Arnsberg. . Für die Experten fehlt es Teilen auch der heimischen Bevölkerung an der erforderlichen Sensibilität für Umwelt und Umweltbelange.

Die Natur krankt seit Jahren und sie erfordert daher - um sie für nachfolgende Generation zu bewahren - dringend pflegliche Behandlung. Auch im Kleinen. Was aber selbstverständlich sein sollte, das ist offenbar nicht bei allen Menschen angekommen. Denn: Noch immer werden Müll und andere Abfälle wild in Wald und Flur entsorgt.

Für Lorenz Lüke-Sellhorst, Fachgebietsleiter „Landeseigener Forst“ beim Lehr- und Versuchsforstamt Arnsberger Wald, völlig unverständlich. „Weil heute niemand mehr Abfall in der Natur entsorgen muss, denn das Entsorgungsangebot vor Ort ist groß.“

„Ich stehe oft fassungslos davor und frage: warum?“

Steht oft fassungslos vor den wilden Müllhaufen: Lorenz Lüke-Sellhorst, Leiter des Fachbereichs „Landeseigener Forst
Steht oft fassungslos vor den wilden Müllhaufen: Lorenz Lüke-Sellhorst, Leiter des Fachbereichs „Landeseigener Forst © Wolfgang Becker

Dennoch werde weiterhin die Natur, weiß der Forstmann aus langjährigem traurigen Erleben, als Deponie genutzt. Nach dem Motto: Das darf ich doch.

„Nein,“ unterstreicht Lüke-Sellhorst gleich mehrfach, „das darf ich eben nicht. Sogar die Entsorgung von Grünschnitt in der Natur ist ganz klar verboten.“ Dennoch seien die Hinterlassenschaften eines solchen Verhaltens regelmäßig zu entdecken. „Und ich stehe oft fassungslos davor und frage mich: warum?“

Wichtig wäre die Sensibilisierung schon im Elternhaus

Den vermeintlichen Grund liefert Lüke-Sellhorst gleich mit: „Wohl aus Bequemlichkeit. Weil der Wald näher als der Wertstoffbringhof ist.“ Scheinbar fehle es bei Teilen der Gesellschaft an der nötigen Sensibilität für Umweltbelange. Wichtig wäre daher die entsprechende Sensibilisierung schon im Elternhaus.

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Allerdings: „Mit der großen Keule erreicht man nichts. Man sollte aber immer wieder an das Bewusstsein der Menschen appellieren. Denn hier muss unsere Gesellschaft einfach besser werden.“

„Das kostet uns dann Arbeit, Zeit und Geld“

Und: Sei erst einmal ein wilder Entsorgungspunkt mit zum Beispiel Grünschnitt angelegt, „dann kommt es zu einer Kettenreaktion und es bleibt dort nicht nur bei verrottbarem Abfall.“

Wird Müll in der Natur gefunden, muss er entsorgt werden. Und da schwillt Lüke-Sellhorst gleich nochmal der Kamm: „Das kostet uns Forstbehörden dann Arbeit, Zeit und Geld.“ Übrigens: Statistiken über das wilde Müllaufkommen werden nicht geführt.

„Arnsberg putz(t) munter“ bürgerschaftlich sehr wertvoll

Vor diesem Hintergrund sei eine Aktion wie „Arnsberg putz(t) munter“ als freiwilliges gemeinschaftliches Engagement nicht hoch genug zu bewerten. „Davon lebt unsere Gesellschaft, weil es bürgerschaftlich sehr wertvoll ist und das Interesse an einer lebenswerten Umwelt zeigt. Einfach vorbildlich.“

Für Rainer Fischer als Geschäftsführer der „Landesgemeinschaft Naturschutz“ (LNU) mit Sitz in Neheim ist eine solche Missachtung einfachster, weil klarer Regelungen ebenfalls nicht hinnehmbar.

