Oeventrop. . Familie Franzl aus Oeventrop ist empört: Eine Zugbegleiterin löst mit ihrem Handeln Ungewissheit und große Sorgen um Sohn Jan Philipp (21) aus.

Rollstuhlfahrer Jan Philipp Franzl ist meist auf fremde Hilfe angewiesen und darauf, dass bei seiner Bahnfahrt von Olsberg nach Oeventrop alles funktioniert. Doch jetzt hat ihn die Zugbegleiterin wegen eines angeblichen Defekts der im Triebwagen mitgeführten manuell bedienbaren Rolli-Rampe schon in Freienohl abgesetzt.

Warum, das ist selbst der Bahn ein Rätsel. Mutter Anja Franzl jedenfalls wartete am Bahnhof Oeventrop vergeblich. Und machte sich große Sorgen.

Familie ist in Sorge um den Sohn

Das Abholen des 21-Jährigen vom Bahnsteig ist für Familie Franzl längst Routine. Doch diesmal rollt der Zug in den Bahnhof ein – und von Jan-Phillip keine Spur. Das ist noch nie passiert. Nun setzt Anja Franzl alle Hebel in Bewegung. Ruft die Familienmitglieder an. In der Hoffnung, dass sich ihr Sohn gemeldet haben könnte. Nichts.

Die Sorgen wachsen. Schließlich greift sie erneut zum Telefon und fragt bei Jan-Phillips Schulbegleiter in Olsberg nach dem Verbleib des Sohnes. Doch der hat den Jungen wie stets zum Bahnhof gebracht und dort in den Zug gesetzt. Dann endlich die erlösende Nachricht: Der 21-jährige ist zu Hause angekommen. Mit einer Taxe. Was war passiert?

Fassungslos über Vorgehen der Zugbegleiterin

In Freienohl – der dortige Bahnhof ist bereits mit zu den Ausgangstüren der Züge niveaugleichen Bahnsteigen ausgestattet – schiebt die verantwortliche Zugbegleiterin den 21-Jährigen mit dem Hinweis auf die nicht funktionierende Rampe aus dem Zug. Sie bestellt dem jungen Rollstuhlfahrer eine Taxe und händigt ihm auch einen dafür erforderlichen Berechtigungsschein aus. Doch davon weiß Familie Franzl nichts und tappt sorgenvoll im Ungewissen.

Noch immer ist Anja Franzl fassungslos, voller Groll über dieses Vorgehen der Zugbegleiterin. „Denn nie hat es mit der Rampe in Oeventrop irgendwelche Probleme gegeben. Deshalb kann ich das Ganze auch überhaupt nicht nachvollziehen. Wir waren alle völlig aufgeregt und fragten uns immer wieder: Wo ist Jan-Phillip?“ Denn schließlich könne sich ihr Sohn, der an einer Muskelkrankheit leide, nicht selbstständig aus dem Zug begeben. „Ohne Hilfe kann er noch nicht einmal sein Handy aus der Tasche ziehen.“ Kein Wunder, dass die Sorgen der Mutter minütlich wuchsen.

Rampe für Rolli-Fahrer funktioniert manuell

Die Bahn reagiert auf den Vorfall: Die Rollstuhlrampe funktioniert nicht etwa automatisch, sondern wird als Klapprampe in allen Zügen mitgeführt, um eben Behinderten, auf Rollatoren angewiesenen Senioren sowie Rollifahrern den problemlosen Ein- und Ausstieg zu ermöglichen, wie ein Bahnsprecher auf Anfrage unserer Zeitung erklärt.

So habe sich eine solche Rampe auch in dem betreffenden PESA-Fahrzeug befunden. „Sie wird manuell eingesetzt und ist leicht zu handhaben. Aber warum unsere Mitarbeiterin so reagiert hat, dass wissen wir bislang nicht.“ Denn die Zugbegleiterin sei derzeit nicht erreichbar – und der „recht ungewöhnliche“ Vorgang damit nicht aufzuhellen. Zumal technische Probleme hier auszuschließen seien.

Bahnsprecher entschuldigt sich für den Vorfall

„Daher können wir uns als Bahn zunächst einmal nur bei Jan-Phillip und seinen Eltern entschuldigen.“ Allerdings wolle man weiter nach der Ursache forschen, so der Bahnvertreter. Und dass die Zugbegleiterin die Eltern nicht über das vorzeitige Aussteigen ihres Sohnes in Freienohl informiert habe, sei vielleicht damit zu erklären, „dass sie nicht wusste, dass der junge Mann zum selbstständigen Telefonieren nicht in der Lage war“.

Verwunderlich sei das Vorgehen der Kollegin dennoch, da alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bahn für den richtigen Umgang zum Beispiel mit Rollstuhlfahrern geschult würden. „Wir werden aber diesen Vorfall nutzen, um erneut alle für dieses Thema zu sensibilisieren.“

Bahnsteig in Oeventrop noch nicht modernisiert

Noch einmal zur Bahnsteighöhe: Die beträgt laut Bahn in Freienohl wie inzwischen auf vielen Bahnhöfen von der Schienenoberkante an gemessen exakt 76 Zentimeter und liege damit niveaugleich mit den Ausstiegen der eingesetzten Fahrzeuge. Das sei inzwischen die Standardhöhe.

Doch in Oeventrop ist der Bahnsteig noch nicht modernisiert, ist nur 38 Zentimeter hoch. „Dennoch reicht das aus, um die Rampe einzusetzen. Das lässt sich gut überbrücken.“ Und hat bislang ja auch immer funktioniert.

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