Arnsberg/Paderborn. Arnsberger und Sunderner Touristiker waren auch am Flughafen in Paderborn und haben gegen den Verlust der Arbeitsplätze demonstriert.

Die Plakate am Paderborner Flughafen sprechen eine eindeutige Sprache: Hier fährt eine ganze Branche gerade in den Abgrund. „Es war mein erste Demonstration im Leben“, berichtet der Neheimer Ernst Hochstein vom Reisebüro „El Mundo“ mit dem unsere Zeitung stellvertretend für anderen Reisebüros aus der Region sprach. Aber, so Hochstein, es hätte eher die Stimmung einer Mahnwache gehabt.

Rettet die Reisebüros

„Rettet die Reisebüros – Rettet die Touristik“ skandierten die Mitarbeiter der Touristikbranche am

Flughafen Paderborn-Lippstadt: „Wir haben die Corona-Krise als erstes zu spüren bekommen und die Touristik wird mit die letzte sein, die sie verlassen wird“, sagt Hochstein. An die 100 Touristiker gingen in Paderborn auf die Straße, um für staatliche Rettungsmaßnahmen, um Arbeitsplätze in der Touristikbranche und um seine Existenz zu kämpfen. Sie wollten auf ihre dramatische Situation aufmerksam machen. „Wir zeigen Gesicht, da die Touristik nicht nur aus den großen Konzernen, wie z.B. TUI und Lufthansa, besteht“, so der Neheimer.“Wir kämpfen jetzt um unsere Jobs“, erzählte er am Nachmittag wieder daheim an der Apotheker Straße in Neheim.

Fast unbemerkt

Fast völlig unbeachtet von Politik und Medien seien die etwa 11.000 Reisebüros in Deutschland mit insgesamt 80.000 bis 100.000 Mitarbeitern besonders stark von der weltweiten Krise betroffen. Viele von ihnen ständen vor dem Aus. Seit Wochen befänden sich die Reisebüros in einer unverschuldeten Zwangslage. Sie mussten behördlich angeordnet schließen und aufgrund zahlreicher Reisewarnungen und Einschränkungen sind Reisen kaum noch möglich: „Und auch die erneute Warnung am Mittwoch verlängert das Leiden noch.“

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Neustart in weiter Ferne

Ein Neustart der Branche sei so vorerst nicht in Sicht. „Selbst wenn wir unsere Agentur wieder öffnen werden, werden wir - im Gegensatz zum Einzelhandel oder der Gastronomie – nicht sofort wieder Umsätze generieren“, erklärt Kollege Thomas Eickholt aus Neheim. „Dennoch arbeiten wir hinter verschlossenen Türen für unsere Kunden weiter. Wir bearbeiten Flugannullierungen und Stornierungen, buchen Urlaubsreisen um und informieren über zahlreiche Reiseabsagen der Veranstalter. Wir setzen uns dafür ein, dass unsere Gäste ihre bezahlten Gelder zurückbekommen und gerne informieren und beraten wir unsere verunsicherten Kunden.“

Ganz wichtig, so sagt Ernst Hochstein: „Im Gegensatz zu den großen Reisekonzernen lassen wir unsere Kunden auch in dieser Ausnahmesituation nicht im Stich, halten Kontakt und suchen nach Möglichkeiten, sie aus dem jeweiligen Land zu bekommen.“

Aufgaben der Veranstalter

Die Mitarbeiter würden damit viele Aufgaben der Reiseveranstalter übernehme, die ihre komplette telefonische Erreichbarkeit seit Wochen einfach eingestellt hätten. Ganz schlimm, so Hochstein, sei, dass die Reiseveranstalter sogar bereits erhaltene Provisionen von den Reiseagenturen zurück fordern würden. Die großen Airlines und Veranstalter erhielten Staatshilfen in Milliardenhöhe, während im Reisebüro nichts davon ankomme. „Es gab zwar auch für die Touristikbranche Soforthilfen des Bundes, die jedoch bei weitem nicht ausreichen“, erklärt Hochstein stellvertretend für die Büros in Arnsberg und Sundern.

Ölkrise und 9/11 überstanden

Eines ärgert den Inhaber der kleinen Reiseagentur besonders: „Wir haben Ölkrise, 11. September, die Pleite von Thomas Cook überstanden. Wir haben keine unternehmerischen Fehler gemacht. Jetzt brauchen wir mal Hilfe der Regierung.“ Nach 35 Berufsjahren hätte er nie gedacht, für seine geliebte Branche protestieren und auf die Straße gehen zu müssen: „Wir kämpfen weiter“, wiederholt er am Schluss.