Neheim. . „Das Vorgeben einer Parteilinie mag ich nicht“, sagt der 17-jährige Neheimer Schüler Anton Eickel und erklärt, warum er Blogger geworden ist.

Jugendliche für Politik und politische Diskussionen zu begeitern fällt häufig schwer, weil die persönlichen Interessen oftmals anders gelagert sind. Hiervon können örtliche Parteien, die Nachwuchs suchen, ein Lied singen. Dann wirkt es schon überraschend, dass ein Schüler des Neheimer St.-Ursula-Gymnasiums, der 17-jährige Anton Eickel, einen eigenen politischen Blog im Internet betreibt und hier zu vielfältigen politischen Themen Stellung bezieht. Unsere Zeitung sprach mit dem jungen Neheimer über sein persönliches politisches Engagement.

Warum haben Sie einen Blog gegründet?
Anton Eickel: Meine Eltern und ich haben uns im September 2015 um Flüchtlinge in der ehemaligen Hüstener Pestalozzischule gekümmert. Mich hat es erschüttert, als später die Stimmung in Deutschland mancherorts kippte - von der Willkommenskultur zu fremdenfeindlichen Aktionen. Politische Satire-Sendungen wie die „heute-Show“ haben diesen Rechtspopulismus entlarvend auf den Punkt gebracht und dazu die richtigen aufrüttelnden Fragen ans Publikum gestellt. Ich sah mich auch selbst herausgefordert, als Demokrat zu diesem Rechtspopulismus nicht zu schweigen und auch meine Meinung zur Flüchtlingspolitik zu äußern. Im Mai 2016 gründete ich meinen Polit-Blog „DemokraTIEFsinn“. Mittlerweile habe ich auch über viele weitere Themen geschrieben. Ich bin auch Schülerreporter bei ze.tt („Zeit online“)


Wie stark wird Ihr Blog im Internet besucht?
Im Durchschnitt sind es 15 Klicks täglich. Es kommt mir aber gar nicht auf eine Masse an Besuchern an. Mir geht es um die politische Diskussion, zu der ich einen Beitrag leisten will und mich dann auch gern mit anderen Meinungen auseinandersetzen möchte. Je stärker ein Thema das Leben eines Users betrifft, desto stärker fällt auch die Resonanz aus. Als mich mal grundsätzlich unser Bildungssystem kritisierte, weil die Schule zu wenig auf das Leben vorbereitet und zuviel unnützes Wissen vermittelt, erfuhr ich eine starke Resonanz.

Warum engagieren Sie sich nicht in einer Partei?
Ich war kurze Zeit Mitglied der Grünen, aber auch deren Kommunalpolitik ist mir - wie auch in anderen Parteien in der Stadt - zu stark von älteren Leuten gekennzeichnet. Hier kann ich nicht viel verändern. Außerdem vermisse ich die offene, durchaus auch kontroverse Diskussion zu einzelnen Themen in einer Partei. Das Vorgeben einer Parteilinie mag ich nicht. Mit Blick auf meinen Berufswunsch Journalist möchte ich heute mittlerweile eher nicht mehr einer Partei beitreten, weil einem parteigebundenen Journalisten in seiner politischen Berichterstattung immer der Vorwurf gemacht werden könnte, er berichte parteiisch.

In einem Ihrer Blog-Beiträge bedauern Sie die politische Müdigkeit Ihrer Generation. Woran liegt das?
In den Schulen und auch in der Freizeit der Schüler wird zu wenig über Tagespolitik gesprochen. Das Interesse der Schüler an politischer Diskussion ist gering, es sollte aber seitens der Schulen gefördert werden. Als der Jude Sally Perel sein schlimmes Schicksal als „Hitlerjunge Salomon“ bei uns im SUG schilderte, hat das viele Schüler betroffen gemacht. Dies war sicherlich eine gute Veranstaltung, um ein klares Zeichen gegen aufkommenden Rechtsextremismus in Deutschland zu setzen.

Sie schreiben in Ihrem Blog „Vielen Jugendlichen in Deutschland geht es gut. Für die meisten reicht schon ein Internetzugang und sie sind glücklich.“ Wie könnte politisches Engagement erzeugt werden?
Es ist ein politisches Bewusstsein zu schaffen, wonach es eben nicht ausreicht, dass es mir und meinen Freunden gutgeht, sondern dass es möglichst allen Menschen gutgehen sollte.

Zur Person

Anton Eickel, 17-jähriger Schüler des Neheimer St.-Ursula-Gymnasiums (SUG), hat ein knappes Jahr vor seinem Abitur schon recht klare berufliche Vorstellungen. Er will Philosophie und Politik studieren, aber nicht auf Lehramt, sondern mit dem Ziel, Journalist zu werden.

Der 17-Jährige, der an der Johannesstraße in Neheim wohnt, besucht jetzt die Jahrgangsstufe 12 am SUG und hat Deutsch und Geschichte als Leistungskursfächer. Seit Mai 2016 findet man seinen politischen Blog im Internet unter folgender Adresse:
demokratiefsinn.wordpress.com