Arnsberg/Hochsauerlandkreis. Hochsauerlandkreis: Stefan Kronenberg, Verkehrssicherheitsberater der Kreispolizei, im Interview zum Thema Radfahren und Sicherheit.

Radler und Autofahrer sind nicht immer die besten Freunde, wenn es um das Miteinander im Straßenverkehr geht. In unserer Serie „Rad’n Roll“ geht es heute unter anderem um den sogenannten „Schutzstreifen“, der als Option für das Zusammenspiel von Fahrrad und Automobil erdacht wurde, aber bis heute nicht unumstritten ist. Wir haben bei der Kreispolizeibehörde um eine Einschätzung aus Sicht des Experten gebeten – und uns parallel auch nach Unfallzahlen sowie Sicherheitstipps für Radler erkundigt. Auskunft darüber gibt Polizeihauptkommissar Stefan Kronenberg, Verkehrssicherheitsberater der Polizei im HSK.

„Suggestivstreifen“ oder „Angebotsstreifen“

Der auch als Angebots- oder Suggestivstreifen bezeichnete Schutzstreifen für Radfahrer wurde 1977 in § 42 (Absatz 6, Nr. 1g) Straßenverkehrsordnung (StVO) eingeführt.

Wird am rechten Fahrbahnrand ein Schutzstreifen für Radfahrer markiert, dürfen andere Fahrzeuge die Markierung bei Bedarf überfahren; eine Gefährdung von Radfahrern ist dabei auszuschließen. Der Streifen kann mit Fahrbahnmarkierungen (Sinnbild Radfahrer) gekennzeichnet sein.

Es handelt sich nicht um Radwege und auch nicht um Sonderwege, denn die Markierung weist keinen Radweg aus. Schutzstreifen sind Bestandteil der Fahrbahn, aber selbst keine Fahrstreifen (daher gilt für andere Fahrzeuge auf ihnen auch nicht das Rechtsfahrgebot).

Schutzstreifen sind auch nicht ausschließlich Radfahrern vorbehalten; die Leitlinie darf von anderen Fahrzeugen „bei Bedarf“ überfahren werden.

Schutzstreifen für Radfahrer sind laut Gesetzgeber nur innerorts zulässig.

Die Breite des Schutzstreifens beträgt mindestens 1,25 Meter und höchstens 1,60 Meter.

In Zeiten von Corona steigen immer mehr Menschen auf das Fahrrad/E-Bike um, hat das zu einer Erhöhung der Unfallzahlen geführt?

Stefan Kronenberg: Tatsächlich hat sich in der Corona-Zeit etwas getan im Bereich der Unfallstatistik. In den ersten fünf Monaten des Jahres ist die Gesamtzahl der Unfälle im Sauerland um fast 25 Prozent auf 3097 Verkehrsunfälle gesunken. Die Anzahl der Fahrradunfälle mit Verletzen ist jedoch um 25 Prozent auf 55 Unfälle gestiegen. 13 Menschen erlitten bei den Fahrradunfällen schwere Verletzungen. Unabhängig von der Corona-Pandemie merken wir, dass viele Menschen auf das Fahrrad umsteigen. Hinzu kommt der wachsende Fahrradtourismus im Sauerland.

Schutz-/Angebotsstreifen sollen helfen, die Sicherheit der Radfahrer zu erhöhen, wie beurteilt die Polizei diese Streifen?

Immer wieder höre ich, dass Menschen die Schutzstreifen als nicht ausreichend ansehen. Gerade Eltern teilen mir ihre Sorgen mit. Bedenkt man aber, dass Kinder ab zehn Jahren auf der Straße fahren müssen, halte ich einen Schutzstreifen für ein gutes und besseres Angebot. Das gilt natürlich auch für Erwachsene. Grundsätzlich ist die deutliche Trennlinie ein Vorteil für die Fahrradfahrer. Autos erkennen die Fahrradspur besser und halten größeren Abstand. Trotzdem fühlen sich viele Radfahrer unsicher. Öffnet z.B. ein Autofahrer die Tür seines geparkten Pkw, muss der Radfahrer nach links auf die Straße ausweichen. Aus diesem Grunde wurden unlängst die Schutzvorschriften für Radfahrer erweitert. Der Abstand beim Überholen von Radfahrern darf 1,5 Meter nicht unterschreiten. Die Statistik zeigt zudem, dass Unfälle auf Schutzstreifen nicht häufig vorkommen. In den meisten Fällen sind es individuelle Fehler der Radfahrer, die zum Unfall führen. Fast 80 Prozent der diesjährigen Fahrradunfälle wurden selbst verursacht.

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Schutzstreifen und Radwege – Was ist der Unterschied?

Radwege sind immer durch das runde blaue Verkehrszeichen mit dem Fahrrad gekennzeichnet. Fußgänger, Autos und andere Verkehrsteilnehmer haben hier nichts zu suchen. Wenn ein Radweg vorhanden ist, muss dieser auch vom Radfahrer genutzt werden. Für Schutzstreifen gibt es kein Verkehrsschild. Zur besseren Erkennbarkeit sind allerdings Piktogramme von Fahrrädern auf der Fahrbahn aufgebracht. Schutzstreifen sind dem Radverkehr vorbehalten, dürfen von anderen Fahrzeugen aber befahren werden. Allerdings nur, um z.B. einen Parkplatz oder eine Einfahrt zu erreichen. Auf keinen Fall darf auf den Streifen angehalten oder geparkt werden. Eine Benutzungspflicht für Fahrradfahrer besteht nicht.

Worauf sollten Fahrradfahrer im Straßenverkehr besonders achten, um Unfälle zu vermeiden?

Genauso wie bei Fußgängern, ist eine gute Erkennbarkeit ein großes Plus an Sicherheit. Funktionierende Beleuchtung, Reflektoren und reflektierende Kleidung sollten eine Selbstverständlichkeit sein. – Schätzen Sie Ihre körperliche Verfassung ehrlich ein. Gerade ein E-Bike erfordert schnelle und plötzliche Reaktionen. Bleiben Sie gegebenenfalls bei einem normalen Fahrrad. – Schützen Sie sich und andere Verkehrsteilnehmer und halten Sie sich als Radfahrer an die Verkehrsregeln.

PHK Stefan Kronenberg ist Verkehrssicherheitsberater der Polizei im HSK-
PHK Stefan Kronenberg ist Verkehrssicherheitsberater der Polizei im HSK- © WP | Polizei HSK

Unter dem Motto „Rad’n’Roll“ läuft im Lokalsport eine Serie rund um das Radfahren im Sauerland. Die zweite Folge lesen Sie auf der Seite Sauerlandsport 1. Zusätzlich zum sportlichen Aspekt erscheinen in diesem Sommer auch im Lokalteil weitere Artikel rund um das Rad als Freizeitfaktor und alternatives Verkehrsmittel.