Arnsberg. Der Arnsberger Hans-Dietmar Wosberg fordert als DeHoGa-Präsident Westfalen klare Entscheidungen von der Politik und Hilfen für die Gastronomie.

Er will nicht schwarz malen, aber er ist Realist: Hans-Dietmar Wosberg, Präsidiumsmitglied des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes NRW (DeHoGa) und Präsident der DeHoGa Westfalen, geht davon aus, dass nicht alle heimischen Gaststätten und Kneipen die Corona-Krise überstehen werden.

Deshalb fordert er schnelle und gezielte staatliche Hilfen für die Gastronomie sowie Schluss mit dem politischen „Herumgeeiere“.

Hans-Dietmar Wosberg: „Was wir brauchen, sind Konsequenz und eine einheitliche Linie“

Hans-Dietmar Wosberg.
Hans-Dietmar Wosberg. © WP-Archiv | Ted Jones

„Was wir brauchen, das sind meiner Meinung nach Konsequenz und eine einheitliche Linie. Sofort alle Läden schließen, dann haben wir die Situation viel eher im Griff und jeder Gastronom kann sich entsprechend darauf einstellen,“ sagt der Arnsberger, der am Neumarkt erfolgreich die „Kochschmiede“ betreibt.

Dort hat Wosberg bereits mit seiner Ehefrau Angelika die Räumlichkeiten auf die derzeit aktuellen Vorgaben - „was schnell überholt sein kann“ - ausgerichtet: größere Abstände bei den Gästeplätzen und alle Gegenstände weg, „die Ansteckungsgefahr bedeuten könnten“.

Verständnis für Angst der Kunden

Dennoch rechnet der erfahrene Gastronom nicht damit, dass sonderlich viele Gäste erscheinen werden. Wofür er angesichts der Corona-Gefahr Verständnis zeigt. „Was ich allerdings nicht verstehen kann, das ist, dass am vergangenen Wochenende die Gastronomie-Betriebe an Möhne und Sorpe rappelvoll waren. Viele Menschen haben offensichtlich den Ernst der Lage überhaupt nicht verstanden.“

Hans-Dietmar Wosberg: „Bislang sehe ich leider noch sehr viel Wischiwaschi“

Auch deshalb fordert Dehoga-Präsidiumsmitglied Hans-Dietmar Wosberg ein klares Vorgehen, „denn bislang sehe ich leider noch sehr viel Wischiwaschi. Kneipen müssen sofort schließen, Speiselokale dürfen von 6 bis 18 Uhr öffnen. Wer soll das verstehen?“ Zumal Coronaviren auch tagsüber aktiv seien. (Dienstagnachmittag verkündete das Land, dass in NRW-Gaststätten nun um 15 Uhr Schluss sein soll).

Bis jetzt hätten sich zwar nahezu allen Gastronomen vor Ort in Arnsberg etwas einfallen lassen wie Lieferservice oder auch tolle Angebote, um in dieser misslichen Lage irgendwie über die Runden zu kommen.

Nicht alle Betriebe haben ausreichend Rücklagen zur Überbrückung der Corona-Krise

„Doch die entscheidende Frage oder besser das Problem ist doch dabei: Wie weit funktioniert dieses Notprogramm betriebswirtschaftlich?“

Denn an weiteren Einnahme-Rückgängen in Speisegaststätten gehe leider kein Weg vorbei. Manchen Betrieben fehlten auch ganz einfach die Rücklagen, um die auch von ihrer Dauer unkalkulierbare Corona-Krise halbwegs überbrücken zu können. „Schließlich hat niemand Geld im Keller liegen, das er mal eben schnell nach oben holen kann.“

Die Gastronomie braucht klare und auf ihre Bedürfnisse zugeschnittene Regelungen

Deshalb hält es Dehoga-Experte Wosberg für unerlässlich, dass es für die Gastronomie mit den vielen Kleinstbetrieben jetzt zügig eine klare und auf deren Bedürfnisse zugeschnitte Regelung gibt und dass eine tragfähige Unterstützung entwickelt wird.

„Ich weiß zwar auch nicht, wie das konkret aussehen könnte, aber es kann nicht sein, dass alle Hilfskonzepte in der Regel bislang nur auf große Unternehmen zugeschnitten sind.“

Nach der Corona-Krise werden die Betriebe nicht sofort voll durchstarten können

Die Regelung mit dem Kurzarbeitergeld, sagt Wosberg, sei zwar gut, aber sie helfe eben den kleineren Betrieben nicht. „Das geht an ihnen vorbei. Denn wer von ihnen hat, wenn überhaupt, schon so viele Angestellte, dass er davon Gebrauch machen kann?“

