Oeventrop. . „Immer wieder Oeventrop!“ - immer wieder schafft es der Ort, durch außergewöhnlichen Zusammenhalt zu bestechen. Was ist das Geheimrezept?

Und wieder wurde gefeiert: „Immer wieder, immer wieder, immer wieder Dinschede!“. Gerade war Jana Kösling, die Regentin der St. Sebastianus-Bruderschaft Oeventrop, am vergangenen Wochenende zur WP-Schützenkönig 2018 gekürt worden. Wieder einmal haben es die Oeventroper geschafft, besonders viele Menschen für eine Sache zu mobilisieren. Immer wieder Oeventrop! Was ist das Geheimnis dieses Ortes?

Das ist Oeventrop.
Das ist Oeventrop. © tdierkes

„Das ist gewachsen, das lernen wir bei uns von klein auf“, sagt Klaus Büenfeld. Der CDU-Politiker und Bezirksausschussvorsitzender staunt selber immer wieder über seinen Ort, der sich gerne die „Vereinigten Staaten von Oeventrop“ nennt. Die vor allem von den Schützen liebevoll gepflegte Rivalität zwischen Dinschede, Glösingen und dem Kernort Oeventrop sieht er als einen der großen Treiber des besonderen Zusammenhalts. „Wir im Ort haben hier erkannt, dass die Stadt uns nicht hinterher läuft“, sagt Büenfeld, „in Oeventrop ist nur was los, wenn wir zusammen was los machen!“.

Zahlen und Fakten zum Ort Oeventrop

Der Ortsteil Oeventrop zählt rund 6300 Einwohner (Stand: Ende 2017).

Oeventrop ist heute der viertgrößte Stadtteil der Stadt Arnsberg und war bis zur kommunalen Neugliederung von 1975 eine eigenständige Gemeinde. Diese entwickelte sich aus den Teilorten Oeventrop, Dinschede und Glösingen. Hinzu kam mit Wildshausen (an der Stelle eines Haupthofes und einer ehemaligen Burg der Grafen von Arnsberg) später noch ein weiterer Ort.

Einer der großen Säulen des Vereinslebens des Ortes ist der Sportverein TuS Oeventrop. Er zählt rund 2500 Mitglieder und hat als Mehrspartenverein mit 13 Abteilungen.

Auch die Schützenbruderschaft St. Sebastianus Oeventrop zählt weit über 2000 Mitglieder.

Oeventrop ist Grundschulstandort. An der Grundschule Dinschede werden im laufenden Schuljahr pro Jahrgang jeweils zwei Klassen unterrichtet.

Oeventrop zeigt für einen Ort, der mit mehr als 6000 Einwohnern schon zu groß für ein gallisches Dorf ist, einen außergewöhnlichen Zusammenhalt. Das gilt bei Spielereien wie dem WP-Königinnen-Wettbewerb, bei der Organisation eines in der Stadt einzigartigen Kinder-Karnevalszug der Grundschule Dinschede, aber auch bei ganz knallharten politischen Themen. Als klar war, dass viele Flüchtlinge nach Oeventrop kommen würden, war die Stimmung im Ort zunächst angeheizt. In einer Bürgerversammlung ließen die Oeventroper kurz Luft ab, schimpften auf die Stadt, von der sie sich schlecht informiert fühlten und suchten dann nach Lösungen. „Wir haben klar gemacht, dass wir erst den Menschen helfen und dann die Probleme drumherum lösen“, erinnert sich Büenfeld. Die Oeventroper zogen mit. „Da war ich richtig stolz auf meinen Ort“. Das Ergebnis: die Oeventroper organisierten eine vorbildliche Begleitung der Flüchtlinge in ihrem Ort.

Feiern beim Schützenfest

Feiern wie beim Oeventroper Schützenfest ist die eine Sache. Da lassen es die Oeventroper in allen Kompanien und am Ende gemeinsam immer kräftig krachen. „Die Konkurrenz der einzelnen Ortsteile schafft im richtigen Moment, dass alle zusammenhalten“, sagt die Oeventroperin Anna Bräutigam, „wo bitte sonst wünscht man sich vor dem ersten Juli-Wochenende, wenn das Schützenfest ansteht, stets Frohe Feiertage“.

Was das Fest zusammenbringt, trägt aber auch darüber hinaus. Als die SG Ruhrtal in diesem Sommer für einen schwer erkrankten Oeventroper Jungen und seine Familie ein Handball-Benefizspiel organisierte, stand der ganze Ort an der Seite des Vereins und den Betroffenen. Klar doch, dass da auch die Fußball-Tippgruppe „Die Knipperei“ aus Oeventrop als Gewinner des WM-Team-Tippspiels unserer Zeitung ihren kompletten Anteil am Erlös des Tippspiels an die Benefizaktion steuerte. „So ist Oeventrop“, sagte Mario Kemper von der „Knipperei“ damals.

Auch im WM-Tippspiel - eigentlich ja nur ein Spaß - zeigte sich der Oeventroper Geist: Bis kurz vor Schluss war mit dem Kegelclub Allerheiligen, hier schiebt Schützenkönig Tom Kösling eine Kugel, ein zweiter Oeventroper Club im Rennen. Jeder abgegebene Tipp der Ortskonkurrenten war mit einem witzigen verbalen Seitenhieb in Richtung Lokalrivalen versehen. Als der KC Allerheiligen dann ausschied, vermeldete dieser aber nur: „Jetzt heißt es Daumendrücken für die Knipperei und für Oeventrop“.

Ein bekennender Glösinger ist Marc Vollmer, Chef der dortigen Kompanie. „Der Zusammenhalt wird bereits über Generationen bei uns gelebt, wodurch ein gutes Netzwerk mit toller Kommunikation untereinander entstanden ist“, sagt Marc Vollmer, „man ist einfach füreinander da!“ Die Vielfalt an Traditionen, einem gesunden Vereinsleben und Brauchtum sei das „Geheimnis von Oeventrop“.

Junge Leute in der Verantwortung

Das Modell hat in Oeventrop Zukunft: Verantwortliche in Vereinen und Initiativen sind erfreulich jung. Eine von ihnen ist Laura Stein. Die 20-jährige gewann vor einem Jahr den WP-Preis „Junges Engagement“ und mobilisierte auch hier die Oeventroper beim Voting des Wettbewerbs. Stark engagiert ist sie beim TuS Oeventrop in der Fußballabteilung, die gerade erst in über 1000 Arbeitsstunden mit 74 Helfern das Sportheim in nur acht Wochen umgebaut hat. „Wenn in Oeventrop jemand ruft, sind sofort jede Menge Leute am Start und packen mit an“, sagt sie, „wir haben viele junge Mitglieder in den Vorständen der Vereine, also wird es in Zukunft auch so weitergehen. Da bin ich mir ziemlich sicher“

Der Zusammenhalt soll Oeventrop, das sich von der Gesamtstadt Arnsberg in der Vergangenheit oft benachteiligt fühlte, auch nach Außen stark machen. Das gilt auch mit Blick auf den geplanten Ruhrbrückenneubau, in dessen Zuge das monatelange Fehlen einer Brückenverbindung droht. „Auch wenn es so kommen würde, stünde ganz Oeventrop zusammen“, so Klaus Büenfeld, „dann würden wir zur Not auch die Brücke besetzen“.