Das Müllaufkommen muss insgesamt reduziert werden

„Das Müllaufkommen muss grundsätzlich reduziert werden.“ LNU-Landesgeschäftsführer Rainer Fischer. Foto: Herby Sachs
„Das Müllaufkommen muss grundsätzlich reduziert werden.“ LNU-Landesgeschäftsführer Rainer Fischer. Foto: Herby Sachs

Auch er sieht hier bei vielen Menschen mangelnde Sensibilisierung für Umweltthemen. Was er mit einem einfachen Beispiel unterlegt: „Keine der vielen Kommunen hat die langjährigen Säuberungsaktionen bislang eingestellt. Weil weiterhin Müll wild entsorgt wird.“

Allerdings sieht Fischer - zumindest beim Thema Plastik - Licht am Horizont: Durch die häufige Berichterstattung über Plastikmüll in den Meeren habe sich das Bewusstsein dafür in der Bevölkerung geschärft. Grundsätzliches Ziel müsse daher sein, das Müllaufkommen als solches zu reduzieren. „Für die Politik bleibt also noch sehr viel zu tun.“

Selbst Grünschnittabfälle können das Wild vergiften

Selbst Grünschnittabfälle aus dem Garten können Wild vergiften und qualvoll verenden lassen: Heinrich Kammer, Jagdpächter in Arnsberg.
Selbst Grünschnittabfälle aus dem Garten können Wild vergiften und qualvoll verenden lassen: Heinrich Kammer, Jagdpächter in Arnsberg. © Ted Jones

Auf die unmittelbaren Gefahren für die Waldbewohner durch illegale Müllentsorgung weist der Arnsberger Jagdpächter Heinrich Kammer hin: „Selbst Grünschnittabfälle wie Eibenäste aus dem Garten können das Wild vergiften, das dann oft qualvoll verendet.“

Ebenso würden sich Kopfschmuck tragende Tiere häufig in weggeworfenen Drähten verfangen. „Mit den selben schlimmen Folgen.“

„Ich denke, es ist auch eine Frage der Erziehung“

Zu diesem Thema auch drei Fragen an Lothar Prinzler, Vorsitzender des Arnsberger Anglerverein „Ruhrwellen“. Der Verein engagiert sich seit jeher für Sauberkeit in der Natur.

1. Wilder Müll, ist das auch ein Thema, das Angler auf die Palme bringt?

Selbstverständlich! Nicht umsonst führen wir seit etwa 40 Jahren unsere „Ruhrreinigungsaktion“ durch, noch bevor die Stadt mit „Arnsberg putz(t) munter“ für eine Vergrößerung dieser Plattform sorgte. Selbstverständlich waren wir daher Samstag auch wieder mit dabei.

Mitglieder des Angelvereins „Ruhrwellen Arnsberg“ tragen im Rahmen der Aktion „Arnsberg putz(t) munter 2019
Mitglieder des Angelvereins „Ruhrwellen Arnsberg“ tragen im Rahmen der Aktion „Arnsberg putz(t) munter 2019 © Privat

Wir halten unsere Mitglieder an, ihren Angelplatz stets sauber zu verlassen. Wie ärgerlich ist es da, zu sehen, wie einige mit ihrem Müll umgehen. Viel schlimmer noch: Es ist schon oft vorgekommen, dass gezielt Müll im Bereich unseres Anglerheims in der Wolfsschlucht „entsorgt“ wurde.

Hier musste ich schon mal die Hilfe der Stadt in Anspruch nehmen, da dieser Müll in solcher Menge vorlag, dass er von uns nicht mehr bewältigt werden konnte.

2. Wo liegt für Angler das ärgste Problem mit wildem Müll?

Es nicht schön, wenn es durch unachtsam oder bewusst auf diese Weise beseitigte Gegenstände zu „Hängern“ beim Fischen kommt. Oft unter Verlust oder Teilverlust des Angelgerätes.

Mit bewusst meine ich vor allem das vermeintliche „Verschwindenlassen“ von Diebesgut. Hier haben wir schon manches Fahrrad aus der Ruhr geborgen und es, wenn es neueren Ursprungs war, der Polizei gemeldet und dem Fundbüro zugeführt. Selbst Zigaretten-Automaten haben wir schon herausgeholt.

3. Können Sie verstehen, dass es immer noch gedankenlosen Umgang mit der Umwelt gibt?

Verstehen kann das keiner. Ich denke, es ist auch eine Frage der Erziehung, wie man mit der Umwelt umgeht. Und bin überzeugt, dass die meisten verantwortungsvoll handeln. Es gibt aber immer wieder die berühmten Ausnahmen, die sich vielleicht aus Bequemlichkeit oder Dummheit über diese Regeln hinwegsetzen.