Neheim. E-Bikes werden in der Branche scherzhaft als das „neue Toilettenpapier“ gehandelt – die hohe Nachfrage spürt auch Patrick Wierleuker in Neheim.

Fahrradhändler Patrick Wierleuker hat solche Zeiten noch nicht erlebt: In seinem Geschäft in Neheim klingelt das Telefon quasi ununterbrochen, er hat zusätzliche Mitarbeiter eingestellt und trotzdem reihen sich die Kartons mit nagelneuen E-Bikes im Eingangsbereich – es fehlt schlicht an Zeit für die Montage. Die Nachfrage ist so hoch wie nie.

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Allein im April habe er ungefähr doppelt so viel Umsatz gemacht wie im Vorjahr, sagt Wierleuker, der den Fahrradhandel der Familie bereits in dritter Generation betreibt. Lange Schlangen an der Kasse, die durch den halben Laden führen, habe er von Heiligabenden im Supermarkt gekannt, scherzt Wierleuker, aber nicht aus dem Fahrradhandel.

Was nach der Wiedereröffnung der Läden im April geschah, hatte er nicht kommen sehen. „Wir wussten anfangs natürlich selbst nicht, wie es weitergeht und haben Kurzarbeite angemeldet.“ Mittlerweile ist das Team größer als vor Beginn der Coronakrise.

Branche auf Wachstumskurs

Der Andrang in den Fahrradgeschäften ist allerorts hoch. Viele Kunden schaffen sich in diesem Sommer neue Räder an. „E-Bikes sind sehr stark nachgefragt, danach folgen die Trekkingräder“, sagt Wierleuker. „Der Freizeitfaktor spielt dabei die große Rolle.“

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Den enormen Anstieg bei der Nachfrage erklärt sich Wierleuker zum einen damit, dass viele während der Kontaktbeschränkungen und Schließungen das Radfahren wieder als Wochenendbeschäftigung für sich entdeckt hätten. Zudem vermutet er aber auch, dass in einigen Haushalten ursprünglich für Reisen eingeplantes Geld nun anders ausgegeben wird.

Laut Zweirad-Industrie-Verband befindet sich die Branche bereits seit Längerem auf Wachstumskurs. 2019 war der Verkauf an Fahrrädern und E-Bikes mit 4,31 Millionen Stück um 3,1 Prozent höher als im Vorjahr. Der Absatz von E-Bikes stieg von 2018 auf 2019 sogar um 30 Prozent. Nun ist ein weiterer deutlicher Anstieg zu erwarten.

Die hohe Nachfrage beeinflusst den Markt, aber auch veränderte Bedingungen durch das Coronavirus – denn viele Lieferketten beginnen bei der Produktion in Asien. „Mittlerweile sind die Lieferanten fast alle ausverkauft“, erklärt Wierleuker. „Wir haben noch einiges an Ware bekommen, aber aktuell fehlt es eben oft an Zeit für die Montage.“

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Als er seinen Laden bis auf die Werkstatt, die als Handwerksbetrieb weitergeführt werden durfte, coronabedingt schließen musste, hatte auch Wierleuker befürchtet, in diesem Jahr auf Ware sitzen zu bleiben und kurz überlegt, einige Bestellungen zu stornieren. Nun ist er froh, dass er es nicht getan hat und wartet im Gegenteil auf Nachschub. Noch ist nicht alles geliefert worden, was er während der vergangenen Messe-Saison geordert hatte.

Geduld der Kunden ist gefragt

„Es ist schön für den Umsatz, aber anstrengend für alle Mitarbeiter“, sagt Wierleuker. Sein Team gibt genauso wie die Mitarbeiter anderer Fahrradgeschäfte alles, um den Kunden gerecht zu werden. Trotzdem bitten Fahrradhändler – Wierleuker in Neheim genauso wie zum Beispiel Quadflieg in Hüsten – die Kunden auf ihren Internetseiten um Verständnis, wenn sie telefonisch schwerer oder zeitweise nicht zu erreichen sind.

Wer auf eine Reparatur wartet oder sich im Laden beraten lassen möchte, sollte ebenfalls etwas Geduld mitbringen – und natürlich eine Maske.