Sundern/Arnsberg. Tönnies-Skandal beeinflusst auch das Geschäft in den Fleischereien in Arnsberg und Sundern.

„Mit dem Thema Tönnies werden wir derzeit jeden Tag konfrontiert“, sagt Fleischermeister Josef Bödefeld aus Sundern-Endorf.

Doch nicht nur beim aktuellen Fleischskandal, der vor allem die Produktionsbedingungen in den Fokus rückt, ist eine Reaktion bei den Verbrauchern zu spüren: Immer wieder erfährt der 41-Jährige das verstärkte Interesse an handwerklich produzierter Ware, leider viel zu oft von kurzer Dauer. „Bei jedem Skandal gibt es einen Rutsch im Laden, man spürt, dass die Menschen gegen ihr schlechtes Gewissen handeln“, sagt Bödefeld.

Auch interessant

Die Metzgerei Josef Bödefeld gibt es schon seit den 1970er Jahren, gegründet wurde sie vom Vater des heutigen Firmenchefs, der auch den Namen Josef trug. Handwerkliche Fleischproduktion habe stets im Fokus gestanden und heute setzten drei Mitarbeiter in der Produktion und drei Mitarbeiterinnen im Verkauf diese Tradition fort.

Viele Veränderungen

In der heutigen Zeit eher ungewöhnlich, dass im Betrieb auch noch geschlachtet wird. Je nach Wetter und Aussicht auf Grillmöglichkeiten werden montags im Durchschnitt acht bis zehn Schweine geschlachtet und verwertet. Die Tiere kommen von einem Bauernhof bei Dortmund, wo sie auf Stroh gehalten werden. Früher, so erinnert sich Josef Bödefeld, habe er noch Tiere von Bauern aus der Nachbarschaft bekommen können, aber die Schweinehaltung vor Ort sei zurückgegangen.

Auch interessant

„Von der Produktion bis zum Konsum hat sich viel verändert“, erklärt Bödefeld. Durch ein Fleischangebot aus den Supermärkten, das quasi alles jeden Tag rund um die Uhr verfügbar halte, sei das Kaufverhalten stark geprägt worden. „Es ist schwer zu vermitteln, dass auch mal etwas nicht mehr da ist“, so der Fleischermeister. Derzeit ist die Nachfrage wieder groß, und Bödefeld hofft, dass es so bleibt, auch wenn der Skandal wieder in den Hintergrund tritt. Große Sorgen um den Absatz muss er sich dank vieler Stammkunden nicht machen, die wüssten die Qualität und Produktionsbedingungen zu schätzen.

Veränderungen im Kaufverhalten beobachten die Mitarbeiter der Fleischerei Hektor in Neheim. Nach dem Corona-Skandal bei der Großschlachterei Tönnies sei Vertrauen verloren gegangen, die Umsätze um 50 Prozent eingebrochen. „Wir wundern uns nicht“, sagt Fleischermeister Dieter Hektor, die Lust am Fleisch sei etwas vergangen.

Auch interessant

Seine Stammkunden halten ihm die Treue, die Laufkundschaft in der Fußgängerzone könne er gerade nicht so erreichen. Verunsicherte Verbraucher, häufig wechselnde Corona-Bestimmungen – und ein Preiskampf. „Discounter sollten ihre Produkte nicht mehr unter dem Produktionspreis verkaufen dürfen“, fordert Fleischermeister Hektor.

Konsumenten fragen mehr nach

Eine verstärkte Nachfrage verspürt die Fleischerei Veh in Neheim. „Der Umsatz ist in den Corona-Wochen gestiegen, die Menschen haben viel zu Hause gekocht“, erklärt Fleischermeisterin Theresa Veh. Die Skandale um Fleisch hätten sich hier eher gut für die Kundenbindung ausgewirkt: Kunden fragten nach regionalen Produkten und suchten das Vertrauen in den Betrieben.

Auch interessant

Nach einem Jahr mit dem Konzept der „Strohschweine“ von einem Bauern aus Volbringen sei man zufrieden. Mehr Platz und Liegeflächen für die Tiere sorgten für bessere Fleischqualität, das komme bei den Kunden gut an. „Aktuell sind die Kunden sehr interessiert und fragen nach“, bestätigt Veh. Der starke Umsatz bei Frischware habe die Corona-Verluste beim Partyservice in Teilen auffangen können.

Dass Fleischqualität und Tierhaltung gemeinsam nachgefragt werden, ist für Fleischermeister und Fleischsommelier Christian Wirth aus Oeventrop verständlich. In der Regel würden die Verbraucher nur tröpfchenweise über die Ausmaße eines Skandals informiert, das schaffe Verunsicherung.

Auch interessant

Überzeugt ist Wirth davon, dass von einem Schwein mehr genutzt werden sollte. Statt Teile des Tieres billig ins Ausland zu bringen, sollten Menschen sich wieder auf alte Kenntnisse besinnen und möglichst viel nutzen und zubereiten. So zu kochen, sei verlernt worden.

„Qualität muss zudem nicht viel teurer sein“, ist ein Motto des Fleischermeisters, und wenn es nicht jeden Tag den Sonntagsbraten geben müsse, werde ein funktionierender Kreislauf von Produktion und Konsum auch nicht gestört. „Wir retten die Welt nicht, wenn wir weniger Fleisch essen“, so Wirth, aber wichtig sei, sich den Genuss von Fleisch auch bewusst zu machen.