Arnsberg. . Statt Konzerte und Proben mit persönlicher Anwesenheit gibt es nun für Chöre virtuelles Üben. Chorleiter Gerd Weimar aus Arnsberg berichtet.

Wöchentlich kommen inzwischen neue Beschlüsse, die Lockerungen in den Corona-Bestimmungen verkünden. Den heimischen Chören bringen sie aber nur wenig: Auch weiterhin gilt, dass gemeinsames Singen in geschlossenen Räumen nur in kleinem Rahmen und unter Einhaltung strengster Auflagen möglich ist.

Viele Einschränkungen

Kirchenmusikdirektor Gerd Weimar aus Arnsberg hat sich schlau gemacht: Zehn Quadratmeter pro Sängerin oder Sänger sind die Vorgabe, und bei der Aufstellung sei ein Abstand von drei Metern zu jeder Seite und von aktuell vier Metern zur vorderen Reihe einzuhalten. Für einen Chor mit einer durchschnittlichen Anzahl von singenden Mitgliedern ist dies räumlich kaum einzuhalten. Dabei sind die Chorleiter bundesweit gewarnt und haben die möglichen Folgen der Missachtung der Vorschriften im Blick. Schlimme Beispiele wie zum Beispiel die eines Chors im Berliner Dom, wo sich Sänger angesteckt haben, machen die Runde. Für die Chöre gibt es allgemein viele Einschränkungen hinzunehmen, die vor Chorproben, Gemeinschaftsveranstaltungen und Chorkonzerten nicht halt machen. „Wir haben schon auf ein Open-Air-Konzert vor dem Schloss Höllinghofen verzichtet“, sagt Gerd Weimar im Gespräch mit unserer Zeitung.

Musical soll nachgeholt werden

Weimars Hoffnung: Das Musical „König Drosselbart“ kann nach der Verschiebung später nachgeholt werden. Für die 20 Kinder aus der Spatzengruppe sowie weitere junge Sänger von der Johannesschule und dem Mariengymnasium gibt es schon seit Mitte März keine gemeinsamen Chorproben mehr. Insgesamt seien allein davon 70 Kinder betroffen.

Beim Oratorienchor des städtischen Musikvereins Arnsberg sowie beim Projektchor des Kirchenkreises Soest-Arnsberg liegen die Proben in gewohntem Umfang ebenfalls seit Wochen auf Eis. „Rund 85 Erwachsene hätten sich zu normalen Zeiten zu den wöchentlichen Proben getroffen“, rechnet der Dirigent und Chorleiter vor.

Auch die Vorbereitungen für ein Konzert, das in Kooperation mit der Musikschule Hochsauerlandkreis hätte stattfinden sollen, hängen in der Warteschleife. Im Beethoven-Jahr sollte es im Juni eigentlich ein A-Capella- und Orchesterkonzert geben .Das gemeinsame Singen ist die eine Seite, das gemeinsame Erleben in der Gruppe die andere. „Wir dürfen den Vorschriften nach nicht mal mit mehr als zehn Personen unterwegs sein“, erklärt Weimar.

Auch Geselligkeit leidet

Ausflüge, gesellige Treffen oder Wanderungen mit dem ganzen Chor – derzeit einfach undenkbar. Und dabei lebten die Chöre die Gemeinschaft, Proben seien ein wichtiger Ausgleich zum Alltagsstress, das Zusammenkommen danach erfülle bedeutende soziale Zwecke, weiß der Chorleiter. „Der Verzicht auf das gemeinsame Singen ist altersübergreifend“, so Gerd Weimar, aber vor allem für Kinder derzeit ein großer Einschnitt. Bei vielen älteren Menschen in den Chören müsse die Gesundheit aber im Vordergrund stehen.

Regeln fürs Üben

Der Evangelische Kirchenrat rät derzeit den Chören von Proben in kleinen, geschlossenen Räumen ab

Beim Singen in geschlossenen Räumen darf nur 30 Minuten am Stück geprobt werden, dann muss 15 Minuten gelüftet werden

Pro Sängerin oder Sänger sind in Proberäumen zehn Quadratmeter Platz vorzuhalten, um die Abstandsregeln zu erfüllen

In einem Brief an Gerd Weimar und andere Chorleiter greift der Präsident des „Verbandes Deutscher Konzert-Chöre“, Ekkehard Klemm, die Lage auf. Ausführlich beschreibt er Untersuchungen zum Risiko der Verbreitung von Corona durch das Singen und führt verschiedene Studien an

.„Wir können aber nicht auf den Tag X warten“, erklärt Weimar, weshalb man nach Lösungen gesucht und einige gefunden habe. Das Singen vor dem Computer- oder Handybildschirm sei eine davon. Schon seit dem Ende der Osterferien habe man sich virtuell wieder gemeinsam zu Chorproben vor dem Bildschirm verabredet. Dabei, so Weimar, spiele auch die erlebbare Gemeinschaft der Chöre wieder eine große Rolle. Nicht nur wegen der Freude des Wiedersehens anderer Chormitglieder habe es viele positive Rückmeldungen gegeben.

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Auch wenn noch nicht alle Mitglieder in das virtuelle Probentraining eingestiegen seien – zur Aufrechterhaltung der Chorgemeinschaft habe es bereits große Dienste erwiesen. Alle seien sich bewusst, dass die „normale“ Chorprobe so nicht zu ersetzen sei und allein die Technik des Systems der Durchführung der digitalen Proben ihre Grenzen setze. Aber wenigstens Stimmbildung und Atemübungen für die beteiligten Sängerinnen und Sänger ließen sich so trainieren. Das Klavierspiel gebe es zudem noch als harmonische Unterstützung.

Kommunikation nur in einer Richtung

„Jeder übt für sich, die Kommunikation läuft eben nur in eine Richtung und die direkten Rückmeldungen vom Chorleiter bleiben aus“, beschreibt Weimar die Situation. Beim Online-Singen könnten die einzelnen Stimmgruppen (Alt, Sopran, Bass und Tenor) so aber weiter geschult werden. Per Video-Chat würden dann Hinweise an die Chormitglieder bezüglich der Atmung oder Aussprache der Konsonanten weiter gegeben. Alles sei besser als nichts zu tun. „Wir müssen irgendwann aber auch wieder zusammen singen, sonst stirbt das Chorsingen“, stellt Gerd Weimar klar