Neheim. Im neuesten Heft des Heimatbunds geht es um die Nazi-Zeit in Neheim und Hüsten. Die Herausgeber wollen auch eine aktuelle Botschaft vermitteln.
Ein neues Heft soll über ein dunkles Kapitel in der Geschichte Neheims und Hüstens aufklären: 75 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs veröffentlicht der Heimatbund Neheim-Hüsten die Quellensammlung „Nationalsozialismus in Neheim und Hüsten im Spiegel der örtlichen Presse“.
Darin ist dokumentiert, wie die Zeitungen zur Zeit des Nationalsozialismus über die Geschehnisse vor Ort berichteten: über Reaktionen auf Hitlers Machtergreifung, den Einzug der NSDAP ins Rathaus, Aktionen gegen Kommunisten und auch die Judenverfolgung.
Verkauf im örtlichen Buchhandel
Die neue Publikation „Nationalsozialismus in Neheim und Hüsten im Spiegel der örtlichen Presse“ ist Heft Nummer 71 in der Reihe „An Möhne, Röhr und Ruhr“, herausgegeben vom Heimatbund Neheim-Hüsten.
Gedruckt worden sind 1000 Exemplare.
Alle Mitglieder haben das Heft bereits erhalten.
Die Fachschaften Geschichte der weiterführenden Schulen in Neheim und Hüsten sollen das Heft zugeschickt bekommen.
Zum Preis von 6 Euro ist es im örtlichen Buchhandel erhältlich.
„Es ist Heimatgeschichte, auch wenn sie weh tut“, sagt Peter Kleine, der Vorsitzende des Heimatbunds. So ist unter anderem zu lesen, wie jüdische Geschäftsleute enteignet wurden. Ihre Geschäfte, Mode- und Lebensmittelläden, Metzgereien, wurden geschlossen oder von neuen Betreibern übernommen. Dabei tauchen auch Namen auf, die heute noch eine Rolle im Neheimer Leben spielen.
Verbrechen im Dritten Reich als Tabu-Thema
Bei ihrer Arbeit erfahren die Mitglieder des Heimatbunds teilweise immer noch Gegenwind. „Es ist heute noch ein Tabu-Thema“, sagt Reiner Ahlborn, der gemeinsam mit Karl-Georg Wuschansky das Redaktionsteam für das aktuelle Heft in der Reihe „An Möhne, Röhr und Ruhr“ gebildet hat.
Bei der Recherche im Stadtarchiv stoße man immer wieder auf Bände aus der Zeit des Nationalsozialismus, in denen Namen geschwärzt, Seiten herausgerissen oder Teile herausgeschnitten worden seien. „In einem Band lag einmal sogar noch eine Schere“, berichtet Ahlborn. Diese Umstände und die Gegenwehr, die früher noch stärker gewesen sei, habe eine Publikation wie die jetzige so lange auf sich warten lassen.
Der damalige Sunderner Lehrer Dieter Carls hatte die Materialien bereits in den 80er-Jahren zusammengetragen. Der verstorbene Vorsitzende des Heimatbunds, Franz Josef Schulte, hatte weiter daran weitergearbeitet und nun ist das Material neu editiert endlich veröffentlicht worden.
Material für den Unterricht
Kleine sieht auch eine aktuelle Bedeutung in der Publikation. „Noch kann man dem erstarkenden Rechtspopulismus entgegentreten – und das ist eine unserer Aufgaben“, sagt er. So soll das Heft unter anderem den weiterführenden Schulen für den Geschichtsunterricht zur Verfügung gestellt werden. „Wenn es gewünscht wird, zeigen wir den Klassen auch die Stätten jüdischen Lebens in der Stadt“, sagt Karl-Georg Wuschansky.
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Die Mitglieder des Heimatbunds selbst haben in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach Gespräche mit Zeitzeugen geführt und auch Überlebende des Holocausts persönlich kennengelernt. Dass nur noch ganz wenige Menschen aus dieser Generation berichten können, mache die Geschichtsvermittlung deutlich schwieriger, stellen sie fest. Weil aber die Recherche und Aufarbeitung von Fakten genauso wichtig sei wie die emotionale Ansprache, suche man immer wieder nach neuen Wegen.
„Gerade weil Zeitzeugen fehlen, sind künstlerische Projekte eine Möglichkeit, die Menschen emotional zu erreichen“, sagt Kleine und verweist auf das kürzlich prämierte Jugendfilmprojekt „Noah“sowie Astrid Breuers Aktion zu den Opfern der Möhnewiesen. Leser, die jünger sind als der Durchschnitt der Mitglieder, versuchen die Aktiven im Heimatbund über ihren Facebook-Auftritt interaktiv zu erreichen.