Neheim. . Die Künstlerin Astrid Breuer will mit Portraits von 17 ertrunkenen Zwangsarbeiterinnen an Opfer der Möhnekatastrophe im Jahr 1943 erinnern.

Die Neheimer Künstlerin Astrid Breuer will unter der Neheimer Autobahnbrücke nahe der Mendener Straße ein Erinnerungsmal für etwa 700 Zwangsarbeiter/innen schaffen, die im Zweiten Weltkrieg am 17. Mai 1943 nach der Bombardierung der Möhne-Sperrmauer in einer Flutwelle ertranken. Heute überspannt die Autobahnbrücke A 46 an der Anschlussstelle Neheim/Voßwinkel die Stelle, wo die Möhne in die Ruhr mündet und sich damals das Flutwasser enorm aufstaute.

Kunstprojekt ging Denkmal voraus

Bereits 2016 startete Astrid Breuer mit 17 Schülern des Neheimer St.-Ursula-Gymnasiums ein Projekt, bei dem Schüler im Breuer-Atelier zusammenkamen, um von 17 Zwangarbeiterinnen-Portraits eine zweite künstlerische Darstellung mit persönlichen Empfindungen zu erstellen. Diese Doppel-Portraits, die 2018 anlässlich „75 Jahre Möhnekatastrophe“ ausgestellt wurden, erhielten den NRW-Jugendkulturpreis.

Die Neheimer Künstlerin Astrid Breuer zeigt Edelstahlplatten, auf denen Portraits von Zwangarbeiterinnen  eingeätzt wurden. Später zeigt jede Platte ein Portrait
Die Neheimer Künstlerin Astrid Breuer zeigt Edelstahlplatten, auf denen Portraits von Zwangarbeiterinnen eingeätzt wurden. Später zeigt jede Platte ein Portrait © Martin Schwarz

Nun ist es Astrid Breuer ein Herzensanliegen, auch vor Ort langfristig und dauerhaft an den tragischen Tod der Zwangarbeiterinnen zu erinnern. „Großformatige Fotos, die hoch oben an die Brückenpfeiler geklebt werden würden, wären nicht witterungsbeständig“, so die Künstlerin. Deshalb will sie 1,10 Meter breite und 1,30 Meter hohe Edelstrahlplatten fertigen lassen, bei denen durch ein spezielles Foto-Ätzverfahren die Portraitaufnahmen aufgebracht werden. Diese Platten könnte es hochglänzend, semiglänzend oder matt geben. Die Material-Art will Breuer noch vor Ort ausprobieren. Jede der 17 geplanten Edelstahlplatten würde dann jeweils ein Original-Portrait der Zwangsarbeiterinnen zeigen. Das Doppelportrait im nebenstehenden Foto war nur probeweise zu Anschauungszwecken gemacht worden.

Denkmal soll „Opfer der Möhnewiesen“ heißen

Das Erinnerungsmal mit dem Titel „Opfer der Möhnewiesen“ soll unter der Brücke zusätzliche Info-Tafeln auf Augenhöhe erhalten. Hier gibt es Angaben zu allen Opfern - auch per QR-Code. Außerdem ist an Beleuchtung des Denkmals durch LED-Spots gedacht. Die Künstlerin geht davon aus, dass ein großer Teil der Denkmalkosten - sie liegen im niedrigen fünfstelligen Bereich - durch die Bürgerstiftung Arnsberg gedeckt werden, die schon das Kunstprojekt mit den SUG-Schülern gefördert hatten.

Ort des geplanten Denkmals
Ort des geplanten Denkmals © tdierkes, ,Stepmap

Im Kulturausschuss der Stadt Arnsberg ist Astrid Breuers Vorhaben quer durch die Parteien gelobt worden. Ausschussvorsitzender Peter Blume (CDU) sprach von einem hervorragenden Beitrag zur Erinnerungskultur, den die Stadt gern Arnsberg gern unterstützen möge.

Künstlerin befürchtet keine Vandalismus-Schäden

Die Bedenken einzelner Kulturausschuss-Politiker, wonach es zu Vandalismus-Schäden am geplanten Denkmal kommen könnte, teilt Astrid Breuer nicht. Sie verwies auf ihre Paste-Up-Aktion, bei der sie im Vorjahr unter der A-46-Brücke Bilder von Zwangsarbeiterinnen an Säulen anklebte, die bis auf eine Ausnahme alle hängen blieben und nur der Witterung zum Opfer fielen.

KOMMENTAR von Martin Schwarz

Wichtige Erinnerung an tragischen Tod der Gefangenen

Es ist gut, dass die Neheimer Künstlerin Astrid Breuer mit dem Erinnerungsmal „Opfer der Möhnewiesen“ an den tragischen Tod von etwa 700 Zwangsarbeitern erinnern will. Denn der damaligen Frauen und Männer, die aus ihren Heimatgebieten nach Deutschland verschleppt wurden und in der Wasserflut der Möhnekatastrophe ums Leben kamen, ist in der Kriegszeit und auch in den späteren Jahren nicht sonderlich gedacht worden. Die ertrunkenen Zwangsarbeiter/innen wurden in Massengräbern auf dem Neheimer Möhnefriedhof verscharrt.

Für die Gefangenen aus Osteuropa ist es schon eine tragische Ironie des Schicksals , dass sie durch einen britischen Bombenabwurf , der eine Wasserflut auslöste, ums Leben kamen, obwohl die Alliierten prinzipiell die in Deutschland Gefangenen befreien wollten. Niemand sollte deutsche und osteuropäische Tote im Gedenken auseinanderdividieren. So wurde auch am Möhnekatastrophen-Denkmal auf der Neheimer Hauptstraße sowohl der 181 ertrunkenen Neheimer Bürger als auch der 721 ertrunkenen Zivil- und Krieggefangenen gedacht. Das macht aber ein Denkmal für die Zwangsarbeiterinnen nicht überflüssig - im Gegenteil. Das besondere Schicksal sollte extra gewürdigt werden. Über 70 Jahre nach Kriegsende wird damals Versäumtes nachgeholt.