Langscheid. . Wenn man einen Schlaganfall akut überwunden hat, ist Zeit kostbar. Da hilft ein neues Konzept in der Langscheider Klinik für Neurologie.
„Jetzt wischen Sie mal links oben!“ Ergotherapeutin Laura Beule sitzt mit Hanelore Rokitta an einem riesigen Bildschirm und gibt der Schlaganfall-Patientin Hinweise, was zu tun ist. Die Hemeranerin ist seit einer Woche in der Neurologischen Klinik Sorpesee, um in einer Früh-Reha die Folgen des Vorfalls zu minimieren. Das neue Pablo-Therapie-Board hilft dabei, vor allem die alltäglichen Dinge wieder in den Griff zu bekommen.
Laura Beule und Physiotherapeuth Robin Rautenstrauch arbeiten täglich m
Einweisung durch den behandelnden Arzt
Die Einweisung in die Neurologische Klinik Sorpesee wird vom behandelnden Arzt vorgenommen. Die Klinik ist keine Reha-Klinik ist. In der Regel werden pro Woche 450 Therapiestunden verschrieben. und das meistens drei Wochen lang.
Der neue Chefarzt der Klinik ist Prof. Dr. Candan Depboylu. Ihm stehen sechs Oberärzte und drei Assistenzärzte zur Seite. Das Team umfasst 12 Therapeuten.
Zur Klinik gehören drei Neurologische Versorgungszentren in Langscheid, Neheim und Meschede, die eine ambulante Weiterversorgung gewährleisten.
it Hanelore Rokitta: „Das Board zeigt uns nach jeder Übung, mit welcher Intensität - etwa ein Fenster - gewischt wurde. So liegt der Druck im linken oberen Viertel des dargestellten Fenster nicht so hoch wie in den anderen: „Ganz logisch“, sagt Robin Rautenstrauch, denn die Patientin müsse mit der betroffenen rechten Seite arbeiten, das sei gerade das Ziel. Im Rollstuhl muss sie sich dazu weit nach links recken, um in die Ecken zu kommen. So würden nicht nur Arm und Hand geschult und wieder gestärkt: „Auch die Rückenmuskulatur wird mit aktiviert“, weiß der Therapeut.
Griff wieder stärken
Ähnliche Übungen gibt es an dem Board für Zähneputzen, Schuhe und Kleidung anziehen und ähnliches, das einem Schlaganfallpatienten das Leben daheim erschwert. Mit Magneten ausgestattete Tassen, Pinzettengeräte und Multifunktionsbälle melden im Gebrauch die Griffstärke zurück. So können auch kleinste Verbesserungen erkannt werden und Problemfelder ermittelt werden. „Durch die moderne Technik mit Sensoren wird dies alles gemessen und gespeichert und dient so der Regeneration des Patienten“, sagt Sandra Gabriel, Pflegdienstleiterin der Neurologischen Klink Sorpesee. Dieser relativ neue medizinische Bereich wird ADL - Aktivity Daily Life - genannt, er übt das Alltagsgeschehen mit den Patienten.
Voraussetzung ist vital stabil
„Wir schlagen die Brücke“, erklärt Sandra Gabriel den Sinn einer solchen Früh-Reha: „Natürlich muss der Zustand des Patienten nach dem Schlaganfall vital-stabil sein. Aber es geht darum, das verlorene Potential so schnell es geht zu aktivieren.“ Unmittelbar nach dem Akutereignis sei die Chance dazu am größten. „Die Schädigung von betroffenen Zellen können quasi durch eine Umleitung im Nervensystem behoben werden“, erklärt Physiotherapeut Rautenstrauch. Natürlich komme es aber immer auf den speziellen Fall und Schädigungen an, aber die Muster seien immer ähnlich.
Motorische und sprachliche Defizite
So treten immer motorische und sprachliche Defizite auf. Vor allem gehe es eben darum dies auszugleichen, um den Patienten seine Selbständigkeit im Alltag zurückzugeben. „Man muss die Situation sehen: Die meisten standen bis Sekunden vor dem Ereignis mitten im Leben, und wenig später sind sie gelähmt, können Arme oder Beine nicht bewegen“, zeigt Sandra Gabriel das typische Bild auf. Dazu kämen ein vermindertes Körpergefühl, Sprachschwierigkeiten und auch Schluckbeschwerden, teilweise der Geschmacksverlust. Der Rumpf habe eine gewisse Instabilität, das Gleichgewicht sei aus dem Ruder. Da gelte es schnell gegenzuarbeiten. „Die beste Zeit ist, wenn möglich, nach einer Woche“, so Sandra Gabriel weiter.
Zeit für wichtige Anträge
Etwa drei Wochen könne man in der Früh-Reha mit dem Patienten arbeiten, bevor er nochmals drei bis vier Wochen in die eigentliche Reha-Maßnahme gehe. „So gewinnt man aber auch Zeit, etwa um notwendige Umbauarbeiten im Haus vorzubereiten, Anträge zu stellen oder den Pflegegrad feststellen zu lassen.“ Käme der Patient direkt nach Hause, drohe die Gefahr des Einschließens: „Es geht dann wertvolle Zeit verloren“, berichtet Sandra Gabriel aus der Erfahrung.
Diese Brücke in der Versorgung, die die Neurologische Klinik Sorpesee bietet, ist nur möglich, weil das Haus Akut-Krankenhaus ist, also entsprechende Ärzte verfügbar sind. Eine Reha-Klinik ist es nicht. So könne man Risikofaktoren minimieren, sagt Sandra Gabriel. Die Betrachtung der Risikofaktoren, die eventuell zum Schlaganfall geführt haben und die Behandlung gehören genauso zur Therapie, da es nicht nur wichtig ist, die Folgen des ersten Schlaganfalls zu behandeln, sondern auch durch die Reduktion der Risikofaktoren unbedingt einen neuen Schlaganfall zu verhindern.
Team wird ergänzt
Ein besonderer Faktor: Seit September ist der neue Chefarzt Prof. Dr. Candan Depboylu vor Ort, er ist Facharzt für Neurologie, Geriatrie, Intensivmedizin und Somnologie. Zusätzlich wird das Team erweitert: ab 1. März gibt es neue Physiotherapeuten und Logopäden. Außerdem wird im Frühjahr eine eigene Ambulanz für die Schlaganfallpatienten eröffnet, dort können Patienten aus der näheren Region dann weiter an ambulanten Therapien teilnehmen.