Neheim. In der Schule geben Ahmed (18) und Alan (12) aus Neheim Gas: Nur wenige Jahre nach der Flucht aus Syrien bringen sie besondere Leistungen.
Mit Urlaubsplänen geht der Endspurt in die Sommerferien bei Familie Mekdad-Habasch in Neheim nicht einher, ganz abgesehen von den Corona-Einschränkungen reicht für eine Reise das Geld – dafür werden die Ferien aber mit großem Stolz auf die Zeugnisse der beiden jüngsten Söhne starten.
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Der 18-Jährige Ahmed wird in wenigen Tagen seinen Hauptschulabschluss mit Qualifikation in den Händen halten – nach nur drei Jahren Schule in Deutschland. Im kommenden Schuljahr möchte er am Berufskolleg am Eichholz in Arnsberg seinen Realschulabschluss machen. Und Pläne für danach hat er auch schon: „Ich will Kfz-Mechatroniker werden, das macht einfach Spaß.“ Zweimal schon hat er ein Praktikum in einer Hüstener Auto-Werkstatt gemacht.
Flucht über das Mittelmeer
Sein jüngerer Bruder Alan (12) besucht die Agnes-Wenke-Schule in Neheim, er ist einer der Jahrgangsbesten. Sein Lieblingsfach: Mathe. In der letzten Englisch-Arbeit hat er eine Eins geschrieben. Außerdem ist er zum Klassensprecher gewählt worden. Als jüngstes Familienmitglied hat er am schnellsten Deutsch lernen können.
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Mit Mutter Siham kam er als erstes aus Syrien nach Deutschland – die Familie musste entscheiden, wer zuerst vor dem Krieg im Heimatland fliehen sollte, denn das Geld reichte nicht für eine Flucht der gesamten Familie. Für die Überfahrt über das Mittelmeer von der Türkei nach Griechenland hätten sie 1200 Dollar pro Person gezahlt, erzählt Vater Jamal.
Er und Sohn Ahmed mussten daher noch in Aleppo bleiben und Geld zusammenbekommen, um dem Rest der Familie zu folgen. Auf dem Weg über die Türkei sei einer ihrer Söhne auf offener Straße erschossen worden, die Eltern kamen nur mit vier ihrer Kinder sicher in Deutschland an. Hier sind sie dankbar für die Unterstützung, die sie vor allem in der Anfangszeit bekommen haben – von der Stadt und vor allem auch von Ehrenamtlichen aus dem Kreis der „Christen für Flüchtlinge“ in Hüsten.
Syrische Küche
Die beiden älteren Kinder haben bereits eigene Familien gegründet, die jüngeren Söhne leben bei ihren Eltern. Zu ihren Ehren gibt es zum Besuch der Presse ein ganzes Festmahl, Vater Jamal hat in der Küche gezaubert: Dips mit roter Beete und Auberginen, Lamm- und Hähnchenfleisch, Kibbeh (Bulgur-Hack-Bällchen) und Fattoush (Brotsalat) – alles kunstvoll dekoriert mit Blumen aus Zitronenschale, Paprika und Zwiebeln. Zum Nachtisch serviert er Crêpes Suzette, klassisch mit Orangensoße.
Jahrzehntelang hat Jamal Mekdad in Syrien in der Gastronomie gearbeitet, in der Küche, an der Bar, im Service. In Neheim hatte er bereits zwei Mini-Jobs in Restaurants, etwas Langfristigeres hat er bisher nicht finden können, dabei wäre es sein Traum wieder für Gäste kochen zu dürfen. Seine Frau Siham würde in Zukunft ebenfalls gerne arbeiten, am liebsten in der Altenpflege. Doch die Voraussetzungen und nötigen Abschlüsse in Deutschland sind eine Hürde.
Aus dieser Erfahrung heraus sind die Eltern umso erleichterter, dass sich ihre Söhne in der Schule so gut zurechtfinden. „Ich wünsche für die Zukunft alles Gute für meine Familie, vor allem Gesundheit und Arbeit“, sagt Jamal Mekdad. Sohn Ahmed hält an seinem Ziel, der Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker, fest. Für ihn ist klar, dass er sein Leben in Deutschland verbringen möchte, unabhängig davon, wie sich die Lage in seinem Heimatland entwickelt. „Was soll ich in Syrien, dort gibt es keine Schulen mehr und keine Arbeit“, sagt er.
In Deutschland sorgt Mutter Siham dafür, dass sich ihre Söhne auf die Schule konzentrieren. „Ich möchte, dass meine Kinder zuhause lernen und Sport machen an der frischen Luft“, sagt sie. Aber irgendwo in Gruppen „abhängen“, gar rauchen oder Alkohol trinken, das komme nicht in Frage. Für die Ferien hat die Familie keine großen Pläne – aber in Neheim im Verein Fußball zu spielen, das fänden Ahmed und Alan toll.