Neheim. Psychisch Kranke reagieren unterschiedlich auf Corona-Zeit. Förderkreis Psychische Gesundheit lässt persönliche Einzelberatung wieder zu

Bereits seit mehr als fünf Wochen fallen wegen der Corona-Pandemie die Gruppenangebote in den Neheimer Räumlichkeiten des Förderkreises Psychische Gesundheit (FPG) aus. „Dies schmerzt natürlich insbesondere psychisch kranke Menschen, die sich bei kreativen Angeboten oder beim Offenen Treff austauschen wollen“, berichtet Mirvat El-Dessouki, die die Kontakt- und Beratungsstelle im Neheimer Gebäude „Goethestraße 19“ leitet.

Persönliche Einzelberatung wieder möglich

Die persönliche Einzelberatung, auf die vom 16. März bis 19. April verzichtet wurde, wurde am Anfang dieser Woche wieder eingeführt. „Hierfür ist aber vorab eine telefonische Terminvereinbarung unter den Rufnummern 02932/9311812 oder 0152/01768015 erforderlich“, betont Diplom-Sozialarbeiterin Mirvat El-Dessouki. Unter Beachtung von Hygienevorschriften werden Personen nur einzeln - einer nach dem anderen - zur Beratung empfangen. In den vergangenen Woche fand die Einzelberatung vielfach auf telefonischem Wege statt.

Stark nachgefragte Angebote

Die FPG-Angebote werden stark nachgefragt. „In normalen Zeiten - vor Corona - kommen insgesamt etwa 200 Leute pro Monat in die Beratungsstelle, die die Gruppenangebote, den Offenen Treff oder die Einzelberatung nutzen“, berichtet die Leiterin der Beratungsstelle. Das im März wegen der Corona-Pandemie erlassene Betretungsverbot für Tagesstätten, in denen sich psychisch Kranke treffen können, wurde vom „Förderkreis Psychische Gesundheit Arnsberg e. V.“ konsequent umgesetzt.

Beratung für psychisch Kranke (unter 18 Jahren) geplant

Der Förderkreis Psychische Gesundheit Arnsberg plant für die Zeit nach Corona spezielle Beratungen für psychisch Kranke, die unter 18 Jahren alt sind. Hierzu soll ein Projekt gemeinsam mit heimischen Schulen gestartet werden.

In Schulklassen soll über psychische Probleme von Kindern und Jugendlichen, die zum Beispiel durch Leistungsdruck oder besondere familiäre Situationen ausgelöst werden können, gesprochen werden.

Nach der Vorstellung von Beratungsangeboten in Schulklassen könnten sich später einzelne Schüler vertrauensvoll an die Beratungsstelle wenden und dann eine Einzelberatung in Anspruch nehmen.

Unter dem Dach des Förderkreises Psychische Gesundheit ist neben der Kontakt- und Beratungsstelle auch das Leitungsteam für Ambulantes Betreutes Wohnen (ABW) untergebracht. Peter Zimmer und Ines Bange, die zu den Teamleitern gehören, berichten, dass Menschen, die unter Ängsten leiden, die Corona-Zeit noch ängstlicher erleben. Den ABW-Mitarbeitern ist in der Corona-Zeit persönlicher Einzelkontakt mit dem Bewohner einer Single-Wohnung sowie mit einer einzelnen Person aus einer Wohngruppe erlaubt. All dies muss unter Einhaltung der Hygienevorschriften passieren. Darüber hinaus werden neben Telefonaten auch digitale Kommunikationswege beschritten - sei es über Videokonferenzen oder durch einen intensivierten Austausch in Whats-App-Gruppen. Insgesamt betreuen 21 ABW-Mitarbeiter 85 Personen im Raum Arnsberg/Sundern.

Sehr unterschiedliche Reaktionen

So vielfältig wie psychische Erkrankungen sind, sind auch die Reaktionen auf die Corona-Zeit. Mirvat El-Dessouki sagt dazu: „Es gibt durchaus Klienten, die der jetzigen Zeit auch etwas Positives abgewinnen können. Die Corona-Pandemie ist für sie eine Zeit der Entschleunigung. Familiärer Druck, dies oder jenes zu tun, wird durch Corona die Grundlage entzogen. Für diese Klienten ergibt sich eine Zeit der Entschleunigung.“ Peter Zimmer fügt an: „Andererseits gibt es unter Klienten im Einzelfall auch wahnhafte Vorstellungen, bei denen Verschwörungstheorien als Ursache für die Corona-Pandemie genannt werden.“

Neues Angebot nach Corona

Der Wunsch der FPG-Mitarbeiter nach Normalität bei der Betreuung ihrer Klienten wurde im Gespräch mit unserer Zeitung deutlich. „Das, was nicht mehr stattfinden kann, wird schon oft als schmerzlich empfunden“, betont Peter Zimmer.

Die FPG-Mitarbeiter planen auch schon neue Projekte, deren Umsetzung sich aber wegen der Corona-Pandemie verzögert. So ist ein Gemeinschaftsangebot zum Backen und Verkauf von frischem Brot, frischen Hühnereiern und Honig geplant. „Das ist auch eine wichtige Maßnahmen für eine gute Tagesstruktur“, betont Zimmer.