Oeventrop. Joachim Dolle baut seit 2008 den Vogel für die Königs- und Kaiserschießen bei den Oeventroper Schützenfesten.

Der Meister kennt seine Vögel. Joachim Dolle steht auch deshalb am Montagmorgen beim Vogelschießen der Schützenbruderschaft St. Sebastianus Oeventrop im Blickpunkt. Der Vogelbauer weiß am besten, wie sein Werk zu knacken und aus dem Kugelfang zu holen ist. „158 Schuss sollte er diesmal aushalten“, sagt Dolle.

Tischlermeister seit 1971 im Familienbetrieb tätig

Der 65-jährige Joachim Dolle ist Tischlermeister und Bestatter in Oeventrop.

Nach seiner Lehre in Freieinohl stieg er in den Familienbetrieb ein und führte diesen auch nach dem Tod seines Vaters. „Da wurde ich ins kalte Wasser geworfen“, erzählt er heute.

Seit 1971 arbeitet er in der eigenen Firma, bei der früher auch Angestellte tätig waren und die heute als Ein-Mann-Betrieb fortgeführt wird.

Der Vogelbauer ist verheiratet und hat mit seiner Frau Bärbel eine Tochter. Die 38-jährige Frau ist Sonderpädagogin.

Den elterlichen Betrieb will sie folglich nicht übernehmen. Joachim Dolle hat aber für den Bestattungsbetrieb bereits eine Nachfolgeregelung treffen können. Die Werkstatt will er behalten. „Da möchte ich keine fremden Leute drin haben“, sagt er. Sein Wohnhaus grenzt direkt an die Werkstatt an.

Geschossen wird in Oeventrop im Schatten der Autobahnbrücke diesmal auf einen Rotmilan, dessen Färbungen und Gefiederform Martin Niggemann akribisch aufgemalt hat. Joachim Dolle baut „nur“ den Vogel-Rohling, ehe Niggemann die Farbe ins Spiel bringt. Knapp 17 Kilo dürfte der Vogel in diesem Jahr schwer sein bei einer Spannweite von 1,55 Meter. Der Kopf ist aus Lindenholz. „Den kriegt der neue König nachher von mir wieder zur Erinnerung auf einem Brett geschenkt“, erzählt Dolle. Vom Korpus aber soll nicht viel übrig bleiben. Der ist aus Lärchenholz. „Das ist grobfasrig und spleißt so schön“, sagt der Tischlermeister, „das macht das Schießen am Ende so schön spannend!“.

Joachim Dolle mit der Schablone für den Bau eines Vogelflügels.
Joachim Dolle mit der Schablone für den Bau eines Vogelflügels. © Martin Haselhorst

In Oeventrop kommt es nicht selten vor, dass am Ende nur noch ein paar dicke Holzfasern im Kugelfang hängen. Damit das so kommt und die Kugeln bei Treffern den Vogel auch tatsächlich nach und nach zerlegen, muss Dolle sich das Holz für den Korpus genau anschauen. „Es darf nicht zu verwurzelt sein“, sagt er. In seiner Werkstatt lagern jetzt schon ein paar Stämme, die für den Vogel 2020 in Frage kommen.

Seit 2008 Vogelbauer

Seinen Job als Vogelbauer übernahm Joachim Dolle im Jahr 2008 von Fritz Bauerdick. „Seitdem habe ich jeden meiner Vögel auch fallen sehen“, erzählt er. Und jedes Jahr hat er einen Vogel gebaut, beim Kreisschützenfest 2011 sogar drei (Kaiser und Jungschützenkönig) und beim Jubiläumsschützenfest kürzlich ebenfalls einen „Flattermann“ für den zu ermittelnden Kaiser. Rund 130 Stunden Arbeit stecken in jedem Schützenvogel, vier intensive Arbeitswochen gehen neben dem normalen Job dafür drauf. Ein Klagen ist nicht zu hören. Im Gegenteil: „Es ist für mich eine Ehre, den Vogel zu bauen“, sagt Joachim Dolle, „ich versuche immer, mein Bestes zu geben!“

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Einmal war das Beste so gut, dass es 222 Schuss dauerte, bis der Vogel fiel. Das bringt nicht nur die Schützen mit Königsambitionen ins Schwitzen, sondern vor allem den Vorstand der Bruderschaft. „Man kann nie genau vorhersagen, wie lange der Vogel oben bleibt, aber zu lange soll es nicht sein“, weiß der Vogelbauer, „das Geld wird schließlich in der Schützenhalle verdient!“ Ein zu langes Vogelschießen bringt den Zeitplan des Schützenfestes gehörig durcheinander und setzt auch den neuen Regenten mitsamt Königin unter Zeitdruck.

49 Jahre in Kompanie Dinschede

Auf seinen eigenen Vogel geschossen hat Joachim Dolle noch nie. Vor 20 Jahren aber war er König, wurde dann Beisitzer und ist seitdem richtig aktiv bei den Oeventroper Schützen. Mitglied in der Kompanie Dinschede ist er bereits seit 49 Jahren. Sein Handwerk hat er von der Pike auf gelernt. Er ist zwar der erste Vogelbauer in der Familie, doch seinen heutigen Ein-Mann-Betrieb führt er bereits in dritter Generation. Sein Großvater hatte die Tischlerei 1927 gegründet.

Joachim Dolle ist auch Bestatter, wird dieses Geschäft aber bald abgeben. Seine Werkstatt jedoch wird bleiben. Er will weitermachen, solange es geht. „Der Vogel muss schließlich aus dem Dorf kommen!“, sagt er.

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