Arnsberg. „Weil es sehr wichtig ist und auch allerhöchste Zeit wird,“ sagt Stadtwehrführer Bernd Löhr. Die Bevölkerung ist dabei zur Mithilfe aufgerufen.

Die Feuerwehr der Stadt Arnsberg will ihre Geschichte in der NS-Zeit - also in den Jahren 1933 bis 1945 - gründlich aufarbeiten.

Damit reagiert die Wehrführung um Stadtbrandinspektor Bernd Löhr unmittelbar auf einen entsprechenden bundesweiten Aufruf des Deutschen Feuerwehrverbandes. Doch ohne Mithilfe der Bevölkerung, stellt Löhr klar, wird diese anspruchsvolle Aufgabe nicht einfach werden. Denn: Die Materiallage ist - Stand jetzt - recht dünn.

Stadtwehrführer Bernd Löhr: „Es wird allerhöchste Zeit“

Mit der Umsetzung dieses Projektes, erläutert Wehrführer Bernd Löhr, mache aber die Feuerwehr der Stadt ihr eigenes Ding. Denn der Feuerwehrverband sehe vier zentrale, zeitintensive Workshops vor. „Doch dafür haben wir weder das Personal übrig, noch die Zeit.“

Dennoch aber sei es bei Eingehen des Aufrufs keine Frage gewesen, diesen Teil der Arnsberger Wehr-Geschichte eingehend zu erforschen. „Weil es sehr wichtig ist und auch allerhöchste Zeit wird. Aber das machen wir nun lieber im kleinen Rahmen, so dass wir auch über den Ablauf selbst bestimmen können.“

Kleines Arbeitsteam mit historisch kompetentem Unterstützungstrio

Der Einsatz an der Alten Regierung dauerte 32 Stunden und zog auch viele Schaulustige an.
Der Einsatz an der Alten Regierung dauerte 32 Stunden und zog auch viele Schaulustige an. © Stadtarchiv Arnsberg

Zunächst einmal lastet die Anlauf-Organisation allein auf den Schultern von Bernd Löhr und Wolfgang Becker, die sich aber bereits kompetente Unterstützung für den weiteren Fortgang gesichert haben: Heimatbund-Vorsitzenden Werner Bühner, Stadtarchivar Michael Gosmann und Historiker Jens Hahnwald.

Das Ergebnis wird öffentlich gemacht

Was jetzt schon feststeht: Das Ergebnis der Arbeit wird öffentlich zugänglich gemacht. Was jetzt noch nicht feststeht: in welcher Form. „Denn das hängt allein davon ab, auf welches und wie viel Material aus dieser Zeit wir zurückgreifen können.“

Erst nach dessen Sichtung werde dann entschieden, ergänzt Wolfgang Becker, „ob wir die Recherchen als kleine Broschüre, Heft oder gar als Buch präsentieren werden“. Bei großer Materialfülle sei sogar eine Ausstellung denkbar.

Feuerwehr sucht noch historisches Material und Zeitzeugen

Das aktuelle Problem: Es liegt in Bezug auf die Feuerwehr aus den Jahren 1933 bis 1945 vergleichsweise wenig Verwertbares vor. „Ein eigens Feuerwehr-Archiv gibt es nicht. Aber wir gehen davon aus,“ zeigt sich Bernd Löhr optimistisch, „dass stadtweit auf den Dachböden noch so Manches schlummert und den Besitzern nun durch unseren Aufruf wieder ins Gedächtnis kommen kann.“

Von Interesse seien natürlich auch persönliche Erinnerungen, die mit dem damaligen Feuerwehrwesen in Arnsberg in Verbindung stehen. „Auch Anekdoten.“

Stadtwehrführer: „In den Familien wurde darüber kaum gesprochen“

Das Titelblatt der Zeitschrift „Deutscher Feuerschutz“  vom 1. Mai 1940.
Das Titelblatt der Zeitschrift „Deutscher Feuerschutz“  vom 1. Mai 1940. © Archiv Wolfgang Becker

Auch in den bisherigen drei vorliegenden Festschriften der Arnsberger Wehr sei zu dieser Zeit kaum etwas zu finden. „Und in den Familien“, so Bernd Löhr, „wurde darüber kaum gesprochen“.

Dagegen würden bei Feuerwehrfeiern mit Ehrungen altgedienter Aktiver immer wieder Geschichten aus dieser Epoche wach.

Die Zeit wertfrei aufarbeiten

Bei der Dokumentation, unterstreichen Bernd Löhr und Wolfgang Becker, gehe es aber nicht darum, sich allein mit dem Thema Nationalsozialismus zu befassen und so vielleicht mit dem Finger auf damals handelnde Personen zu zeigen, sondern man wolle diese Zeit wertfrei mit all ihren Problemen für die Feuerwehr aufarbeiten.

„Weil wir zum Beispiel auch über die damalige Organisation und die Einsätze kaum etwas wissen,“ so Becker.

Auch Frauen und Hitlerjugend wurde zum Löschen herangezogen

Was man weiß: Bei Ausbruch des von den Nazis entfesselten Krieges mussten die wehrfähigen Feuerwehrleute nach und nach zur Wehrmacht und wurden durch bereits aus Altersgründen ausgeschiedene Ruheständler ersetzt. Auch Frauen, in der NS-Ideologie sonst eher nur zu potenziellen Kandidatinnen für Mutterkreuze degradiert, wurden herangezogen. Und es gab einen Hitlerjugend-Feuerwehrdienst.

„Wir sehen es als eine gesellschaftliche Aufgabe an, die Erinnerung zu bewahren“

Jetzt hoffen Bernd Löhr und Wolfgang Becker, das sich möglichst viele Bürger melden, die Material oder als Zeitzeugen persönliche Erlebnisse beisteuern können. „Dann geht die Arbeit an der Dokumentation los,“ sagt Löhr. „Denn wir sehen es als eine gesellschaftliche Aufgabe an, die Erinnerung auch an diese Zeit zu bewahren.“

Die tumben SA-Horden verspotteten das wichtige Engagement der Feuerwehr

An eine Zeit, in der die tumben braunen Horden der SA auch dieses Spottlied sangen: „Wir sind des Führers braunes Heer, wir gehen nicht zur Feuerwehr, denn exerzieren mit Spritz und Schlauch, das kann zur Not der dickste Spießer auch. - Nein, nein, Du irrst o Feuerwehr, bei Dir bleibt nun kein Kämpfer mehr. Wir bleiben treu dem braunen Heer und treten aus – aus eurer Feuerwehr.”