Arnsberg. . 50-jähriger Michael Keilholz bricht mit einem Kraftakt aus dem Problem-Kreislauf der Fettleibigkeit aus.
Irgendwann wurde alles zu schwer. Die Arbeit, das Stehen, er selbst und das Leben. „Ich bin damals morgens schon nicht mehr aus dem Bett gekommen“, erzählt Michael Keilholz. Damals ist 75 Kilogramm her, damals war vor einem Jahr. Der 50-jährige Arnsberger hat die Reißleine gezogen. Von März 2018 bis jetzt reduzierte er sein Körpergewicht von 220 auf nun 145 Kilogramm. Stolz erzählt er von neuer Lebensqualität: „Jetzt gehe ich auch wieder den Schlossberg hoch!“
Auch interessant
So radikal er sein Leben auch ändern musste, so unbemerkt war alles gekommen. Als Kind war Michael Keilholz sogar untergewichtig. Er trieb später Sport, spielte Fußball und stand als Kampfsportler auf der Matte. Dann kam das Gewicht. „Das war ein schleichender Prozess“, erzählt der gebürtige Velberter. Kilo um Kilo kam hinzu. „Man selbst bemerkt es ja als letzter, dass es zu viel ist“, weiß er heute.
Es war zuviel. Bis 190 Kilogramm konnte er noch arbeiten. Der gelernte Werkzeugmacher, der fast einen ganzen Arbeitstag stehend verbringen muss, konnte aber irgendwann seine eigene Last nicht mehr tragen. Es kamen die Beschwerden an Knie und Rücken und auch die ersten Sprüche des Umfelds. „Du kommst doch gar nicht mehr unter die Maschine“, spotteten Kollegen und Vorgesetzte. Michael Keilholz wurde aufgrund seines Körpergewichts und Umfangs auf dem Arbeitsmarkt quasi unvermittelbar. Das Jobcenter schickte ihn zum Amtsarzt.
Soziale Isolation nimmt zu
Der Kreislauf der Gewichtszunahme drehte sich dann noch schneller. Michael Keilholz bewegte sich weniger, nahm noch mehr zu und suchte zunehmend nach Ausreden, sich noch weniger zu bewegen. Und die Jahre ohne Arbeit machten alles nicht leichter. „Das ist völlig daneben“, weiß Michael Keilholz. Berufliche und soziale Isolation gingen einher. Es wuchs die Scham. „Ins Schwimmbad bin ich schon seit Jahren nicht mehr gegangen!“, erzählt er. Auch sein Hobby – der Arnsberger tummelt sich gerne auf Ritter- und Mittelalterfesten und ist als Herold der Sprecher von Ritterturnieren in der Region – fiel ihm immer schwerer. Ende, Aus – es musste etwas passieren. Seine Gewichtszunahme war nicht krankhaft verursacht: „Da hatte ich keine Ausrede. Ich hab’s mir angefuttert“.
Den Weg zur Selbsthilfegruppe in Arnsberg schaffte er alleine schon nicht mehr, da musste seine Frau Monika hin. „Wir brauchen Hilfe!“, sprach sie vor. Über die AKIS wurde Michael Keilholz in eine Adipositas-Selbsthilfegruppe vermittelt. Das alles half ihm: „Hier lernst du Menschen kennen, die haben die selben Probleme“, sagt Michael Keilholz. Über neue soziale Kontakte wachse auch das Selbstbewusstsein.
Operation für Keilholz keine Lösung
Den Weg auf den Operationstisch – von vielen Schwergewichtigen als letzte Lösung betrachtet – wollte Michael Keilholz nicht gehen. Die Tagestour mit der Selbsthilfegruppe zu einer Fachklinik bestätigte ihn in diesem Entschluss. Er startete eine Diät, setzt seitdem auf das sogenannte „Low Carb“-Verfahren mit dem nahezu völligen Verzicht auf Kohlenhydrate. „Man hungert dabei nicht“, sagt Michael Keilholz. Er kocht inzwischen gut und gerne. Und muss viel Disziplin aufbringen, wenn auswärts Essen und Getränke angeboten werden. Einen „diätfreien Tag“ gönnt er sich nicht. Michael Keilholz will weiter konsequent durchziehen. Bis er 120 Kilo wiegt. „Dann würde ich mir mal wieder eine Schale Kartoffelsalat gönnen wollen!“, sagt er. Das Gewicht will er auf diesem Level halten. Eine Bauchstraffung aus medizinischen Gründen muss zum Abschluss vorgenommen werden.
Vor allem aber will er zurück in das ganz normale Leben. „Ich möchte mich gerne bewegen, einfach mehr bewegen!“, erzählt er. Spazierengehen klappt jetzt wieder. Bald will sich das Ehepaar wieder Fahrräder kaufen. Und ganz wichtig: Michael Keilholz will zurück in den Beruf, in dem er 25 Jahre lang gerne gearbeitet hat, und seinen Lebensunterhalt alleine bestreiten können.
Der 1. März 2018 war für Michael Keilholz der Aufbruch in die zurückgewonnene Lebensqualität. Der Mann ist stolz auf das Erreichte und zeigt sich. Über seine Erfahrungen, seine Probleme und seinen Erfolg möchte er sprechen und anderen Mut machen. Auch in der Selbsthilfegruppe. Anderen Betroffenen rät er, diese zu besuchen, um Hilfe und Begleitung zu finden.
„Man darf sich nicht verkriechen!“, sagt er. Egal, was die Waage anzeige. An der Fettleibigkeit sei zu arbeiten. Patentrezepte will Michael Keilholz nicht geben: „Jeder muss da seinen Weg finden!“