Arnsberg/Meschede. Der achtjährige Rüde Bongo hat einen tollen Job: Als Gerichtshund betreut er junge Zeugen am Arnsberger Landgericht.

Völlig unaufgeregt öffnet ein Justizbeamter die Sicherheitsschleuse – und Bongo betritt das Foyer des Arnsberger Landgerichts. Dort ist der Besucher bekannt wie ein bunter Hund; im wahrsten Sinne des Wortes, denn die Amerikanische Bulldogge hat eine ebenso wichtige wie sensible Aufgabe: Als „Gerichtshund“ begleitet und betreut Bongo Zeugen während der Vernehmung – überwiegend junge Menschen, die unter psychischen Erkrankungen leiden und/oder traumatische Erlebnisse wie Missbrauch verarbeiten müssen. „Bongo kann perfekt trösten“, berichtet sein Frauchen Melanie Scheuermann, „und Kinder sind für ihn das Größte!“

Listenhund als Seelentröster

„Kaum zu glauben“, sagen Sie, „ein Listenhund als Seelentröster?“ Doch der achtjährige Rüde ist ein wirklich außergewöhnliches Tier, er scheint Probleme förmlich zu erspüren – und hilft, sie zu lösen. „Bongo hat besondere Fähigkeiten, kann wahrnehmen und unterstützen“, lobt Melanie Scheuermann, Anwältin aus Meschede, spezialisiert auf Familien- und Erbrecht, während ihr „Partner“ entspannt zu ihren Füßen liegt. Hin und wieder gibt’s ein paar Streicheleinheiten von vorbei gehenden Mitarbeitern des Gerichts – wie gesagt, der kräftige Kerl mit den sanften Kulleraugen kommt überall gut an.

„Äußerst fürsorglich, treu und anhänglich“

Listenhunde sind Hunde, die per Gesetz als gefährliche/potenziell gefährliche Hunde angesehen werden. Das heißt aber nicht, dass diese Hunde im Laufe ihres Lebens zwangsläufig aggressiv werden. Vielmehr ist hier der Besitzer in besonderem Maße gefordert.

Der American Bulldog ist ein mittelgroßer, eindrucksvoller, sehr kräftiger und zugleich eleganter Hund. Verantwortungsbewusst gezüchtet, ist er ein in sich ruhender und zugleich temperamentvoller Hund, äußerst aufmerksam und intelligent. Speziell „seinen“ Menschen gegenüber zeigt er sich als äußerst fürsorglich, treu und anhänglich.

Und wie wird man als Fellnase ein „Gerichtshund“? Am Anfang stand, wie so oft, der Zufall. Im Jahr 2014 betreute Melanie Scheuermann eine Klientin, die während ihrer Kindheit vom eigenen Vater missbraucht worden war. Inzwischen Anfang 20, konnte die junge Frau ihre schlimmen Erlebnisse niemandem anvertrauen. Bis Bongo seinen Kopf auf ihren Oberschenkel legte, als wollte er sagen: „Vertrau uns...“ Das tat sie, doch während der Gerichtsverhandlung stockten ihr erneut die Worte. „Bongo muss her“, war die Anwältin fest entschlossen, für Gerechtigkeit zu sorgen – und fand im Vorsitzenden Richter einen Verbündeten! Dieser ließ Bongo in den Saal – und die Aussage kam zustande. Acht Jahre Haft für den Peiniger – und der Durchbruch als Gerichtshund für Bongo!

Gerichtshund Bongo (auf der Bank, rechts) daheim beim Chillen mit Frauchen und seiner Hunde-Gang.
Gerichtshund Bongo (auf der Bank, rechts) daheim beim Chillen mit Frauchen und seiner Hunde-Gang. © WP | privat

Im Landgericht ist Bongo bis heute ein stets gern gesehener Gast, und zum Sommerfest wird er natürlich auch regelmäßig eingeladen. Seiner „Arbeit“ geht er meist im „Kinderzimmer“ des Gerichtsgebäudes nach – und in Frauchens Kanzlei in der Kreisstadt. „Jetzt habe ich nicht nur eine starke Anwältin, sondern auch einen starken Hund“, hat es ein junger Schützling des Duos erst kürzlich auf den Punkt gebracht.

Duo ist eigentlich ein Quintett

Obwohl, eigentlich ist das Duo ja ein Quintett, denn Bongo, den Melanie Scheuermann 2011 aus dem Tierheim Essen ins Sauerland holte, hat drei wedelnde Kumpel! Auch deren Rassen mögen bei manchem Zeitgenossen Argwohn wecken – doch das lässt ihre Besitzerin kalt. Ob Wesenstest oder Sachkundenachweis – für die „Gang“ von der Mescheder Hünenburg alles kein Ding.

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„Man muss Hunde beschäftigen, das gilt für alle Rassen, und sie in den Alltag einbinden“, sagt Melanie Scheuermann, die sich im Tierschutz außerdem u.a. für Pferde und Bienen engagiert. Mit Bongo ist ihr das perfekt gelungen.