Auch günstige Kredite seien für die Gastronomen nicht das Ei des Kolumbus. Denn auch die müssten später zurückgezahlt werden. „Aber nach Corona werden die Betriebe nicht sofort voll durchstarten können, das wird alles erst langsam wieder anlaufen.“

Die Einnahmen brechen weg, aber die laufenden Kosten bleiben

Norbert „Nocko“ Menge betreibt die Altstadt-Gaststätte „Zum Alten Schloss“: „Wenn von oben nichts kommt, reagieren wir von uns aus.“
Norbert „Nocko“ Menge betreibt die Altstadt-Gaststätte „Zum Alten Schloss“: „Wenn von oben nichts kommt, reagieren wir von uns aus.“ © Wolfgang Becker

Für die Gastronomie, ist Dietmar Wosberg überzeugt, seien nun zwingend schnelle staatliche Hilfen angebracht. „Denn die laufenden Kosten wie zum Beispiel Mieten bestehen weiterhin, aber die Einnahmen brechen weg - und vermutlich gibt es bald überhaupt keine mehr.“

Deshalb müsse die Politik jetzt Lösungen entwickeln. Zum Beispiel durch veränderte Steuermodalitäten.

Das Kneipen-Sterben wird verschärft

Eben alle diese Fragen würden die sehr besorgten heimischen Gastronomen umtreiben. „Die Telefone der DeHoGa stehen inzwischen nicht mehr still.“

Und schließlich dürfe man auch das nicht vergessen: „Wir hatten schon vor Corona ein Kneipen-Sterben, und jetzt wird deren Situation durch Corona noch schlimmer. Das werden auch bei uns im Stadtgebiet nicht alle Lokale überstehen.“

Marina Benfer: „Wir halten uns streng an die Vorschriften“

Wie reagieren Arnsberger Gastronomen auf die aktuelle Situation? Sie handeln absolut verantwortungsbewusst:

Marina Benfer vom Arnsberger „Ratskeller“: „Wir nehmen die Situation sehr ernst, denken aber positiv und kämpfen uns durch.“
Marina Benfer vom Arnsberger „Ratskeller“: „Wir nehmen die Situation sehr ernst, denken aber positiv und kämpfen uns durch.“ © Wolfgang Becker

„Wir halten uns streng an die Vorschriften, haben einige Tische gesperrt, damit die Gäste den nötigen Abstand einhalten können,“ sagt Marina Benfer vom alteingesessenen „Ratskeller“ in Arnsbergs guter Stube. „Wir müssen allerdings um 18 Uhr schließen, das ist natürlich ein herber Einschnitt.“

„Wir denken positiv und kämpfen“

Von 12 bis 18 Uhr haben Marina und Andreas Benfer sowie ihr Team einen Lieferservice nach Hause organisiert, Bestellungen dafür können bis 17.30 Uhr entgegengenommen werden.

„Aber hoffentlich sieht es in einigen Wochen anders aus und wir können uns wieder in normalem Fahrwasser bewegen,“ so Marina Benfer.

Und : „Ich würde mir unkompliziertere Hilfen wünschen, auch im Hinblick auf den Erhalt der Arbeitsplätze. Wir nehmen die Situation sehr ernst, denken aber positiv und kämpfen uns durch.“.“

Peter Beckmann: „Man muss ein Zeichen setzen“

Peter Beckmann vom Arnsberger Szene-Lokal „La Vita“: „Man muss ein Zeichen setzen.“
Peter Beckmann vom Arnsberger Szene-Lokal „La Vita“: „Man muss ein Zeichen setzen.“ © Wolfgang Becker

„Die Coronakrise betrifft uns wirtschaftlich ‚volles Pfund‘, wir haben Einbußen von 80 Prozent,“ erklärt Peter Beckmann als Betreiber des Szene-Lokals „La Vita“. So seien alle geplanten Veranstaltungen in der neuen Lounge abgesagt worden.

„Unlogisch ist für mich die Aussage der Bundeskanzlerin, dass wir um 18 Uhr den Laden schließen müssen. Die Viren sind auch vor 18 Uhr da. Ich habe mich entschlossen, zur Sicherheit der Gäste das ‚La Vita‘ ab Mittwoch komplett zu schließen. Man muss ein Zeichen setzen.“

Norbert Menge: „Wir müssen reagieren“

Und wie sieht es hinter dem Glockenturm bei Norbert „Nocko“ Menge aus, der mit Ehefrau Svenja das Traditionslokal „Zum Alten Schloss“ in bester Familienkontinuität am Laufen hält?

„Zurzeit läuft der Betrieb zwar noch, aber wenn von oben keine behördliche Anordnung kommt,“ sagt Norbert Menge, „müssen wir von uns aus reagieren und werden sowohl die Gaststätte als auch den Biergarten schließen. Wir stehen mit anderen Kollegen schon in Kontakt.“