das wäre gleichermaßen vorteilhaft für Bürger, Touristen und damit für das im Mittelpunkt der Seen liegende Arnsberg mit seinen vielen Sehenswürdigkeiten. Denn so würden viele Touristen dort statt einer Übernachtung sicher zwei bis drei Tage verbringen, weil sie neben der Stadt auch die Stauseen erkunden wollen. Diese Thematik jedenfalls hat mir bislang in der Diskussion über das innerstädtische Radwegenetz gefehlt.“