Arnsberg. Nicht alle in Arnsberg angeklagten Waffenhändler sitzen schon in Haft. Wir erklären, warum der Zwischenhändler aus Menden auf freiem Fuß ist.
Einzug eines kriminellen Waffenhändler-Netzes ins Landgericht Arnsberg: Der Hauptangeklagte aus Neheim - er hatte beim Waffenhersteller und seinen damaligen Arbeitgeber Umarex über Jahre Teile entwendet, daraus vor allem Pistolen Walther P22 montiert und diese illegal „auf den Markt“ gebracht - wird am Donnerstag in Handschellen in Schwerverbrecher-Manier in den Saal geführt. So geht es nicht allen: Bei zwei der sechs in diesem Verfahren angeklagten Männern sind die Haftbefehle nicht vollzogen worden - unter ihnen auch der Mendener Zwischenhändler Dimitri H., über den die Waffen erst im großen Stile verkauft werden konnten. Wie kann das sein?
Frühzeitig geständig
„Er war frühzeitig umfassend geständig“, verrät Thomas Poggel, Sprecher der Staatsanwaltschaft Arnsberg. So gab es gegen ihn zwar einen Haftbefehl, doch wird bei ihm keine Fluchtgefahr unterstellt. Das hat mit familiären Gründen zu tun - der Deutsch-Kasache ist verheiratet - oder kann auch von Faktoren wie Arbeitsstelle oder Straferwartung zu tun haben. Diese ist bei dem Mendener Zwischenhändler inzwischen zumindest vermindert, weil er viele Namen seiner Kunden genannt und somit der Staatsanwaltschaft weitere Ermittlungsansätze gegeben hat. Der Mendener trug offenbar maßgeblich dazu bei, dass das Landgericht nun nicht haarklein die Abläufe des Waffenhandels rekonstruieren muss. Viele Fakten liegen schon auf dem Tisch. „Wenn einer so auspackt, ist davon auszugehen, dass er sich auch dem Verfahren stellt“, sagt Poggel. Dass der Mendener in einer höchst kriminellen Szene dabei auch ein Risiko eingeht, wird ihm vor der Justiz ebenfalls zu seinem Gunsten angerechnet.
Hagener auf freiem Fuß
Auch ein Hagener Angeklagter, der Waffen von dem Mendener gekauft haben soll, ist auf freiem Fuß. „Hier ist von einer geringen Beteiligung zu sprechen“, erklärt Thomas Poggel. Da so auch die Strafmaßerwartung geringer ist, geht die Staatsanwaltschaft in einer Prognose auch hier davon aus, dass keine Fluchtgefahr besteht. „Die Funktion der Haft vor dem Prozess ist ja letztendlich nur, dass die Anwesenheit der Angeklagten im Hauptverfahren gesichert ist“, so Poggel.
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Auflagen zu erfüllen
Bei den ausgesetzten Haftbefehlen seien aber Auflagen zu erfüllen wie dem Nachkommen von Ladungen oder einer Meldepflicht bei der Polizei. Auch Kautionen können hinterlegt werden. Tatsächlich waren beide davon betroffenen Angeklagten als „freie Männer“ eigenständig ins Gericht gekommen und nach der Unterbrechung des Hauptverfahrens auch wieder als solche gegangen. „Die Haftbefehle sind damit natürlich nicht aus der Welt“, so Staatsanwalt Thomas Schmelzer. Die Mendener Dimitri H. muss regelmäßig bei der Polizei vorstellig werden und sich melden.
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Neheimer zurück in die JVA
Der hauptangeklagte Deutsch-Portugiese musste hingegen zurück in die JVA Hamm, die Hagener Waffenkäufer A. und I. in die Justivollzugsanstalten Bielefeld und Bochum. Der Brite P. kam aus der JVA Attendorn, verließ aber das Verfahren am Donnerstag aus gesundheitlichen Gründen. Er kam zunächst zur Erstversorgung ins Krankenhaus nach Neheim und ist inzwischen wieder in einer Justizeinrichtung. Staatsanwalt Thomas Schmelzer deutete vorsorglich an, dass das Verfahren gegen den Briten - auch er kaufte und verkaufte in seiner Waffenwerkstatt in Unna illegal Waffen - möglicherweise abgetrennt werden müsste, sollten gesundheitliche Gründe längere Prozessverzögerungen erwarten lassen.