Arnsberg. Jeweils sechsstellige Beträge liegen bei der Volksbank Sauerland und der Sparkasse Arnsberg/Sundern auf sogenannten „vergessenen Konten“.

Auf „vergessenen Konten“ bei den großen regionalen Geldinstituten schlummert zusammen offenbar ein Millionenbetrag. Es handelt sich um Geld, auf das vom ursprünglichen Besitzer oder dessen Erben nicht mehr zurückgegriffen wird. Sowohl die Sparkasse Arnsberg/Sundern als auch die Volksbank Sauerland bestätigen, dass es solche Konten bei ihnen gibt.

Vorschlag: Geld soll in einen Sozialfond

Schätzungen gehen von zwei bis neun Milliarden Euro auf vergessenen Konten in Deutschland aus. Die Sparkasse Dortmund meldet aktuell 4,7 Millionen Euro auf solchen Konten.

In England verbuchen Banken nach 15 Jahren das Vermögen von einem solchen Konto auf eine gemeinnützige Förderbank und verwenden das Kapital für soziale Zwecke. 40 Prozent dieses Geldes wird risikoarm investiert, zum Beispiel in Staatsanleihen, falls es doch noch Erben geben sollte, die Ansprüche anmelden. Die restlichen 60 Prozent fließen in einen Fonds, der für gemeinnützige Zwecke verwendet wird.

Der Verein Social Entrepreneurship Network Deutschland (Send) fordert, dass künftig Gelder von herrenlosen Konten in einen Sozialfonds investiert werden. Die staatliche Förderbank Kfw solle zudem künftig ein Melderegister führen, das den Erben die erleichterte Suche ermöglicht. Nach einer Frist von zehn Jahren soll das Geld automatisch an den zu gründenden Social Impact Fonds fließen.

„Gründe dafür sind in der Regel unbekannte Erben in Nachlassfällen und unbekannt verzogene Kunden, bei denen die neue Adresse nicht mehr ermittelt werden kann“, teilt Helmut Schulte, Sprecher der Volksbank Sauerland, auf Nachfrage unserer Zeitung mit. Die Volksbank spricht für ihren Geschäftsbereich von Gesamtbeträgen auf den „vergessenen“ Konten „in einem hohen sechsstelligen Bereich“. Im Einzelfall gäbe es sogar ein derartiges Konto, auf dem eine höherer fünfstellige Summe lagert. Die Sparkasse spricht nicht von „relevanten Fällen“, räumt auf Nachfrage aber auch ein, dass auf den „vergessenen Konten“ bei ihr ein „nicht hoher sechsstelliger Betrag“ liegt.

Nachlassfall prüfen

Die Bandbreite der „vergessenen Konten“ reicht von Cent-Beträgen bis hin zu den gut gefüllten Konten. Beim Umgang damit gibt es bei den Geldinstituten feste Arbeitsschritte: Bei Postrückläufern werde immer zunächst versucht, eine neue Adresse zu ermitteln. Wenn dies nicht gelänge, so die Volksbank Sauerland, werde der Kunde als „unbekannt verzogen“ verschlüsselt. „Im Nachlassfall wird zunächst etwas abgewartet, ob sich Erben melden und anschließend versucht, Erben ausfindig zu machen“, so Helmut Schulte. Nach zwölf Monaten erfolge eine Nachprüfung der offenen Nachlassfälle.

Trotzdem sind nicht alle Fälle zu klären - einige Konten bleiben „vergessen“. Der Umgang damit unterliegt dann strengen Regeln. Beträge bis 500 Euro werden bei der Volksbank ausgebucht und in einer separaten Datenbank gesammelt, für den Fall, dass sich Kunden oder Erben doch noch einmal melden. „Größere Beträge verbleiben auf den Konten und werden mit Sperren versehen“, so Schulte, „vereinnahmen kann eine Bank das Geld jedenfalls nicht“.

Konto gilt als „nachrichtenlos“

Auch bei der Deutschen Bank vor Ort verbleibt das Geld auf den Konten. „Sofern es sich um höhere Kontoguthaben handelt, kommt auch in Betracht, die Beträge im Interesse des Kunden auf ein verzinstes Sparkonto zu verbuchen“, teilt Arnsbergs Filialdirektor Ilja Keller mit. Die Deutsche Bank stellt ein „vergessenes Konto“ mit unterbrochener Kundenverbindung auf den Status „nachrichtenlos“. Ziel sei es, diesen Status durch Recherche der neuen Kundenadressen zu beheben.

Berater haken nach

Bei der Sparkasse Arnsberg/Sundern erfolgen, so Sprecherin Petra Schmitz-Hermes, in regelmäßigen Abständen Abfragen über umsatzlose Konten. Die Berater würden dann nachhaken. Für die Regionalbanken ist die Nähe zu den Kunden dann oft hilfreich. „Unsere Beraterinnen und Berater kennen ihre Kunden und deren Umfeld“, sagt Petra Schmitz-Hermes, „durch diese unmittelbare Nähe können wir viele Dinge problemlos lösen“.

Anspruch verfällt nicht

Bislang fallen die Gelder nach 30 Jahren den Banken zu - das allerdings nur buchhalterisch als Gewinn. Der Anspruch der Besitzer oder deren Erben verfällt damit aber noch nicht. Das Bundesfinanzministerium ließ kürzlich auf Nachfrage des „Handelsblatts“ mitteilen, dass man das Thema „Nachrichtenlose Konten“ eng im Blick habe. Offenbar gebe allerdings derzeit keine Planungen, eine abschließende gesetzliche Regelung einzuführen.