Arnsberg. . Waldbesitzer und Forstunternehmen sorgen sich um Existenz und Zukunft des Waldes. Waldbauern fordern in Voßwinkel Soforthilfe von Ministerin.

Besser aus erster Hand kann sich eine NRW-Umweltministerin wohl kaum informieren, wenn es um das Thema Wald geht: Oberförster Ansgar Breuer aus dem Wildwald Voßwinkel zeigt Ursula Heinen-Esser vor Ort anschaulich, was der Borkenkäfer mit der Fichte anrichtet. Der Waldbauernverband NRW lud zu einem dringend notwendigen Gedankenaustausch ins Sauerland ein. Mit nach Hause nahm die Politikerin einen Hilferuf und die Forderung nach 16,5 Millionen Euro Unterstützungsgeldern.

„Das ist keine Hilfe für uns, sondern für den Wald“, erklärt Verbandsvorsitzender Philipp Freiherr Heereman (Riesenbeck), „wir müssen eine einmalige Katastrophe eindämmen“. Der Borkenkäfer setzt allen Waldbesitzern zu.

Die Chronologie des Problems

Das Problem: Sturm Friederike im Januar 2018 hat Bäume geworfen und geschwächt, der heiße Sommer dem Wald dann den Rest gegeben, als der Borkenkäfer zu seinem dritten Jahresflug ausschwärmte. Stark sichtbar wurden auch stehende Bestände, Jungkulturen und auch nicht abgefahrene Polter angegriffen. Der Winter zu kurz, feucht und mild. Betroffen sind alle Waldbesitzarten - privat, kommunal oder staatlich: Der Wald kann einfach nicht mehr schnell genug geräumt werden.

Der Borkenkäfer hat dieser Fichtenrinde stark zugesetzt.
Der Borkenkäfer hat dieser Fichtenrinde stark zugesetzt. © Martin Haselhorst

„Wir brauchen eine Soforthilfe“, fordert der 2. Vorsitzende Ferdinand Funke (Finnentrop). Unbürokratisch und schnell müssten Gelder freigegeben werden. „Es geht jetzt darum, das angegriffene Holz schnell aus dem Wald zu holen“, so der Sauerländer. Die bislang angekündigten 1,2 Millionen Euro Hilfe für NRW würden da hinten und vorne nicht reichen – das sind gerade einmal 30 Cent Unterstützung pro Festmeter. Zu wenig, wenn die Holzpreise wegen eines satten Marktes ziemlich im Keller sind.

Von den bislang angebotenen Mitteln kommen nur 300.000 Euro aus Bundesmitteln. „Das ist schon eine Frechheit aus Berlin. Das reicht absolut nicht“, beklagen Vorsitzender Philipp Freiherr Heereman (Riesenbeck) und sein Stellvertreter Ferdinand Funke (Finnentrop). Nötig sei unbürokratisch abrufbare Soforthilfe, damit unmittelbar Maßnahmen eingeleitet werden können. „Die Zeit drängt“, so Freiherr Heereman.

5 Euro Hilfe pro Festmeter Schadholz gefordert

Grundlage der Forderung nach 16,5 Millionen Euro Hilfe ist eine Berechnung, die von 3,3 Millionen Festmeter Schadholz aus privatem Waldbesitz ausgeht und einen Faktor von 5 Euro pro Festmeter ansetzt. Benötigt werde das Geld für Aufarbeitung des Schadholzes, Schaffung von Trockenlagerplätzen, den Einsatz von Holzschutzmitteln, für Wegebau und -sanierung, Transportkapazitäten und vorbeugende Maßnahmen gegen künftige Schadensereignisse. „Es geht jetzt vor allem erst einmal darum, das Holz aus den Wald zu bringen“, so Ferdinand Funke. Ansonsten drohe eine weitere Ausbreitung des Borkenkäfers und nachhaltiger Schaden für den Wald.

Waldbauern schlagen Maßnahmenplan vor

Der Waldbauernverband NRW fordert Millionenbeträge, um Sofortmaßnahmen gegen den Borkenkäfer einzuleiten. Die Eindämmung der Käferkalamität sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Konkret sind das die Förderung der Aufarbeitung des Schadholzes, des Aufbaus von Nass- und Trockenlagerplätzen, der Wiederaufforstung, des Wegebaus und -sanierung und des Ausbaus von Transportkapazitäten.

Zudem sollte es Einschlagsbeschränkungen für Frischholz in den Staatsforsten in NRW und Steuererleichterungen für die Waldbesitzer geben.

Umweltministerin Heinen-Esser sagte in Voßwinkel zu, dass sich ihr Haus schnell mit möglichen Hilfen beschäftigen wolle.

Die NRW-Ministerin versprach keine Summen, kündigte aber an, dass sich das Umweltministerium sehr bald im Haus (auch unter Beteiligung des Bundes) zusammensetzen werde, um Hilfen zu erörtern. Es sei gut, nun eine Zahl und Verwendungszwecke zu kennen.

Die privaten Waldbesitzer fürchten auch um ihre Existenz. „Das Thema ist bitter“, sagt Franziskus von Ketteler als Gastgeber im Wildwald. In seinem Wald stehen 30 Prozent Nadelholz, die aber 80 Prozent des Umsatzes ausmachen. Da gehe es dann auch um Jobs. Die wirtschaftliche Nutzung des Waldes sei Grundlage für den Schutzgedanken, der sich auch hinter dem umweltpädagogischen Konzept in Voßwinkel verberge.

Auch Forstunternehmen sorgen sich

Unterstützung fordern nicht nur Waldbauern. Auch die Forstunternehmer im Land sehen große Probleme auf die Branche zukommen. Einer von ihnen ist Christoph Kraas aus Oeventrop. Der Vorsitzende der Forstunternehmer NRW räumt ein, dass Forstunternehmen jetzt noch verdienen beim Räumen des Waldes, doch die Zukunft sieht er nicht rosig, wenn der Borkenkäfer nicht gestoppt werden kann. „Mit dem, was jetzt erarbeitet wird, müssen wir die nächsten 30 Jahre haushalten“, sagt Kraas.

Er fordert Einschlagstopp für Frischholz, Verkaufsstopp für Buche als Brennholz, gesetzliche Verpflichtung von Waldbesitzern zur Borkenkäferbekämpfung, Steuererleichterung für das Cluster Holz, Beschleunigung von nötigen Genehmigungen, Förderung von Nass- und Trockenlagern sowie Schälmaschinen und Wegebau.

Holzlager in Oeventrop entsteht

Kraas selbst wird nun ein Nasslager in Oeventrop auf einem Feld an der Rumbecker Brücke errichten. Auf drei Hektar sollen 50.000 Kubikmeter Holz - rund 40.000 Stämme - zwischengelagert werden können. Nur durch die Lager könne der Markt gesteuert werden. Der Oeventroper sorgt sich: „Sollte dieses Jahr der Wetterverlauf sehr trocken und milde bleiben, wird voraussichtlich der Käfer nicht dreifach, sondern in zehnfacher Menge auftreten“, sagt er, „wenn nichts passiert, haben wir die Branche in drei Jahren komplett am Boden, denn 30 Jahre wächst das Holz bis wieder erste Erträge generiert werden können“.